Il turco in Italia
Dramma buffo in zwei Akten von Gioachino Rossini (1792-1868)
Libretto von Felice Romani
In italienischer Sprache mit deutscher und englischer Übertitelung. Dauer 2 Std. 50 Min. inkl. Pause nach dem 1. Teil nach ca. 1 Std. 25 Min. Werkeinführung jeweils 45 Min. vor Vorstellungsbeginn.
Einführungsmatinee am 14 Apr 2019.
Mit freundlicher Unterstützung der René und Susanne Braginsky Stiftung
Vergangene Termine
April 2019
Mai 2019
26
Mai19.00
Il turco in Italia
Oper von Gioachino Rossini , Sonntag-Abo C, Belcanto-Grosse Stimmen Abo, Opernhaustag
Gut zu wissen
Il turco in Italia
Kurzgefasst
Il turco in Italia
Kommt ein Türke nach Italien, verdrehen die verheirateten Frauen vor Verzückung die Augen, die Liebhaber-Konkurrenten haben das Nachsehen und die Ehemänner rasen vor Eifersucht. Alberne Klischees sind das. Aber um die geht es in diesem Dramma buffo. Mit ihnen spielt der Komponist Gioachino Rossini, und zwar ganz bewusst: Er weiss, dass er mit dem fremdländischen Frauenverführer Selim, der an den heimischen Herd geketteten, aber unternehmungslustigen jungen Frau Fiorilla und dem lächerlichen, weil viel zu alten Ehemann Geronio Archetypen der italienischen Komödie auf die Bühne stellt, und hat seinen Spass an der parodistischen Übertreibung. Man kann es daran erkennen, dass er einen Dichter in die Handlung eingeführt hat, der auf der Suche nach einem Theaterstoff ist und über alle Szenen hinweg immer wieder ironisch die gelungenen und daneben gehenden Pointen dieser simplen, aber am Ende doch raffiniert gestrickten Komödie kommentiert.
Im Jahr 1813 wurde Il turco in Italia in Mailand uraufgeführt, aber am Klischeedenken in der Begegnung mit fremden Kulturen hat sich bis heute gar nicht so viel geändert: Kommt ein Türke nach Italien, sind Vorurteile, Gemeinplätze und Missverständnisse nach wie vor nicht weit. Neben der rasanten Musik und den halsbrecherisch virtuosen Arien bietet deshalb auch die Handlung gute Gründe, diese Rossini-Oper in einer Neuproduktion auf die Bühne zu bringen.
Der deutsche Regisseur Jan Philipp Gloger, der in Zürich zuletzt eine originelle Lesart der Vivaldi-Oper La verità in cimento realisierte, wird das Stück inszenieren. Ein Buffo-Spass aus der Feder von Rossini funktioniert natürlich nur, wenn er von temperamentsprühenden Musikern und Sängersolisten entfacht wird. Dafür sorgen Enrique Mazzola am Dirigentenpult, Julie Fuchs in der virtuosen Rolle der Fiorilla, umgeben von Rossini-erprobten Darstellern wie Edgardo Rocha, Nahuel Di Pierro, Renato Girolami und Rebeca Olvera.
Gespräch
Den Wahnsinn auf die Spitze treiben
In Rossinis «Il turco in Italia» prallen in der Komödienform des frühen 19. Jahrhunderts unterschiedliche Kulturen aufeinander. Ein Thema, das wie gemacht scheint für die Migrationsfragen unserer Tage. Aber wie bringt man sie zeitgemäss auf eine Opernbühne? Ein Gespräch im April 2019 mit dem Regisseur Jan Philipp Gloger.
Dieser Artikel erschien im April 2019.
Worin besteht für dich der Spass, eine Rossini-Oper zu inszenieren?
Rossinis Musik öffnet mit ihrer speziellen Mechanik viel Freiraum für Regie, denn es gibt da ja nicht immer eine auskomponierte lineare Psychologie, sondern oft legt sich Schicht auf Schicht. Il turco in Italia ist nicht meine erste Regieerfahrung mit Rossini, ich habe zuvor auch schon Il barbiere in Essen gemacht und hier in Zürich in den Proben sofort wieder gemerkt: Man muss mit dieser Musik etwas anstellen, sie schreit nach Regie. Wenn ihre Lebendigkeit keine Resonanz im szenischen Geschehen findet, ergraut sie.
Fällt dir denn als Regisseur zu den quirligen Handlungen sofort etwas ein?
Ich finde, dass sich Rossinis Buffa-Opern unheimlich gut mit unserer Zeit verbinden. Man hat es mit Figuren zu tun, die sich in dauerhaften Überforderungszuständen befinden. Ich sehe da viele Parallelen zu unserem heutigen Lebensgefühl: Wir sind bei hohem Lebenstempo ständig herausgefordert, auf irgendetwas zu reagieren. Wir sollen in einer medial dominierten Welt andauernd auseinander halten, ob es Spiel oder Realität, Fake-News oder Wahrheit ist, was man uns präsentiert, in der Politik, im Fernsehen, in unseren Beziehungen. Andauernd sollen wir entscheiden und handeln, und unsere Gefühle kommen dabei oft gar nicht mehr mit. In dieser Hinsicht korrespondieren diese Komödien stark mit unserer Jetztzeit.
Das Turco-Personal versammelt in deiner Inszenierung also keine historischen Figuren des frühen 19. Jahrhunderts?
Nein. Wir wollen heutige Menschen zeigen und dem Publikum so die Möglichkeit eröffnen, sich zu identifizieren. Der Zuschauer muss mitgehen können bei Rossini, das finde ich wichtig. Er lacht dann – und das ist das produktivste Lachen im Theater – im besten Fall als einer, der sich in der selbstentblössenden Komik der Figuren oben auf der Bühne wiedererkennt und sich sozusagen selbst erwischt.
Kann man denn die Figuren trotz ihrer Schablonenhaftigkeit ernst nehmen?
Das muss man unbedingt! Es lohnt sich vor allem die Situationen ernst zu nehmen, in die sie geraten. Ich versuche Theater immer über die Situationen zu greifen und nicht über die Befindlichkeiten der Charaktere. Mir ist wichtig: In welche Lage kommt ein Mensch, und wie handelt er? So arbeite ich im Sprechtheater, und das funktioniert für mich auch bei Rossini gut.
Welchen grundsätzlichen Rahmen hast du für die Situationen gewählt?
Wir verorten die Inszenierung sehr konkret in einer realen, heutigen Welt. In dieser Welt kommen die Türken nicht mehr von ausserhalb mit dem Schiff an, sondern leben mitten in unserer modernen Gesellschaft. Das Bühnenbild von Ben Baur zeigt ein Mietshaus, in dem identisch möblierte Appartements vermietet werden, und in eines zieht der junge attraktive Türke Selim ein und löst grossen Wirbel aus. Die Zigeuner, die im Libretto auftauchen, sind bei uns eine türkische Grossfamilie. Das Thema, das hinter dieser Konstellation steht, ist ja klar: Es geht um das Aufeinanderprallen unterschiedlicher Kulturen, um einen clash of cultures. Wenn eine Oper Ein Türke in Italien heisst, möchte man sich ja die Chance nicht entgehen lassen, mit dieser Oper auf die grossen Themen zu zielen, die uns im Moment stark beschäftigen – die Konfrontation unterschiedlicher Kulturen, Parallelgesellschaften, Integration, Ausländerfeindlichkeit.
Gibt das der Rossini-Stoff her?
Man muss sich das Libretto genau anschauen und Übersetzungen finden, indem man beispielsweise mit einem Doppelsinn arbeitet, der das Libretto mit den Erfindungen der Inszenierung in Einklang bringt. Mit solchen Doppelbödigkeiten spielt ja Rossini auch. In Il turco wird einerseits eine Dreiecksgeschichte verhandelt und andererseits das Anderssein der Türken. Die Oper verschränkt das Liebesbegehren mit der Differenz der Kulturen und verstrickt die Figuren darin. Es gibt Projektionen, Missverständnisse, Verwirrung. Und enttäuschte Gefühle werden für eine in der Luft liegende Ausländerfeindlichkeit instrumentalisiert.
Rossinis Oper behandelt das Ausländerthema im Bewusstsein des frühen 19. Jahrhunderts. Wir reflektieren heute ganz anders und viel differenzierter über Türken und Ausländer. Schafft man es, sich von den Stereotypen der Rossinizeit zu lösen, die heute überhaupt nicht mehr zeitgemäss sind?
Wir müssen natürlich die Augen offen haben, was wir da erzählen, mit welchen Klischees wir es zu tun haben und mit welchen Zeichen wir in unserer Inszenierung arbeiten. Aber es muss auch erlaubt sein, die Zuschreibungen und Klischees zu zeigen und mit ihnen zu spielen. Wie gesagt: Rossini selbst spielt mit den Klischees. Nicht der Komponist echauffiert sich über Ausländer, sondern die Figuren. Wenn Fiorilla bei der ersten Begegnung mit Selim sagt: Du hast doch bestimmt hundert Frauen in der Türkei, dann kann ich das sehr gut als eine Klischeevorstellung zeigen, die sich im Kopf der Figur festgesetzt hat. Es ist eine Projektion, und von denen gibt es ganz viele im Stück. Zum Beispiel die Gefährlichkeit der Ausländer: Fiorillas Ehemann Geronio kriegt Angst, wenn er plötzlich seinem Nebenbuhler, dem Türken Selim, gegenübersteht. Zeigen wir Selim da mit einem Krummdolch oder einem Klappmesser in der Hand, bestätigt unsere Inszenierung das Ressentiment. Aber Geronio hat Angst, weil er Opfer seiner Vorurteile ist, er projiziert eine Gefährlichkeit auf Selim, die der gar nicht hat. Das ist ja etwas, das wir auch heute sehr gut kennen. Ich nehme mich da gar nicht aus. Ich sass mal in Berlin mit einem Taxifahrer im Auto, der diesen typischen muslimischen Bart und eine Gebetskappe aufhatte. Die Terroristenfotos im Kopf, kroch in mir für einen kurzen Moment das mulmige Gefühl hoch, dass der Mann gefährlich sein könnte. Das war natürlich vollkommener Unsinn. Wir haben uns dann sehr nett unterhalten. Aber solche Projektionen spielen bei der Begegnung unterschiedlicher Kulturen immer eine Rolle, und sie sind sehr theatral: Was sieht die Figur im Anderen? Ich sehe bei Rossini oft ein Augenzwinkern gegenüber dem, was die «Italiener», also die westlichen Europäer, in das «Türkische» projizieren.
Auch das Frauenbild, das in Il turco gezeichnet wird, entspricht, vorsichtig formuliert, nicht gerade dem Stand unserer Zeit. In Fiorilla offenbart sich das Bild von der «kapriziösen» jungen Frau, die ihrem Wesen nach nicht treu sein kann, und die es ständig zu amourösen Abenteuern drängt, weil sie mit einem viel älteren Mann verheiratet ist, der das junge Ding einfach nicht in den Griff kriegt. Das ist ein ziemlich übles Klischee. Wie gehst du damit um?
