30 Jahre Cecilia Bartoli am Opernhaus Zürich
Benefizkonzert für das Internationale Opernstudio
Seit ihrem Debüt am Opernhaus Zürich in der Spielzeit 1988/89 ist Cecilia Bartoli unserem Haus sehr verbunden. Viele ihrer Rollendebüts fanden hier statt – und schon der Cherubino 1990 unter Nikolaus Harnoncourt machte international Furore. Ihre Interpretationen von Rollen wie Donna Elvira (Don Giovanni), Fiordiligi (Così fan tutte), Angelina (La cenerentola), Desdemona (Rossinis Otello), Semele oder Alcina sind ebenso unvergessen wie Cecilia Bartolis Einsatz für Raritäten wie Paisiellos Nina, Halévys Clari und zuletzt Rossinis selten gespielte Oper Le Comte Ory, in der sie eine entzückende Adèle sang. Natürlich ist Cecilia Bartoli mittlerweile längst eine der weltweit erfolgreichsten Sängerinnen überhaupt – doch sie pflegt nach wie vor die besondere Verbindung zum Opernhaus. Und so möchte die Ausnahmekünstlerin auch ihr 30-jähriges Bühnenjubiläum hier am Opernhaus Zürich begehen, und zwar mit einem Benefizkonzert zugunsten unseres Internationalen Opernstudios. In ihrem Gala-Konzert unter der Leitung von Gianluca Capuano unternimmt die Mezzosopranistin einen Streifzug durch die Rollen, die sie während der letzten 30 Jahre am Opernhaus Zürich gesungen hat, und interpretiert Arien aus Opern von Wolfgang Amadeus Mozart, Gioachino Rossini und Georg Friedrich Händel.
Gianluca Capuano, Dirigent
Cecilia Bartoli, Mezzosopran
Orchestra La Scintilla
Georg Friedrich Händel
Wolfgang Amadeus Mozart
Gioachino Rossini
Ausgewählte Arien
Do 1O Jan 2O19, 19.3O
Preise in CHF: 270, 216, 184, 98, 38
Semele von Georg Friedrich Händel mit anschliessendem Dinner auf der Bühne
Sinnlich, vielschichtig und psychologisch ausgefeilt, ist Semele eine der schönsten Frauenfiguren Händels – eine Paraderolle für Cecilia Bartoli. An ihrer Seite sind der kanadische Tenor Frédéric Antoun und die serbische Mezzosopranistin Katarina Bradić zu erleben. Wie schon bei der Premiere steht mit William Christie einer der grossen Barock-Spezialisten unserer Zeit am Pult des Orchestra La Scintilla.
Ihr 30-jähriges Bühnenjubiläum am Opernhaus Zürich feiert Cecilia Bartoli mit einer Galavorstellung der Semele am 6 Jan 2019 um 16 Uhr mit anschliessendem Dinner auf der Bühne. Feiern Sie zusammen mit Cecilia Bartoli und den Künstlerinnen und Künstlern der Vorstellung, der Intendanz des Opernhauses und illustren Gästen das Bühnenjubiläum einer der grössten Künstlerinnen unserer Zeit.
Preise: Apéro, 3-Gang-Menü inkl. aller Getränke: CHF 350.
Eintrittskarten für die Vorstellung nach Platzkategorien: CHF 320, 250, 220, 98, 38
Für Gäste, die an dem festlichen Bühnen-Dinner teilnehmen, sind Plätze in der Preiskategorie 1 im Parkett reserviert. Es können jedoch auch andere Plätze gebucht werden. Bitte richten Sie Ihre Bestellung an oder rufen Sie uns an unter +41 44 268 66 66.
Weitere Vorstellungen 31 Dez 2018; 2, 4, 8 Jan 2019
Gespräch
Eine besondere Beziehung
Im Februar 1989 sang Cecilia Bartoli zum ersten Mal am Opernhaus Zürich – den Cherubino in Mozarts «Le nozze di Figaro». Nun feiert sie ihr 30-jähriges Bühnenjubiläum mit Händel und einem Benefizkonzert. Im Gespräch mit Michael Küster blickt sie zurück auf ertragreiche Jahrzehnte.
Cecilia, wir treffen uns mitten im Wallis, wo du in Martigny gerade Rossinis Cenerentola gesungen hast. Das ist ein guter Ausgangspunkt für ein Gespräch, in dem es um 30 Jahre Cecilia Bartoli am Opernhaus Zürich gehen soll.