Wir wollten das natürlich nicht einfach unreflektiert wiederholen und das Publikum womöglich noch animieren, über das moralisch fragwürdige Wesen der Frauen frivol und wissend zu lächeln. Das wäre ja furchtbar. Fiorilla singt in ihrer Auftrittsarie: «Es ist eine Dummheit, nur einen einzigen Mann zu lieben.» Was ist denn, wenn dieses Credo nur eine schöne Vorstellung ist, die von aussen an sie herangetragen wurde, wie unsere moderne Medienwelt uns ja andauernd Vorschläge zur Selbstoptimierung und zum Glücklicherwerden macht? Dann könnte das Bild von der jungen Frau, die sich nach vielen Liebhabern sehnt, eine Selbst-Konstruktion sein, die Fiorilla aus einem tristen Ehe- und Familienalltag heraus entwickelt. Sie ist den Umständen geschuldet, in denen sie sich befindet, und die versuchen wir deutlich zu zeigen. Sie performt die Verführerische mit den Verhaltensmustern, die sie sich in den Medien abgeguckt hat. Dadurch entsteht eine Komik, aber auch eine Mehrdimensionalität in der Figur. Man versteht dann viel besser, warum sie auf den attraktiven jungen Türken zugeht, der nebenan neu eingezogen ist, und an ihm ihr neues Selbstbild einmal ausprobieren will.
Geben Rossinis Figurenentwürfe so viel Raffinement her?
Selbstverständlich. Gerade Fiorillla ist eine sehr ergiebige Figur, weil sie ständig im Konflikt ist zwischen ihren Sehnsüchten und ihrer Realität. Sie gerät in Konfliktlagen, die wir alle sehr gut kennen. Ist das mit Selim nur Abenteuer oder wird daraus etwas Ernstes? Was bedeutet es, wenn mein Verliebt sein ein schon länger verbundenes Paar auseinanderbringt, nämlich Selim und Zaida? Und dann die bittere Erkenntnis am Ende, dass sie in einer materiellen Abhängigkeit zu ihrem Ehemann steht, der sie nicht entfliehen kann. Das sind doch alles hochinteressante Themen.
Das Uneigentliche in unserer modernen Welt, das du als wichtigen Aspekt ins Feld führst, spiegelt sich ja heutzutage in den sozialen Netzwerken, in Castingshows usw. Findet diese Ebene der manipulativen Medien auch eine Entsprechung in deinem Inszenierungskonzept?
Ja, denn es gibt in der Oper eine Figur, die diese Metaebene repräsentiert. Das ist Prosdocimo. Rossini hat die Figur eines Dichters in das Stück eingeführt, der ein komisches Drama schreiben will und in der Handlung der gerade gespielten Oper nach einer perfekten Vorlage für seine Komödie sucht. Dieser Dichter ist eine halb ausserhalb des Dramas stehende und halb integrierte Figur. Er ist Beobachter, Kommentator, Antreiber des Geschehens. Er greift in die Handlung ein und versucht die Verwicklungen auf die Spitze zu treiben, damit er seine fünf Akte zusammenkriegt. Das ist für die Zeit Rossinis eine originelle Idee. In vielen Produktion sieht man ihn als eine Art Spielmacher oder gar als Rossini selbst mit dem in den vergangenen zwanzig Jahren doch sehr oft bemühten Überschreiten der unsichtbaren vierten Wand. Ich fand es interessanter, in Prosdocimo einen zu sehen, der die privatesten Dinge in den Medien veröffentlicht. Deshalb ist er bei uns ein erfolgloser Dokumentarfilmemacher, der auch im Mietshaus von Fiorilla lebt und dort auf engstem Raum interessantes szenisches Doku-Material dreht, das er schamlos für seine Interessen nutzt. Man fragt sich die ganze Zeit, was macht er am Ende mit dem Manipulationsapparat seiner live filmenden Kamera? Wofür setzt er ihn ein?
Was ist die Antwort?
Das möchte ich jetzt noch nicht verraten.
Diese Figur des Prosdocimo wird in der Sekundärliteratur über Il turco als die eigentliche Pointe des Stücks beschrieben. Denn durch die Einführung des Dichters schafft Rossini eine Selbstdistanz zu seiner eigenen Produktion und schaut sich gewissermassen selbst zu beim Verfertigen seiner Oper.
Heute nennen wir das Meta-Theater. Man thematisiert im Stück, was man selbst tut. Das ist natürlich seit Brecht und bis hin zu Theatermachern wie René Pollesch ein sehr angesagtes Verfahren. Aber wenn man nicht aufpasst, hat das Muster schnell etwas Ausgelutschtes. Ich fand es spannender, die Doppelperspektive in die Figuren selbst zu verlagern. Spiele ich meine Gefühle nur oder sind sie echt? Spiele ich für die Kamera oder meine ich es ernst?
Rossinis Buffa-Opern müssen komisch sein. Mit welchen Mitteln versuchst du das zu erreichen?
Indem ich, gemeinsam mit den Solisten, die Motivationen einer Situation möglichst präzise zu fassen versuche und die Szene dann auf die Spitze treibe. Das ist ja bei Rossini genau so angelegt – die Steigerungen, das Chaos in den Ensembles und Finali. Man muss sich von Rossinis Tempo anstecken lassen, Konfliktpotenziale verdichten, die Beziehungsknoten fester zuziehen und sich immer fragen: Wie könnte der Wahnsinn noch eine Drehung weiter geschraubt werden? Auch das Aufeinanderprallen der Kulturen macht viele Angebote. Er führt zum Beispiel zu Missverständnissen, und die können sehr komisch sein. Bei uns soll Komik auch aus der Enge erwachsen, in der die Figuren bei uns leben, und die das Bühnenbild von Ben wunderbar provoziert. Alles findet auf engstem Raum statt und man kann gleichzeitig in zwei Räume schauen, nämlich in die Welt der Alteingesessenen und in die des frisch eingezogenen Türken, Tür an Tür. Da lassen sich schön die Unterschiede, aber vor allem auch die Ähnlichkeiten herausarbeiten. Es taucht in manchen Momenten unweigerlich die Frage auf, ob sich Ausländer und Einheimische hinter geschlossenen Türen nicht viel ähnlicher sind als wir denken.
Das Gespräch führte Claus Spahn.
Foto von Heinrich Völkel.
Dieser Artikel ist erschienen in MAG 68, April 2019.
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Pressestimmen
«...und man weiss schon nach den ersten Minuten: Das wird ein guter Abend. Ein lustiger, kluger, hoch musikalischer. Ein böser auch, und ein liebevoller. Einer, nach dem man denkt: Besser lässt sich dieses Stück wohl nicht aufführen.»
Tages-Anzeiger vom 29. April 2019«Wenn Rossinis Komödie «Il turco in Italia» so gut besetzt, so detailgenau und flott inszeniert und dann noch mit einer schlüssigen Regie-Idee ins Heute geholt wird wie jetzt in Zürich, macht Oper richtig Spass.»
NZZ vom 29. April 2019«Von einem überwältigenden Glücksfall ist zu berichten – einer Inszenierung, die präziser, konziser, lustiger und intelligenter kaum sein könnte.»
Oper Aktuell vom 28. April 2019«Vielleicht sind Mazzola, Gloger und Rossini verwandte im Geiste. Denn alle drei verbindet die Kunst, virtuos lustvoll zu sein, sowie das Wissen darum, dass Oper oft dann am schönsten ist, wenn sie sich selbst nicht allzu ernst nimmt.»
Aargauer Zeitung vom 30. April 2019
Gespräch
Rossini ist ein Meister der Wirbelstürme
In den nächsten Wochen haben gleich zwei Opern von Gioachino Rossini am Opernhaus Zürich Premiere, «Il turco in Italia» auf der Hauptbühne und eine Produktion des Internationalen Opernstudios von «Il barbiere di Siviglia» am Theater Winterthur. Ein Gespräch mit dem «Turco»-Dirigenten Enrique Mazzola.
Enrique, ist Gioachino Rossini ein guter Komponist?
Diese Frage ist nicht dein Ernst, oder? Rossini ist ein Genie!!! Darüber müssen wir ja wohl nicht mehr diskutieren.
Worin liegt das Geniale?
Ich weiss gar nicht, wo ich da anfangen soll. Rossini ist zum Beispiel das entscheidende kompositorische Bindeglied zwischen dem Spätbarock und dem Übergang zur Romantik. Als das Barockzeitalter an sein Ende gekommen war, zeigte Rossini neue ästhetische Perspektiven auf. Er war mutig, hat Neues gewagt und war brillant in allem, was er schrieb. Er hat den Opernstil der neapolitanischen Schule zu seinem absoluten Höhepunkt geführt. Gleichzeitig hat er ihn in seinen Werken so weiterentwickelt, dass er schliesslich in die Romantik mündete. Das gilt natürlich noch nicht für Il turco in Italia. In dieser Opera buffa ist das Romantische noch ein gutes Stück entfernt.
Was konnte Rossini, was seine Zeitgenossen nicht konnten?
Er war ein begnadeter Minimalist. Seine Melodiebildung ist nicht zu vergleichen mit den grossen, weitausgreifenden Bögen, die Bellini wenig später komponierte, aber sie sind immer exakt auf den Punkt gezirkelt. Aus einfachen Strukturen entwickelte Rossini ein Maximum an Effizienz. Darin ist er unerreicht. Was mir als Dirigent immer als erstes auffällt, wenn ich eine Rossini- Partitur aufschlage, ist die klare Form: Alles ist bewusst gesetzt und perfekt gebaut. Sein Stil ist mitunter gar nicht weit entfernt von der minimalmusic, die in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts viel Aufmerksamkeit erregte. Mit minimalen harmonischen Veränderungen und Konzentration auf rhythmische Varianten erzielt er unverwechselbare Wirkungen. Das war für die damalige Zeit etwas völlig Neues.
Manche Rossini-Experten nehmen in der ratternden Rhythmik, die du gerade beschreibst, einen Vorgriff auf das Zeitalter der Industrialisierung wahr und stellen eine Verbindung her zwischen Rossinis Musik und der zunehmenden Bedeutung des Maschinellen und der Beschleunigung des Lebenstempos. Ist da etwas dran?
Ich halte das eher für eine gewagte These. Industrialisierung höre ich in Rossinis Musik, ehrlich gesagt, nicht. Aber woher das spezielle Zeitempfinden in seinen Opern kommt, ist schon eine interessante Frage. Rossini lebte in einer Zeit der Umbrüche. Vermeintlich stabile politische Verhältnisse konnten jederzeit von instabilen abgelöst werden. Man wusste nicht, was als nächstes kommt und wohin die politischen Entwicklungen treiben. 1813, als Il turco in Italia uraufgeführt wurde, herrschte in Italien die Zeit der Restauration. Die Uhren wurden wieder zurückgedreht, was Moral und politischen Fortschritt anging. Und da Künstler ja immer kritisch auf ihre Zeit und die herrschenden sozialen und politischen Umstände reagieren, sehe ich in Rossinis Lust an der Anarchie, an der Beschleunigung, am Chaos eine Reaktion auf die restaurativen Tendenzen um ihn herum. Ausserdem gehört ein gesteigertes Lebens tempo von jeher zur italienischen Kultur. Reaktionsschnelligkeit in der Kommunikation ist typisch italienisch. In Mittel- und Nordeuropa kann es manchmal lange dauern, bis dein Gesprächspartner auf eine Frage antwortet, weil er sie überlegt geben will. Wir Italiener beginnen oft schon mit der Antwort, bevor die Frage zu Ende gestellt ist. Es ist eine schlechte Angewohnheit von uns und führt dazu, dass wir nicht immer die beste Antwort geben, ja manchmal sogar eine falsche (lacht). Diese Mentalität wirkt auch in Rossinis Buffa-Opern. Ich will damit nur sagen, dass man die schnellen Tempi bei Rossini unter sehr verschiedenen Aspekten diskutieren kann.
Du hast die politische Restauration erwähnt. Der Dichter Heinrich Heine hat an einer Stelle geschrieben, Rossinis Musik sei der Zeit der Restauration sehr angemessen, weil in den Opern «die individuellen Freuden und Leiden der Menschen» in den Vordergrund rückten. Der deutsche Musikwissenschaftler Carl Dahlhaus hingegen vernahm im Furor, den Rossinis Opern entfachen, ein Echo der französischen Revolutionsopern. Was erscheint dir plausibler?
Eine interessante Frage, die ich mir so noch nicht gestellt habe. Rossini erforscht die Extreme der menschlichen Seele. Er ist ein Beobachter des Exzessiven, sein Interesse gilt nicht der Normalität. Natürlich kommen in seinen Opern die kleinbürgerlichen Menschen mit ihren typischen Problemen vor, da hat Heine schon recht, aber Rossinis Strategie ist, diese durchschnittlichen Menschen mit extremen Situationen zu konfrontieren. Nehmen wir Bartolo im Barbiere oder Geronio in Il turco, wenn man so will, sind das einfältige Durchschnittstypen, jeweils ein Herr Jedermann in seiner kleinen, engen Welt. Aber sie treffen auf widrige soziale Umstände, und diese Konfrontationen steigern sich ins Absurde. Insofern hat Rossini schon etwas Revolutionäres in sich, indem er alles auf die Spitze treibt. Ich lebe ja in Paris und beobachte gerade, wie sich die Proteste und Demonstrationen der Gelbwesten entwickeln. Die Protestierenden hören einfach nicht auf. Sie machen immer weiter und steigern sich in ihrer Wut, da spürt man einen Elan in der Tradition der französischen Revolution. Die Gelbwesten wollen – ich meine das jetzt im übertragenen Sinne – Köpfe rollen sehen.
Wir haben gerade das Finale des ersten Akts von Il turco geprobt. Dessen Ausgangspunkt ist ein Eifersuchtskonflikt zwischen zwei Frauen, Fiorilla und Zaida, die beide den attraktiven Türken Selim für sich haben wollen. Daraus wird eine Art Zickenkrieg, der aus dem Ruder läuft, bis man das Gefühl hat, hier bricht gleich die Revolution aus.
Genau. Rossini ist der Meister im Erzeugen von Wirbelstürmen. Das funktioniert bei ihm, wie wir das von den Wetterkarten aus der Karibik kennen: Weit draussen auf dem Meer entsteht ein kleiner Wirbel, der wird grösser und grösser und wächst sich zu einem gewaltigen, gefährlichen Taifun aus. Rossinis Wirbelstürme bauen sich in der Musik auf und entfachen die Energie gleichsam aus sich selbst. Es gibt bei ihm auch das berühmte Auge des Taifuns, in dem alles ruhig ist, wenn mitten in den grössten Turbulenzen der Finali plötzlich eine Passage eingeschoben ist, in der absolut nichts passiert und alle Figuren wie paralysiert erscheinen. Unmittelbar danach bricht der Sturm dann umso heftiger wieder los. Rossini führt uns in seinen Finali in meteorologisch extreme Wetterlagen.
Was macht den Witz in Rossinis Buffa-Opern aus?
Ich glaube, Rossinis Buffa-Opern leben vor allem von den theatralischen Situationen, die sie auf die Bühne bringen. Ich glaube nicht daran, dass die von den Sängern verkörperten Charaktere aus sich selbst heraus buffonesk sind. Ausserhalb Italiens akzentuiert man gerne die Herkunft der Figuren aus der Commedia dell’arte. Das ist schon richtig, aber es bringt nichts, in jeder Figur die Commedia dell’arte Typen wie Arlecchino, Colombina oder Pantalone hervorzukehren. Rossini entwirft Menschen wie du und ich, die in bestimmte soziale Kontexte eingespannt sind, und es geht beim Witz mehr um die Situationen als um die Figuren. Als ich am Barbiere gearbeitet habe, war mir wichtig, dass die Darsteller von Bartolo und Basilio eben nicht versuchen, auf dümmliche Weise komisch zu sein, weil sie halt buffoneske Figuren sind. Rossini hat seine Figuren von der Commedia dell’arte bewusst abgesetzt. Er wollte nicht mehr die prototypischen Charaktere und Masken, und viele Inszenierungen machen nach wie vor den Fehler, an diesen Klischees zu kleben. Wir dürfen nicht vergessen, was Mozart für die Oper getan hat. Er hat sie weggeführt von den Typisierungen und an der Psychologie der Figuren gearbeitet. Es war ein grosser Schritt, diese Charakterschablonen hinter sich zu lassen. Und Rossini folgt dieser Entwicklung.
Ich habe da so meine Zweifel, ob man Rossinis Figuren wirklich mit denen von Mozart vergleichen kann. Bei Rossini fehlt mir die Bereitschaft zur unmittelbaren Einfühlung. Alle Emotionen haben etwas Artifizielles, sind hochbewusst hergestellt. Anders als Mozart legt Rossini nie sein Herz auf den Tisch des Hauses.
Das stimmt. Es gibt in diesem Zusammenhang einen wichtigen Punkt: Die grosse Liebe bleibt in Rossinis Opern immer unerreichbar. Die Paarbeziehungen lösen sich nie auf im ungetrübten Empfindungsglück. Die Liebe bleibt eine idealistische Idee. Sie bewegt sich immer drei Meter über den Händen der Charaktere, die nach ihr greifen. Nie reichen sie an sie heran. Nach zwanzig Jahren Dirigieren von Rossini-Opern habe ich verstanden, dass in diesen Werken nichts so weit weg ist wie eine erfüllte Liebe im romantischen Sinn.
Wir haben bereits über die turbulenten Finali gesprochen. Wie sind sie gebaut, dass sie so gut funktionieren?
Rossini greift in der Konstruktion auf kompositorische Rezepte der Dramatisierung zurück, von denen er genau wusste, dass sie funktionieren. Das meine ich überhaupt nicht abwertend. Er wusste halt, wie es geht, und hatte es drauf. Und er überrascht uns, wenn er A-Dur schreibt und plötzlich nach B-Dur wechselt. Man nimmt das heute nicht mehr so wahr, aber Rossini war auch der wagemutigste italienische Komponist seiner Zeit, was den Umgang mit der Harmonik angeht. Wenn man ihn mit Cimarosa und Paisiello vergleicht, stellt man fest, dass diese beiden vergleichsweise bescheiden nur um Tonika und Dominante herum komponieren, während Rossini die Hörgewohnheiten seiner Zeit herausfordert. Man hat ihn nicht zufällig «il tedeschino», den Deutschen, genannt. Fanden die Italiener einen kompositorischen Stil anspruchsvoll und kompliziert, nannten sie ihn deutsch, und das bedeutete, dass man ihn für tollkühn hielt.
Was muss man können, um ein guter Rossini-Dirigent zu sein?
Man muss den Mut zur Einfachheit und Klarheit haben. Bei Rossini geht es schlicht darum, das umzusetzen, was in der Partitur steht. Dirigenten wollen immer interpretieren, und die Leute sagen dann: Ja, das ist die Interpretation von diesem und jenem Dirigenten. Meine Haltung ist aber eine andere: Ich schlage die Partitur auf und bitte die Musiker und die Sänger genau das zu machen, was in den Noten steht. Wenn ich die Musiker bitte, die Artikulation zu schärfen und die Dynamik zuzuspitzen, dann tue ich das nicht, weil ich es mag, sondern weil es so in den Noten steht. Ich fordere präzise staccati von den Sängern, weil ich die entsprechenden Punkte über den Noten sehe, und fordere eine Legatophrasierung, weil da ein Bindebogen notiert ist. Präzise Sprachbehandlung, grosse Klarheit der Silbenartikulation – das alles ist wichtig bei Rossini. Oft schreibt er Akzente auf der falschen Zählzeit, das soll heissen: Setze dich auf keinen Fall gemütlich drauf auf die Phrasierung. Bleib wach, reaktionsschnell, sei jederzeit bereit für Überraschendes – so wird die Musik aufregend und humorvoll.
Wie kommst du mit den Sängerinnen und Sängern unserer Zürcher Produktion klar?
Ich bin sehr zufrieden mit der Besetzung. Wir haben hier ein motiviertes und fast durchweg junges Ensemble, das alles dafür gibt, eine moderne Lesart auf die Bühne zu bringen. Und darum geht es ja schliesslich bei jeder Neuproduktion: Sie bietet die Chance, einen neuen Ton und eine neue Sicht zu etablieren. Ich bin überzeugt davon, dass gerade jetzt im 21. Jahrhundert die Kunstform Oper mit Rossini beweisen kann, wie sexy und attraktiv sie ist.
Zu einer Künstlerin hast du eine besonders enge Beziehung.
Ja, das ist Julie Fuchs. Wir haben im vergangenen Jahr gemeinsam eine CD produziert, die gerade eben veröffentlicht wurde. Sie heisst Mademoiselle, und es sind auch Arien von Rossini darauf. Julie und ich verstehen uns künstlerisch sehr gut. In diesem Sinne ist die Il turco-Produktion die Fortsetzung einer intensiven, gemeinsamen Arbeit an Rossini, die zuvor schon begonnen hat.
Das Gespräch führte Claus Spahn.
Dieser Artikel ist erschienen in MAG 68, April 2019.
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Backstage
Das Bühnenbild zeigt nämlich vier verschiedene Wohnräume mit all dem realistischen Einrichtungskram, den wir aus unserem Lebensalltag kennen. Hier ein unaufgeräumtes Arbeitszimmer, dort eine Küchenzeile vor dem Abwasch. Um diese «Normalität», die das Publikum nur nebenbei wahrnimmt, einzurichten, brauchen unsere Requisiteurinnen und Requisiteure unendlich viel Geduld und eine 13 Seiten umfassende Liste. Während der Vorstellung arbeiten sie konstant zu dritt auf der Hinterbühne, um die Zimmer, die sich auf der Drehbühne gerade hinten befinden, zentimetergenau für die kommende Szene vorzubereiten. Der Plan hält fest, was sie vor der Vorstellung einkaufen müssen (Spaghetti, Baklava, Kokosmakronen), und wo die Objekte blitzschnell positioniert werden müssen (echter Zucker links auf die Küchenzeile, Weinflasche gefüllt, Rose vorne auf den Tisch, Tischtuch ordentlich!). Werden die Sachen nicht mehr gebraucht, müssen sie so sortiert und versorgt werden, dass bei der nächsten Vorstellung nichts fehlt. Puh!
Dieser Artikel ist erschienen in MAG 105, September 2023. Dort ist auch der tatsächliche Plan zu sehen.
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Volker Hagedorn traf 2019...
Nach und nach kommen die anderen dazu. Applaus, auf den ein Hündchen im Korb mit hellem Kläffen antwortet. «Das war das südamerikanische Klischee», sagt Jan Philipp Gloger, der Regisseur, «jetzt kommt das deutsche.» Und er schmettert, sich selbst begleitend, Udo Jürgens’ «Hymne an die Zukunft» aus dem fernen Jahre 1985. Nach schmelzender Leidenschaft das strenge Pathos im Viervierteltakt. «Das wird jetzt aber nicht gepostet», sagt Gloger. «Nur für meine Mutter!», sagt Nahuel Di Pierro grinsend.
Nahuel ist ein jungenhafter Typ, trotz Bart, witzig, offen – und nachdenklicher, als man auf Anhieb vermuten würde. Die Klischees, mit denen sie da Spass haben, führen ja mitten hinein in Rossinis Il turco in Italia, und sie beschäftigen den Sänger auch in unserem Gespräch. «Seit Rossinis Zeit», meint er, «hat sich unglücklicherweise gar nicht viel geändert, was die Angst vor Fremden angeht und die Neigung, alles einzusortieren. Und noch immer sehen sich die Europäer im Zentrum der Welt! Kürzlich fragte mich eine Kollegin, wo ich herkomme. Ich sagte, ich wurde geboren in Buenos Aires, Argentina. Sie sagte: ‹Oh, das ist exotisch!› Das hat mich etwas geschockt.» Was ihn erst recht motiviert, den überaus klischeefernen «Türken» dieser Produktion zu singen, den Selim.
Dessen musikalische Herkunft interessiert den 35-jährigen aber nicht minder. «In der Uraufführung hat Filippo Galli ihn gesungen. Er hatte als Tenor begonnen, dann griff eine Krankheit seine Kehle an, und er sang für ein paar Jahre nicht. Danach stellte er fest, seine Stimme war tiefer geworden, aber er hatte noch immer die Agilität für Koloraturen. Rossini war sehr beeindruckt, da Galli auch ein sehr guter Schauspieler war, er konnte dramatische und komische Rollen, er war berühmt dafür! Am Ende seines Leben hat er am Pariser Conservatoire Schauspiel für Sänger unterrichtet.» Diesem Galli, sagt er, verdanken wir einige sehr bewegliche Basspartien bei Rossini und eine ganze Epoche in der Evolution der Opernbässe, die Nahuel mir mal schnell von Händel über Mozart und Donizetti bis Verdi skizziert, «ich forsche gern nach solchen Sachen.» Auch er begann, wie Galli, als Tenor, «aber schon als Kind.» Wie das? «Ich wollte unbedingt Tenor werden mit sieben Jahren und imitierte das!» Er lacht. Vorbilder hörte er genug im gewaltigen Teatro Colón seiner Geburtsstadt Buenos Aires, wo er im Kinderchor der Oper sang. Sohn eines Steuerberaters und einer Kosmetikerin, hatte er die Klassik für sich im Radio und als Soundtrack in Bugs Bunny entdeckt, die Eltern besorgten ihm Kassetten und CDs. Er bekam Klavierunterricht, und im Kinderchor auf der Bühne erlebte er den wunderbaren Schock fürs Leben: «3'500 Leute sassen und standen da und atmeten. Da war dieses grosse Monster, das Opernhaus, nicht unheimlich, es war einfach dieses riesige Wesen, und ich verstand: Ja, das ist der richtige Platz!» Ein anderer Schock folgte, als Nahuel dreizehn war: Stimmbruch über Nacht. «Auf einmal sprach ich tief und hatte eine Bassstimme. Ich konnte das nicht akzeptieren und sagte, ich singe nicht mehr. Ich fand mich in dieser Stimme nicht.»
Er versuchte sich als Bassgitarrist einer Rockband, im Schauspielunterricht, als Autor für das Schülertheater. «Ich wollte ein dramatisches, ernstes Stück schreiben. Als wir es aufführten, war es sehr komisch, und ich bekam einen Preis für die beste Komödie! Aber jetzt komme ich darauf zurück. Ich habe Libretti für zwei Kurzopern geschrieben, für einen argentinischen Komponisten, der wie ich in Paris lebt, Tomás Bordalejo. Wir bewarben uns bei der Eötvös Foundation in Budapest, und unser Stück wurde ausgewählt.» Le phallus magique heisst es und zeigt einen Gott Eros, der alt und schwach geworden ist, mithin menschlich. «Natürlich bin ich jetzt fokussiert auf meine Sängerkarriere und setze die fort», meint Nahuel, «aber die anderen Teile meiner Persönlichkeit möchten auch entwickelt werden. Demnächst werde ich auch inszenieren …» Aber wie fand er damals zurück zur Oper? «Die Frage habe ich mir noch nie gestellt... Ich hatte weiterhin Klavierunterricht, ich war sechzehn, und meine Lehrerin sagte, sing doch mal was für mich. Nein, ich singe nicht mehr. Ach, bitte, irgendwas! Also habe ich etwas Langsames gesungen. Sie fand, ich sollte Unterricht nehmen. Das tat ich, zuerst bei Tota de Igarzabal, einer grossen Mezzosopranistin, dann sechs oder sieben Jahre lang beim Bariton Ricardo Yost. Dank Tota und Ricardo verstand ich meine Stimme wieder. Auf gewisse Weise erlebte ich wieder dieses Kinderglück beim Singen. Ich versuche, das zu bewahren. Wenn Singen ein Beruf wird, mit allem Stress, vergessen wir leicht, dass wir das tun, weil wir es mögen. Es muss mit Glück verbunden sein.»
Auf seinem Weg zum Profi hat auch die jüngere argentinische Geschichte eine Rolle gespielt. Nahuel gehört zur ersten Generation, die nach der Diktatur gross wurde, aber auch zu jenem Mittelstand, den die Wirtschaftskrise um 2000 frontal erwischte. «Ich erinnere mich, wie mein Vater das Auto und das Büro verkaufte.» Und nach der Krise, als Nahuel in der Opernschule des Teatro Colón anfing und bald schon in kleinen Rollen debütierte, fehlte dem Haus das Geld für Gastsolisten aus dem Ausland. «Das Gute daran war: Die argentinischen Sänger und Regisseure hatten eine Menge Arbeit. Wir haben Death in Venice fast in komplett argentinischer Besetzung gemacht, bis auf Nigel Robson in der Titelrolle, und auch Rameaus Les Indes galantes», sagt Nahuel lachend. Doch 2006 wurde das Haus für Renovierungsarbeiten geschlossen, für die so lange das Geld fehlte, dass die Freelancer sich neu orientierten. «Das war die Zeit, als ich beschloss, Argentinien zu verlassen und in Europa Arbeit zu suchen.» Er fand sie bald an besten Adressen, etwa als Masetto in der legendären Pariser Don Giovanni-Inszenierung von Michael Haneke. Es ist seine Lieblingsoper, aber selbst hier, findet er, darf man in den Text eingreifen. «Wenn ein Sänger sagt, ich werde mein Schwert ergreifen, und das Wort geht gegen die ganze Konzeption, können wir das austauschen. Die Premieren des Don Giovanni mit Mozart in Wien und Prag, das waren auch zwei verschiedene Opern! Ich meine nicht, dass man den Sinn eines Stückes ändern soll, aber wir müssen zur Gesellschaft von heute sprechen, es muss zeitgenössisch sein … nein, das ist schon wieder eine Regel. Ich mag keine Regeln. Es kann sonstwas sein!» Er lacht, aber das Thema lässt ihn nicht los. «Oper muss mehr zur Gesellschaft sprechen. Es geht nicht um Smartphones und social media, das ist wie das Schwert in einer Mozartoper, das wird verschwinden. Es geht um den Bezug zum Menschsein heute. Um Angst vor Immigration zum Beispiel.»
Wie erlebt er Europa, von Argentinien aus gesehen? «Die Entfernungen sind klein, alle Länder sind einander so nah, das ist gut. Aber ich nehme auch starken Nationalismus wahr, jedes Land fürchtet um seine Identität. Das finde ich seltsam. Ich liebe die argentinischen Tangos, meine Grossmutter hat mich damit in den Schlaf gesungen. Und ich werde für meine Kollegen hier argentinisch kochen. Aber deswegen bin ich doch nicht einfach nur Argentinier!» So wenig, wie er auf der Bühne einfach nur «Türke» ist, der verdächtige Neue von nebenan. Wenn er sich mit dem bulligen Don Geronio streitet, der in ihm nur den Eindringling sieht, funkelt er vor Spiellust, ist immer auf dem Sprung zur Ironie, von Rossinis Witz beflügelt, und verwandelt Aggression in Eleganz. Die Stimme aber, dieser sanft glänzende, schlanke, biegsame Bass, die Stimme, die längst ganz die seine ist – wenn er die fokussiert, hört man sehr gut, dass hier einer seinen Stolz hat, einen ganz persönlichen, und genau weiss, was er will.
Text von Volker Hagedorn.
Foto von Alvaro Yanez.
Dieser Artikel ist erschienen in MAG 68, April 2019.
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Meine Rolle
Die Fiorilla, die ich in Gioachino Rossinis Il turco in Italia spiele, ist eine sehr interessante Figur, weil sie nicht so leicht zu greifen ist. Sie ist die Ehefrau von Geronio, einem viel älteren Mann, und fängt eine Affäre mit Selim an, einem attraktiven Türken, der plötzlich in ihrem Leben auftaucht. Fiorilla ist verführerisch, aber man weiss nie genau, wie ernst sie es mit den Männern wirklich meint. In dieser Hinsicht erinnert sie mich ein bisschen an Susanna in Mozarts Figaro, bei der die Männer auch nie so richtig wissen, woran sie sind. Auch bei Mozart sind die Grenzen zwischen gespielter Verführung und echter Liebe fliessend. Es fällt auf, dass Fiorilla weder ihrem Ehemann noch Selim gegenüber von wahrer Liebe singt. Sie spielt mit den Männern, aber sie hat auch introspektive Momente, in denen sie leidet. Dann fragt man sich: Woran genau leidet sie eigentlich? Ist es doch die Liebe zu Selim, die sie schmerzt? Ist es nur Sorge um das Spiel, das sie nicht verlieren will? Hat sie Angst, ihren Ruf zu ruinieren? Bei Rossini gibt es immer viele Möglichkeiten, die Charaktere zu entwickeln. Man muss die Figuren seiner Buffa-Opern ernst nehmen, aber auch nicht zu sehr, denn Rossini entwickelt keine komplexen, tiefgründigen Charaktere, sondern führt sie immer mit einem gewissen Augenzwinkern vor. In Kombination mit der Musik entstehen so spielerische Figuren, in denen viel Gefühl zum Ausdruck kommt, die aber immer auch ein bisschen verrückt sind.
An einigen Stellen der Fiorilla-Partie lässt Rossini beiläufig Mozarts Don Giovanni durchklingen. Das kann kein Zufall sein. Fiorilla hat eben auch diese verführerische Seite, sie ist eine «Donna Giovanna», die alle um den Finger wickelt. Es geht in der Affäre mit Selim nicht nur darum, dass ein Türke eine junge italienische Frau herumkriegt. Auch Fiorilla spielt eine aktive Rolle. Es ist ein Verführungsspiel auf Augenhöhe, und es wäre falsch, in Fiorilla eine schwache Frau zu sehen. Sie ist stark, selbstbewusst und weiss um die weiblichen Waffen, die sie zum Einsatz bringt. Manchmal habe ich das Gefühl, dass es ihr in den Beziehungen zu den Männern weniger um Liebe, sondern mehr um die Macht geht, wer wen beherrscht.
In unserer Zürcher Produktion wiederum ist Fiorilla zunächst eine gestresste Hausfrau mit Mann und Kind, die heraus will aus ihrer engen Welt, sich nach einem anderen Leben sehnt und deshalb offen ist für eine Affäre mit Selim. Es ist mir in den ersten Proben, ehrlich gesagt, nicht ganz leicht gefallen, sie so anzunehmen, weil ich in ihr doch mehr die Frau gesehen habe, die die Männer aufmischt. Aber auch in einer Durchschnittsfrau können ja ungeahnte Verführungsenergien schlummern. Ein attraktiver Türke kommt vorbei, und plötzlich wird sie eine andere. Dieser Gedanke gefällt mir: Dass sich durch ein überraschendes Ereignis alles ändern kann. Diese Erfahrung machen wir im Leben doch alle, und Rossinis Musik ist stark darin, die Stimmungslage von einem zum nächsten Moment schlagartig umkippen zu lassen. Wie ich überhaupt sagen muss: Ich liebe diese Musik. Die Fiorilla-Partie, die ich in Zürich zum ersten Mal auf der Bühne singe, ist anspruchsvoll, verlangt einen grossen Stimmumfang, ist nicht zu leicht und nicht zu dramatisch und passt deshalb perfekt zu meiner Stimme. Rossini ist im Moment ein wichtiger Teil meines Repertoires. Aber ich bin ja jemand, der gerne ganz viele verschiedene Sachen parallel macht. In der nächsten Spielzeit beispielsweise singe ich neben Rossini noch Rameau, Donizetti, Richard Strauss, Mozart und Puccini. Das finde ich eine aufregende Kombination.
Foto von Sarah Bouasse.
Dieser Artikel ist erschienen in MAG 68, April 2019.
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Hinter dem Vorhang von «Il turco in Italia»
Julie Fuchs und Nahuel Di Pierro singen Fiorilla und Selim
Wie machen Sie das, Herr Bogatu?
Dieser Artikel erschien im April 2019.
In den beiden Produktionen Il turco in Italia und Hippolyte et Aricie wird unsere Drehscheibe ausgiebig genutzt: Beide Bühnenbilder drehen sich um die eigene Achse, um dem Publikum viele verschiedene Perspektiven zu bieten. Doch wie funktioniert das eigentlich?
Unsere Drehscheibe ist eine mit Holz belegte, kreisrunde Stahlkonstruktion, die so in den Bühnenboden eingelassen ist, dass sie nur durch einen schmalen Spalt erkennbar ist. Die Stahlkonstruktion steht auf über hundert kreisrund angeordneten Kunststoffrädern, die auf blank polierten Fahrbahnen aus Blechstreifen rollen. Ausserhalb der kreisrunden Stahlkonstruktion der Scheibe liegen sich zwei im Bühnenboden versenkte Elektromotoren gegenüber, die je mittels einem Getriebe und einem Treibrad aus Gummi die Drehscheibe seitlich antreiben und bremsen können. Damit wir jederzeit wissen, auf welcher Position die Drehscheibe steht und wie schnell sie fährt, ist an der Drehachse in der Mitte ein Sensor angebracht, der auf hundertstel Grad genau die benötigten Daten liefert. Ebenfalls sind in dieser Achse elektrische Schleifkontakte untergebracht, die es uns ermöglichen, auf der Drehscheibe Strom für Scheinwerfer und sonstiges elektrisches Gerät zur Verfügung zu stellen.
Aufmerksame Leserinnen und Leser müssten sich nun eigentlich fragen, wie wir eine solche Drehscheibe auf der Bühne nutzen können, wenn wir doch für andere Vorstellungen wie z.B. Sweeney Todd oder Le Grand Macabre mit unseren Hubpodien grosse Teile der Bühne hoch und runter fahren können und noch dazu die Drehscheibe mal an der Bühnen-Vorderkante, aber auch mal weiter hinten zu sehen ist... Das Geheimnis liegt darin, dass die ganze eingelassene Scheibe mit dem darum liegenden Bühnenboden in einem fahrbaren Wagen untergebracht ist. Diesen Wagen nennen wir Drehscheibenwagen, und er ist genauso breit gebaut wie unsere Hubpodien. Mittels eines weiteren Elektromotors kann er vor und zurückbewegt werden. Wenn wir die Drehscheibe nicht benötigen, fahren wir mit dem Wagen ganz nach hinten, und die vorderen Podien gleichen das dadurch entstandene Loch wieder aus.
Da unsere Hinterbühne aber nur halb so gross ist wie der Durchmesser der Drehscheibe, haben sich die Theaterbauer 1980 etwas ganz Cleveres einfallen lassen: Sie teilten die Drehscheibe und den darunter liegenden Drehscheibenwagen in einen vorderen und einen hinteren Teil. Wenn der hintere Wagen bis zur Rückwand gefahren ist, löst die Bühnentechnik alle Verbindungsbolzen, die den vorderen mit dem hinteren Teil verbinden, und der hintere Teil wird mit den Podien abgesenkt. Anschliessend fährt der vordere Teil auf den hinteren Teil, und beide Teile übereinander gestapelt werden soweit abgesenkt, dass die Bühne wieder eine Ebene bildet. Die Genialität der Konstruktion wird dadurch vervollständigt, dass die Anschlüsse für Motoren, Sensoren sowie alle elektrischen Anschlüsse im vorderen Wagen untergebracht sind und die Zuleitungen dafür seitlich so geführt werden, dass sie beim Verschieben und Versenken der Drehscheibe nicht getrennt werden müssen.
Text von Sebastian Bogatu.
Illustration von Anita Allemann.
Dieser Artikel ist erschienen im MAG 68, April 2019.
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Il turco in Italia
Synopsis
Il turco in Italia
Erster Akt
Die Türkin Zaida ist in Italien auf der Suche nach ihrem früheren Geliebten Selim und kann ihn nicht finden. Sie wird begleitet von ihren türkischen Landsleuten, die sie aufmuntern wollen.
Der Künstler Prosdocimo will ein neues Werk schaffen, sucht aber bisher vergeblich nach einem geeigneten Thema. Zaida erzählt Prosdocimo von ihrer früheren Beziehung: Selim habe sie heiraten wollen. Aber dann hätten andere ihm eingeredet, sie, Zaida, sei untreu. Die Eifersucht habe Selim rasend gemacht.
Geronio hat Eheprobleme. Von einer Wahrsagerin will er sich erklären lassen, was im Kopf seiner Ehefrau Fiorilla vor sich geht. Dabei gerät er an Zaida.
Fiorilla findet ihren Ehealltag langweilig und beklagt, dass man, wenn man verheiratet ist, nur einen Menschen lieben darf.
Der Türke Selim kommt in Italien an und freut sich auf ein neues Leben in einer anderen Welt. Er begegnet Fiorilla. Die beiden flirten heftig.
Narciso ist ein schwer verliebter Verehrer Fiorillas. Auch er begeistert sich für Fiorillas Schönheit, ist aber gleichzeitig verzweifelt, weil sie ihm die kalte Schulter zeigt.
Geronio stürzt aufgeregt zu Narciso und Prosdocimo, weil er seine Ehefrau mit einem Türken gesehen hat. Prosdocimo kapiert, dass der Türke der gleiche Mann ist, den Zaida sucht, und wittert eine konfliktreiche und emotionsgeladene Geschichte für seine neue künstlerische Arbeit. Die drei Männer geraten in einen Streit, weil sich Geronio und Narciso von Prosdocimo verhöhnt fühlen.
Fiorilla hat Selim zum Kaffee eingeladen. Sie traut ihm nicht, weil sie glaubt, türkische Männer hätten hundert Frauen gleichzeitig. Geronio stört die traute Zweisamkeit. Die Männer drohen aneinander zu geraten, aber Fiorilla schlichtet, indem sie behauptet, ihr Mann sei lediglich gekommen, um dem Gast die Ehre zu erweisen. Aus Angst vor dem Ausländer küsst Geronio dessen Mantel. Narciso hat die Demütigung beobachtet und fordert Geronio auf, sich einen solchen Umgang nicht gefallen zu lassen.
Geronio stellt Fiorilla zu Rede. Es entwickelt sich ein Ehestreit mit Schuldzuweisungen, Versöhnungsangeboten und Drohungen. Er endet mit der Ankündigung Fiorillas, sich in Zukunft tausend Liebhaber zu nehmen, denn das sei die einzige Sprache, die die Männer verstünden.
Zaida hat sich als Wahrsagerin verkleidet und trifft auf Selim. Er erkennt sie.
Fiorilla und Selim wollen heimlich verreisen. Zaida hat die beiden eifersüchtig beobachtet und macht ihren Anspruch auf Selim geltend. Zaida und Fiorilla gehen aufeinander los. Alle mischen sich in den Streit ein. Das Chaos ist perfekt, und Prosdocimo hat seinen Spass daran.
Zweiter Akt
Geronio schüttet sein Herz bei Prosdocimo aus. Der tröstet ihn, hofft aber insgeheim auf weitere Eskalationen. Plötzlich erscheint Selim und schlägt Geronio vor, ihm Fiorilla nach türkischem Brauch abzukaufen. Daraufhin droht Geronio Selim an, ihm nach italienischem Brauch die Nase einzuschlagen. Selim kündigt an, Fiorilla zu entführen. Die beiden Männer werden immer wütender.
Fiorilla hat eine Begegnung mit Selim und Zaida arrangiert. Selim soll sich zwischen den beiden Frauen entscheiden. Aber er ist überfordert. Nachdem Zaida empört gegangen ist, kommen sich Fiorilla und Selim wieder näher. Sie verzeihen einander. Er erklärt ihr seine ewige Liebe. Sie glaubt ihm.
Prosdocimo erzählt Geronio von der geplanten Entführung seiner Ehefrau, die während eines Festes stattfinden soll. Er schlägt Geronio vor, als Türke verkleidet dort zu erscheinen. Ausserdem hat er Zaida von den Entführungsplänen erzählt: Als Fiorilla verkleidet wird sie ebenfalls zu dem Fest kommen. Auch Narciso, der alles mitgehört hat, will als Türke zum Fest gehen.
Auf dem Fest lösen die doppelgängerischen Türken und die zwei Fiorillas grosse Verwirrung aus. Geronio erkennt seine eigene Ehefrau nicht mehr und lässt das Fest in einem Eklat enden.
Prosdocimo rät Geronio, seiner Ehefrau in Form eines Briefes mit der Trennung zu drohen, um sie so wieder zurückzugewinnen. Die beiden erfahren vom Türken Albazar, dass sich Selim wieder mit Zaida versöhnt hat.
Fiorilla liest in dem Brief, dass Geronio nichts mehr mit ihr zu tun haben will und sie zurück zu ihren Eltern gehen soll, nach Sorrent, in die Armut ihrer Kindheit. Sie beklagt ihr Schicksal und bereut, ihre Ehe ruiniert zu haben.
Geronio beobachtet ihr Leiden und ist bereit, ihr zu verzeihen. Es kommt zur Versöhnung.
Die beiden Paare begegnen sich noch einmal, aber Fiorilla bleibt bei Geronio und Selim bei Zaida.
Biografien
Enrique Mazzola, Musikalische Leitung
Enrique Mazzola
Enrique Mazzola ist seit 2019/20 Generalmusikdirektor der Lyric Opera of Chicago sowie Erster ständiger Gastdirigent an der Deutschen Oper Berlin. Von 2012 bis 2019 war er Musikdirektor des Orchestre National d’Île-de-France. 2018 wurde er in Frankreich zum «Chevalier de l’ordre des Arts et des Lettres» ernannt. Wichtige Engagements der jüngeren Zeit führten ihn u.a. zu den Salzburger Festspielen (Orphée aux enfers), an die Wiener Staatsoper (Don Pasquale), an die Metropolitan Opera (La Fille du régiment), ans Opernhaus Zürich (Don Pasquale, Maria Stuarda, Il turco in Italia, Il barbiere di Siviglia, I Puritani), zu den Bregenzer Festspielen (Rigoletto, Mosè in Egitto) und zum Glyndebourne Festival (Luisa Miller, Il barbiere di Siviglia) sowie zu Konzerten mit dem Orchestre Nationale du Capitole de Toulouse, dem Philharmonia Orchestra, dem Royal Scottish National Orchestra, dem Orchestra of the Age of Englightenment und dem Oslo Philharmonic. Ausserdem dirigierte er beim Rossini Opera Festival, am Moskauer Bolschoitheater, beim Maggio Musicale Fiorentino, an der Scala di Milano, am New National Theatre in Tokio, beim Festival d’Aix-en-Provence, beim Wexford Opera Festival, an der Opéra du Rhin und bei den Münchner Opernfestspielen. Die Spielzeit 2021/22 führte ihn für Macbeth und L’elisir d’amore nach Chicago, für I vespri siciliani an die Deutschen Oper Berlin, für Anna Bolena nach Zürich und Amsterdam, für Madama Butterfly zu den Bregenzer Festspielen und für eine Operngala mit Renée Fleming in die Royal Festival Hall London.
Jan Philipp Gloger, Inszenierung
Jan Philipp Gloger
Jan Philipp Gloger studierte Angewandte Theaterwissenschaft an der Justus-Liebig-Universität Giessen und Regie an der Zürcher Hochschule der Künste. Ab 2007 war er als freischaffender Schauspielregisseur tätig, u. a. am Bayerischen Staatsschauspiel München, an der Schaubühne und am Deutschen Theater Berlin, am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg sowie am Staatsschauspiel Dresden. Er zeigte Inszenierungen bei der Ruhrtriennale und beim Heidelberger Stückemarkt und erhielt den Regiepreis der Bayerischen Theatertage. 2011 bis 2013 war er Leitender Regisseur am Staatstheater Mainz. 2010 inszenierte er mit Le nozze di Figaro am Theater Augsburg seine erste Oper. Auf Alcina an der Semperoper Dresden folgten 2012 Der fliegende Holländer bei den Bayreuther Festspielen, 2013 Idomeneo an der Oper Frankfurt und Gounods Faust in Zürich sowie 2014 Simon Boccanegra an der Semperoper Dresden. In den vergangenen Jahren inszenierte er u.a. Così fan tutte am Royal Opera House London und Faust am Kongelige Theater Kopenhagen. 2018 wurde Jan Philipp Gloger Schauspieldirektor am Staatstheater Nürnberg und hat dort zuletzt La Cenerentola inszeniert. Seine Inszenierungen wurden ausgezeichnet mit dem Publikumspreis der Mülheimer Theatertage, dem Regiepreis der Bayerischen Theatertage, dem Nachspielpreis beim Heidelberger Stückmarkt und mit einer Nominierung für den Londoner Olivier-Award. In Zürich inszenierte er zuletzt La verità in cimento, Il turco in Italia und Die Csárdásfürstin. Ab der Spielzeit 2025/26 wird er die Intendanz am Volkstheater Wien übernehmen.
Ben Baur, Bühnenbild
Ben Baur
Ben Baur stammt aus dem südhessischen Reinheim und studierte an der Kunsthochschule Berlin-Weissensee. Seine Arbeiten als Bühnen- und Kostümbildner sind an wichtigen Theatern und Opernhäusern Europas zu sehen: u.a. am Maxim Gorki Theater und Deutschen Theater in Berlin, am Volkstheater München, am Staatstheater Karlsruhe und Staatstheater Saarbrücken, an den Schauspielhäusern in Bochum, Zürich und Frankfurt, am Aalto-Musiktheater Essen, an der Staatsoper Stuttgart, am Opernhaus Zürich, an der Welsh National Opera Cardiff, an der Opéra national de Lorraine in Nancy und der Opéra royal du Château de Versailles, an der Niederländischen Oper Amsterdam, der Staatsoper Hamburg, am Royal Opera House Covent Garden und am Burgtheater Wien. Mit Jetske Mijnssen und Jan Philipp Gloger verbindet ihn eine enge Zusammenarbeit. Ben Baur gab 2014 sein Regiedebüt am Staatstheater Saarbrücken mit Lucia di Lammermoor, wo er anschliessend La traviata und Katja Kabanova inszenierte. Zu seinen Arbeiten als Regisseur gehören u.a. Hugo von Hofmannsthals Elektra am Deutschen Theater Göttingen, Roméo et Juliette und Il trovatore an der Oper Graz, Don Giovanni und Dialogues des Carmélites am Musiktheater im Revier Gelsenkirchen, Il pirata und Faust am Theater St. Gallen, La bohème und Alcina am Staatstheater Braunschweig, sowie August Ennas Kleopatra an der Danish National Opera.
Karin Jud, Kostüme
Karin Jud
Karin Jud, geboren in Zürich, studierte von 2000 bis 2004 Modedesign an der Hochschule für Gestaltung und Kunst in Basel. Im Anschluss war sie bis 2007 als Kostümassistentin am Schauspielhaus und am Opernhaus Zürich tätig und arbeitete mit Regisseur:innen wie Jan Bosse, Barbara Frey, Jürgen Gosch, Rudi Häusermann, Leiser/Caurier und Jürgen Flimm zusammen. Kostümbilder entwarf sie am Schauspielhaus Zürich unter anderem für Inszenierungen von David Unseld, Luise Helle, Schorsch Kamerun und Matthias Hartmann. Seit 2007 wirkt sie als freie Kostümbildnerin u.a. am Theater Augsburg, am Bayerischen Staatsschauspiel München, am Schauspiel Hannover, am Schauspielhaus Graz, am Staatstheater Mainz, am Volkstheater Wien, an der Semperoper Dresden, am Deutschen Schauspielhaus Hamburg und an der Schaubühne Berlin. In Hamburg entstand die Uraufführung von Das Ding von Philipp Löhle in der Regie von Jan Philipp Gloger, welche bei den Mülheimer Theatertagen 2012 den Publikumspreis gewann. Sie arbeitet mit Regisseur:innen wie Ingo Berk, Jan Stephan Schmieding und Barbara-David Brüesch. In letzter Zeit entstanden in Zusammenarbeit mit Jan Philipp Gloger Idomeneo an der Oper Frankfurt, Die Csárdásfürstin, Le nozze di Figaro und Il turco in Italia am Opernhaus Zürich, Faust an der Royal Danish Opera und Così fan tutte am Royal Opera House in London.
Martin Gebhardt, Lichtgestaltung
Martin Gebhardt
Martin Gebhardt war Lichtgestalter und Beleuchtungsmeister bei John Neumeiers Hamburg Ballett. Ab 2002 arbeitete er mit Heinz Spoerli und dem Ballett Zürich zusammen. Ballettproduktionen der beiden Compagnien führten ihn an renommierte Theater in Europa, Asien und Amerika. Am Opernhaus Zürich schuf er das Lichtdesign für Inszenierungen von Jürgen Flimm, David Alden, Jan Philipp Gloger, Grischa Asagaroff, Matthias Hartmann, David Pountney, Moshe Leiser/Patrice Caurier, Damiano Michieletto und Achim Freyer. Bei den Salzburger Festspielen kreierte er die Lichtgestaltung für La bohème und eine Neufassung von Spoerlis Der Tod und das Mädchen. Seit der Spielzeit 2012/13 ist Martin Gebhardt Leiter des Beleuchtungswesens am Opernhaus Zürich. Eine enge Zusammenarbeit verbindet ihn heute mit dem Choreografen Christian Spuck (u.a. Winterreise, Nussknacker und Mausekönig, Messa da Requiem, Anna Karenina, Woyzeck, Der Sandmann, Leonce und Lena, Das Mädchen mit den Schwefelhölzern). Er war ausserdem Lichtdesigner für die Choreografen Edward Clug (u.a. Strings, Le Sacre du printemps und Faust in Zürich), Alexei Ratmansky, Wayne McGregor, Marco Goecke, und Douglas Lee. Mit Christoph Marthaler und Anna Viebrock arbeitete er beim Händel-Abend Sale und Rossinis Il viaggio a Reims in Zürich sowie bei Lulu an der Hamburgischen Staatsoper zusammen und mit Jossi Wieler und Sergio Morabito an der Oper Genf für Les Huguenots. 2023 gestaltete er das Licht für Spucks Ballett Bovary beim Staatsballett Berlin und 2024 Rossinis Tancredi an den Bregenzer Festspielen. Ausserdem war er Lichtdesigner bei Atonement von Cathy Marston am Opernhaus Zürich.
Sami Bill, Video-Design
Sami Bill
Sami Bill studierte Szenische Künste an der Universität Hildesheim. Seine Szenografien, Bühnenbilder, Videoarbeiten und Bühnenprojektionen führten ihn über das Theater Koblenz, das Stadttheater Augsburg, die Wuppertaler Bühnen, das Performancekollektiv Fräulein Wunder AG und das Theater an der Parkaue Berlin zum Staatsschauspiel Dresden, ans Maxim Gorki Theater Berlin, das Düsseldorfer Schauspielhaus, das Pathos München, das Schauspiel Stuttgart, das Schauspiel Frankfurt, ans Nationaltheater Mannheim, das Badische Staatstheater Karlsruhe, das Thalia Theater Hamburg, das Deutsche Schauspielhaus Hamburg, das Museumsquartier Wien, das Teatr Bagatela in Krakau und an die Philharmonie Luxemburg. Zu seinen letzten Arbeiten zählen Phädra (Regie: Anne Lenk) und Isola (Regie: Jan Philipp Gloger) am Staatstheater Nürnberg, Satyricon (Regie: Nelly Danker) an der Oper Frankfurt, Bilder einer Ausstellung und Der Teufelsgeiger (Regie: Nelly Danker) in der Philharmonie Luxemburg, Junk am Deutschen Schauspielhaus Hamburg (Regie: Jan Philipp Gloger) und Tintenherz am Schauspiel Frankfurt (Regie: Rüdiger Pape). Die Uraufführung Furcht und Ekel – Das Privatleben glücklicher Leute am Schauspiel Stuttgart (Regie: Jan Gehler) wurde 2015 zu den 40. Mühlheimer Theatertagen eingeladen. Die Inszenierung Momo am Düsseldorfer Schauspielhaus (Regie: Rüdiger Pape) erhielt 2014 eine Nominierung für den renommierten Theaterpreis «Der Faust» und die Produktion Almost Lovers, die am Düsseldorfer Schauspielhaus entstand, wurde 2013 zum «Theatertreffen der Jugend» nach Berlin eingeladen.
Ernst Raffelsberger, Choreinstudierung
Ernst Raffelsberger
Ernst Raffelsberger stammt aus Gmunden, Oberösterreich. Er studierte Musikpädagogik und Kirchenmusik an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Wien (Chorleitung bei Prof. Erwin Ortner) und anschliessend Chordirigieren am Salzburger Mozarteum bei Prof. Walter Hagen-Groll. Von 1983 bis 1986 war er Kapellmeister der Wiener Sängerknaben. In dieser Zeit leitete er das Ensemble in Wien und auf Tourneen durch Europa, Südafrika, Kanada und die USA. Ab 1986 war Ernst Raffelsberger Chordirektor und Kapellmeister am Landestheater Salzburg (Mitwirkung bei der Salzburger Mozartwoche und den Salzburger Festspielen). 1989 wurde er von Donald Runnicles als Chordirektor und Kapellmeister an das Theater in Freiburg/Breisgau berufen. Seit Herbst 1993 ist Ernst Raffelsberger am Opernhaus Zürich als Chordirektor engagiert. Hier hat er inzwischen über 100 Premieren betreut und mit vielen namhaften Dirigenten wie Riccardo Chailly, Christoph von Dohnányi, Vladimir Fedoseyev, Sir John Eliot Gardiner, Daniele Gatti, Bernard Haitink, Nikolaus Harnoncourt, Zubin Mehta und Franz Welser-Möst zusammengearbeitet. Gastspiele mit dem Opernhaus Zürich führten ihn nach Wien, London, Paris und Tokio. Zahlreiche CD- und DVD-Aufnahmen dokumentieren diese Arbeit. Im Sommer 2012 begann zusätzlich seine Tätigkeit als Chordirektor der Salzburger Festspiele. Er ist dort für die Produktionen der Konzertvereinigung Wiener Staatsopernchor verantwortlich. In seiner ersten Festspielsaison kam es u. a. zu einer erfolgreichen Zusammenarbeit mit Riccardo Muti und Sir Simon Rattle.
Claus Spahn, Dramaturgie
Claus Spahn
Claus Spahn ist seit 2012 Chefdramaturg am Opernhaus Zürich. In dieser Funktion ist er massgeblich an der Spielplangestaltung des Hauses beteiligt. Er ist als Produktionsdramaturg tätig und verantwortet die zentralen Publikationen des Opernhauses wie Programmbücher, das monatliche Magazin MAG, Podcasts und Werkeinführungen. Sein Interesse gilt vor allem der modernen und zeitgenössischen Musik, dem Opernrepertoire des Barock und der Entwicklung neuer musiktheatralischer Konzepte. Er hat am Opernhaus Zürich Musiktheaterprojekte von Wolfgang Rihm, Helmut Lachenmann, George Benjamin, Roman Haubenstock-Ramati und Uraufführungen von Heinz Holliger, Christian Jost und Stefan Wirth betreut Als Produktionsdramaturg hat er für die Regisseure Sebastian Baumgarten, Herbert Fritsch, Jan Philipp Gloger, Tatjana Gürbaca, Andreas Homoki, Barrie Kosky, Nadja Loschky, David Marton und Evgeni Titov gearbeitet. Eine enge künstlerische Partnerschaft verbindet ihn ausserdem mit dem Choreografen und ehemaligen Direktor des Balletts Zürich, Christian Spuck. Für Christian Spuck war er in Zürich stückentwickelnd an den Produktionen Anna Karenina, Nussknacker und Mausekönig und Monteverdi beteiligt und hat Libretti für die Ballette Orlando nach Virginia Woolf (Uraufführung 2021 am Moskauer Bolshoi-Ballett) und Bovary nach Gustave Flaubert (Uraufführung 2023 am Berliner Staatsballett) geschrieben. Ausserdem ist er Librettist der Kammeroper Der Traum von Dir des Schweizer Komponisten Xavier Dayer, die 2017 am Opernhaus Zürich uraufgeführt wurde.
Bevor er ans Opernhaus Zürich wechselte, war Claus Spahn 14 Jahre lang Feuilletonredakteur bei der deutschen Wochenzeitung DIE ZEIT und dort verantwortlich für das Fachressort Musik. Von 1990-1997 war er als freier Musikjournalist vor allem für die Süddeutsche Zeitung und den Bayerischen Rundfunk tätig. In seiner Funktion als Journalist hat er die Entwicklungen des internationalen Kultur-, Musik- und Opernbetriebs über Jahrzehnte hinweg beobachtet und kommentiert, war Radio-Moderator, Juror bei Internationalen Musikwettbewerben und Workshopleiter für kulturjournalistisches Schreiben. Claus Spahn ist in Deutschland geboren, hat in Freiburg im Breisgau klassische Gitarre studiert und eine Ausbildung an der Deutschen Journalistenschule in München absolviert.
Nahuel Di Pierro, Selim, ein türkischer Fürst
Nahuel Di Pierro
Nahuel Di Pierro stammt aus Buenos Aires. Er studierte Gesang am Instituto Superior de Arte des Teatro Colón und war dort als Masetto (Don Giovanni), Haly (L’italiana in Algeri), Figaro (Le nozze di Figaro), Colline (La bohème) und Guglielmo (Così fan tutte) zu erleben. Nach Engagements im Pariser Opernstudio und beim Young Singers Project der Salzburger Festspiele gastierte er u.a. an der Deutschen Oper Berlin, der Nederlandse Opera in Amsterdam, in Santiago de Chile und Buenos Aires, am Théâtre des Champs-Elysées, der Opéra National de Bordeaux, bei den Festivals in Salzburg, Glyndebourne und Beaune und sowie regelmässig an der Pariser Oper. Er interpretierte u.a. Leporello (Don Giovanni) in Salzburg, Aix-en-Provence und Tel Aviv, Colline und Masetto am Royal Opera House, Osmin am Théâtre des Champs-Élysées, Guglielmo beim Edinburgh International Festival sowie Lorenzo (I Capuleti e i Montecchi) am Grand Théâtre de Genève und am Festspielhaus Baden-Baden. 2022/23 hat er u.a. Figaro (Le nozze di Figaro) an der Houston Grand Opera sowie Seneca (L’incoronazione di Poppea) am Gran Teatre del Liceu Barcelona gesungen. Im Konzertbereich trat er bereits mit dem Ensemble Matheus, Le Cercle de l’Harmonie und Le Concert d’Astrée auf und war mit dem Orchestre National de Paris unter Kurt Masur, James Conlon und Daniele Gatti und mit dem Orchestre de Paris unter Louis Langrée, Jérémie Rohrer und Bertrand de Billy zu erleben. Am Opernhaus Zürich war er als Osmin (Die Entführung aus dem Serail), Créon (Médée), Seneca (L’incoronazione di Poppea) sowie in Il viaggio a Reims, King Arthur, Le Comte Ory und Semele zu hören.
Julie Fuchs, Donna Fiorilla, Gemahlin von Don Geronio
Julie Fuchs
Julie Fuchs, französische Sopranistin, studierte Violine und Schauspiel in Avignon sowie Gesang am CNSM in Paris. Von 2013 bis 2015 gehörte sie zum Ensemble des Opernhauses Zürich und kehrt seither immer wieder nach Zürich zurück. Hier sang sie u.a. Morgana (Alcina), Susanna (Le nozze di Figaro), Rosane (La verità in cimento), Contessa di Folleville (Il viaggio a Reims), Fiorilla (Il turco in Italia), Norina (Don Pasquale) sowie die Titelrolle in L’incoronazione di Poppea. Sie wurde dreimal bei den Victoires de la Musique ausgezeichnet und ist Chevalier de l’ordre des Arts et des Lettres. In jüngster Zeit war sie als Marie (La Fille du régiment) in Wien zu hören, als Fiorilla in Neapel, als Cleopatra (Giulio Cesare) in Amsterdam, als Leïla (Les Pêcheurs de perles) am Théâtre des Champs-Élysées, als Giunia (Lucio Silla) und Gilda (Rigoletto) in Madrid, als Musetta (La bohème) in München, als La Folie (Platée), Pamina (Die Zauberflöte), Giulietta (I Capuleti e i Montecchi) und Nannetta (Falstaff) an der Opéra de Paris, als Susanna beim Festival d’Aix-en-Provence, als Mélisande und Poppea in Barcelona, als Partenope in San Francisco, als Micaëla (Carmen) in Gstaad, als Adèle (Le comte Ory) an der Opéra Comique, in Versailles und in Pesaro sowie auf Tournee mit Marc Minkowski und Les Musiciens du Louvre als Aspasia (Mitridate). 2024/25 kehrt sie als Marie an die Opéra de Paris und als Susanna an die Bayerische Staatsoper zurück. Ausserdem singt sie La Stronatrilla (L’Opera Seria) an der Mailänder Scala und Cleopatra am Liceu in Barcelona. Ihr drittes Soloalbum, Amadè, ist 2022 bei Sony erschienen.
Renato Girolami, Don Geronio
Renato Girolami
Renato Girolami, Bariton, stammt aus Umbrien und studierte in Rom und an der Münchner Musikhochschule sowie in Berlin bei Dietrich Fischer-Dieskau. Zunächst Mitglied der Volksoper Wien, war er von 1991 bis 1996 im Ensemble der Wiener Staatsoper. Gastengagements als freischaffender Künstler führten ihn seither u.a. nach Tokio, Santiago de Chile, Tel Aviv, Zürich, Marseille, Barcelona, Venedig, Mailand, Berlin sowie zu den Festspielen in Salzburg und Schwetzingen. Als Bartolo (Il barbiere di Siviglia) trat Renato Girolami u.a. in München, Wien, Hamburg und Berlin auf. An der Staatsoper Dresden debütierte er mit Don Magnifico (La Cenerentola) und am Theater St. Gallen war er als Figaro und als Giorgio Germont zu hören. Weiterhin gehören zu seinem Repertoire Partien wie Raimondo/Enrico (Lucia di Lammermoor), Mustafa (L’italiana in Algeri), Don Alfonso (Così fan tutte), Leporello (Don Giovanni), Schaunard (La bohème) und Sharpless (Madama Butterfly). Unter Renato Girolamis jüngsten Verpflichtungen finden sich Gastspiele als Don Bartolo an der Oper Köln, der Staatsoper Unter den Linden und an den Festtagen Berlin und am Teatro Real in Madrid, als Don Magnifico an der Bayerischen Staatsoper und als Dulcamare beim Glyndebourne Festival 2023. In Zürich war er bisher als Bartolo, Geronimo (Il matrimonio segreto), Dulcamare (L’elisir d’amore), Don Geronio (Il turco in Italia) und Fra Melitone (La forza del destino) zu erleben.
Edgardo Rocha, Don Narciso, Fiorillas Liebhaber
Edgardo Rocha
Edgardo Rocha, geboren in Rivera (Uruguay), studierte Klavier sowie Chor- und Orchesterleitung an der Universität in Montevideo, zog 2008 nach Italien und absolvierte seine Gesangsausbildung bei Salvatore Fisichella. 2010 gab er beim Festival della Valle d’Itria sein Debüt in der Titelrolle von Donizettis Gianni di Parigi. Seine Engagements führten ihn seither u. a. als Don Ramiro (La Cenerentola) nach Barcelona, Seattle, Stuttgart, Sevilla, Bilbao, Amsterdam, Monte-Carlo und Versailles, als Ferrando (Così fan tutte) nach Neapel und Turin, als Dorvil (La scala di seta) sowie als Jago (Rossinis Otello) nach Zürich, als Almaviva (Il barbiere di Siviglia) u. a. an die Staatsopern in Wien, München, Dresden und Hamburg wie auch nach Valencia, Madrid, Neapel, Lausanne, Rom und wiederum nach Zürich. Neben Cecilia Bartoli sang er den Rodrigo (Otello) im Théâtre des Champs-Elysées und interpretierte dieselbe Rolle bei den Salzburger Festspielen. 2015 gab er sein Debüt an der Mailänder Scala als Jago und kehrte 2017 als Giannetto (La gazza ladra) dorthin zurück. Engagements führten ihn u. a. als Riccardo Percy (Anna Bolena) nach Genf, als Don Ramiro an die Bayerische und die Wiener Staatsoper, als Almaviva zu den Salzburger Festspielen sowie für eine Rossini-Gala an die Wiener Staatsoper. In Zürich war er zuletzt als Gérald (Lakmé), Cavaliere Belfiore (Il viaggio a Reims), Comte Ory und Don Narciso (Il turco in Italia) zu erleben – eine Rolle, die er auch in Mailand sang. Er gastierte ausserdem mit Maria Stuarda (Roberto) in Genf, mit La sonnambula (Elvino) an der Deutschen Oper am Rhein, mit Il barbiere di Siviglia in Monaco und Los Angeles sowie einer Neuproduktion von Il turco in Italia in Madrid.
Pietro Spagnoli, Prosdocimo, ein Dichter
Pietro Spagnoli
Pietro Spagnoli, geboren in Rom, ist seit vielen Jahren Gast auf den grossen Opernbühnen der Welt. Zum gefragten Bariton wurde er vor allem mit Partien von Mozart, Rossini und Donizetti, darunter Figaro und Conte Almaviva (Le nozze di Figaro), die Titelrolle in Don Giovanni, Guglielmo und Don Alfonso (Così fan tutte), Figaro (Il barbiere di Siviglia), Dandini und Don Magnifico (La Cenerentola), Belcore und Dulcamara (L’elisir d’amore), Malatesta (Don Pasquale) sowie Sulpice (La fille du régiment). An der Met in New York debütierte er als Dandini an der Seite von Juan Diego Flórez, Javier Camarena und Joyce di Donato. Er sang Prosdocimo in Aix-en-Provence, beim Rossini Festival in Pesaro sowie am Opernhaus Zürich, Sulpice am Teatro Real in Madrid, Don Magnifico, Don Pasquale, Belcore und Malatesta an der Wiener Staatsoper, Delirio in einer Neuproduktion von Gassmanns L’opera seria unter der Leitung von René Jacobs am Théâtre de la Monnaie in Brüssel, die Titelrolle in Falstaff an der Oper Shanghai, Almaviva am New National Theatre in Tokio, Don Profondo (Il viaggio a Reims) am Gran Teatre del Liceu in Barcelona, Don Alfonso an der Bayerischen Staatsoper, Mustafà (L’italiana in Algeri) am Teatro Municipal in Santiago de Chile und Dottor Bartolo am Rossini Opera Festival in Pesaro und der Semperoper Dresden. Die vergangenen Spielzeiten führten ihn u. a. als Leporello nach Bari, als Falstaff und Don Alfonso an die Staatsoper Hamburg, als Alidoro (La Cenerentola) an die Semperoper in Dresden, als Geronimo (Il matrimonio segreto) an die Scala in Mailand sowie als Prosdocimo, Mustafá und für Viva la mamma ans Opernhaus Zürich.
Rebeca Olvera, Zaida, eine Zigeunerin
Rebeca Olvera
Rebeca Olvera stammt aus Mexiko. Sie studierte am Conservatorio Nacional de Musica in Mexiko City und war von 2005 bis 2007 Mitglied des IOS am Opernhaus Zürich. Anschliessend wurde sie hier festes Ensemblemitglied und sang u.a. Adina (L’elisir d’amore), Norina (Don Pasquale), Berenice (L’occasione fa il ladro), Giulia (La scala di seta), Rosina (Paisiellos Il barbiere di Siviglia), Blonde (Die Entführung aus dem Serail), Madame Herz (Der Schauspieldirektor), Dorinda (Orlando), Isolier (Le comte Ory), Adalgisa (Norma) und Zaida (Il turco in Italia). Dabei arbeitete sie mit Dirigent:innen wie Ralf Weikert, Vladimir Fedoseyev, William Christie, Marc Minkowski, Nello Santi, Adam Fischer, Fabio Luisi, Diego Fasolis, Franz Welser-Möst, Emmanuelle Haïm und Alessandro De Marchi. Mit José Carreras gab sie Konzerte in Südamerika und Europa (Carreras-Gala 2007 in der ARD) und mit Plácido Domingo in Mexiko. 2016 sang sie Adalgisa in Norma neben Cecilia Bartoli im Théâtre des Champs-Élysées, beim Edinburgh Festival und im Festspielhaus Baden-Baden. In Zürich war sie als Despina, Musetta, Frasquita in Carmen, Mi in Das Land des Lächelns, Zaida in Il turco in Italia, Komtesse Stasi in Die Csárdásfürstin, Waldvöglein in Siegfried und Contessa di Folleville in Il viaggio a Reims zu hören – letztere Rolle sang sie auch an der Royal Danish Opera. Sie sang Isolier an der Opéra de Monte-Carlo und Clorinda (La Cenerentola) an der Wiener Staatsoper. Ausserdem trat sie als Berta (Il barbiere di Siviglia) und im Galakonzert Carmencita & Friends bei den Salzburger Festspielen auf.
Nathan Haller, Albazar, Zaidas Gefährte
Nathan Haller
Nathan Haller stammt aus Kanada und studierte Gesang an der Juilliard School in New York. 2013 war er Teilnehmer der Internationalen Meistersinger Akademie. Von 2015 bis 2017 war er Mitglied des Opernstudios OperAvenir am Theater Basel, wo er u.a. als Tamino (Die Zauberflöte), als Romeo in Blachers Romeo und Julia, in der Uraufführung Melancholia von Sebastian Nübling und Ives Thuwis, als Enoch Snow (Carousel) und als Oronte in Alcina zu erleben war. 2016 sang er Belmonte (Die Entführung aus dem Serail) am Akko Opera Festival in Israel. Auf der Konzertbühne war er u.a. am New York Festival of Song in der Carnegie Hall, mit dem russischen Kammerorchester St. Petersburg, in La Resurrezione unter William Christie und mit Masaaki Suzuki in Boston, New York, Leipzig und London zu hören. 2017/18 gastierte er an der Neuen Oper Wien als François in Leonard Bernsteins A Quiet Place, 2018/19 sang er Graf Albert (Die tote Stadt) mit der Nederlandse Reisopera und gastierte in Die Gezeichneten sowie als Albazar in Il turco in Italia am Opernhaus Zürich, wo er 2020/21 auch in der Hauptrolle von Mitterers Tapferem Schneiderlein zu sehen war. Seit der Spielzeit 2021/22 gehört Nathan Haller zum Ensemble des Opernhauses Zürich und war hier als Telemachos in der Uraufführung Die Odyssee, als Sir Hervey (Anna Bolena), Graf Elemer (Arabella), Bardolfo (Falstaff), Pedrillo (Die Entführung aus dem Serail), 1. Jude (Salome), Triquet (Jewgeni Onegin) und Gobin / Adolfo (La rondine) zu hören. Ausserdem sang er 2021 Lysander (A Midsummer Night’s Dream) an der Oper Malmö und 2023 Pong (Turandot) an der Deutschen Oper am Rhein.