Die Angelina aus Rossinis Oper ist eine Schicksalspartie für mich. Diese Rolle begleitet mich jetzt seit fast einem Vierteljahrhundert, seit ich sie in Zürich zum ersten Mal gesungen habe. Hier in Martigny haben wir La Cenerentola anlässslich des 40-jährigen Bestehens der Fondation Gianadda aufgeführt. Die Produktion, mit der ich – gemeinsam mit wunderbaren Sängerkollegen und dem Orchester «Les Musiciens du Prince» – seit einiger Zeit in ganz Europa unterwegs bin, basiert tatsächlich auf jener Zürcher Inszenierung von Cesare Lievi, in der ich bereits vor 24 Jahren aufgetreten bin. Diese Aufführung war dann 1997 in ähnlicher Form auch an der Metropolitan Opera in New York zu sehen. Man mag es heute kaum glauben, aber es handelte sich damals allen Ernstes um die Erstaufführung von La Cenerentola an der MET. Bis dahin hatte es dort lediglich Il barbiere di Siviglia, Guillaume Tell, Semiramide und L’italiana in Algeri gegeben, und das war’s dann auch schon mit Rossini. In der Folgezeit habe ich die Angelina immer wieder gesungen, und bis heute steht sie im Zentrum meines Rossini-Repertoires. Vor allem in vokaler Hinsicht ist sie äusserst interessant und anspruchsvoll. Rossini war ja nicht nur einer der bedeutendsten Komponisten überhaupt, sondern er galt auch als ausgewiesener Kenner der menschlichen Stimme. Er wusste sehr genau, was nötig ist, um Frische, Elastizität und Umfang einer Stimme zu trainieren und zu erhalten. Seine Kompositionen fordern den Sänger buchstäblich heraus, seine Stimme beweglich und frisch zu halten. Rossinis Musik eignet sich deshalb sehr für das Training der Stimme und hilft einem, seine stimmlichen Qualitäten über einen langen Zeitraum zu bewahren. In dieser Beziehung ist La Cenerentola eine Lehrstunde: Angelina ist fast ununterbrochen auf der Bühne, aber ihre wichtigste Arie kommt erst ganz zum Schluss. Da muss ich sehr genau wissen, wie ich mit meiner Energie haushalte, damit sie bis zum Ende reicht. Angelinas Schlussrondo gehört zum Schwierigsten, was Rossini komponiert hat, aber ich freue mich jedes Mal darauf, es zu singen.
Das Rossini-Fieber hat dich seit deinen Zürcher Anfängen nicht mehr losgelassen. Wie ging die Entwicklung weiter?
Am Anfang meiner Karriere habe ich mich durch Rossinis Buffa-Rollen gesungen, und vor kurzem fand das in Zürich mit der Comtesse Adèle in Le Comte Ory noch einmal eine schöne Fortsetzung. Immer mehr habe ich mich aber auch für Rossinis Seria-Opern zu interessieren begonnen. Wir vergessen heute oft, dass Rossini zu Lebzeiten weit berühmter für seine Seria-Opern als für die Buffo-Opern war. Mein Weg hat mich so zur Desdemona im Zürcher Otello geführt – und zur Elena in La donna del lago, die wir in Salzburg aufgeführt haben. Es ist ja einer der Vorzüge des Älterwerdens, dass man sich auch ganz neue Rollen erschliessen und in einen anderen Rollentyp hineinwachsen kann.
Gehen wir doch noch einmal zu den Anfängen zurück. Welche Erinnerungen hast du an deinen ersten Auftritt in Zürich?
Meine ersten beiden Rollen, die ich kurz nacheinander in Zürich gesungen habe, waren Cherubino in Le nozze di Figaro und Rosina im Barbiere di Siviglia. Den Figaro hat damals Nikolaus Harnoncourt dirigiert, und auch die Inszenierung von Jean-Pierre Ponnelle ist mir in sehr lebendiger Erinnerung. Quicklebendig musste Cherubino da mit einem riesigen Federhut und einer unglaublichen Mähne herumtollen. Von Harnoncourt war ich am Anfang völlig irritiert. Es war das erste Mal, dass ich mit einem Vertreter der historischen Aufführungspraxis musiziert habe. Seine Schlagtechnik war völlig anders, als ich sie etwa von Daniel Barenboim und anderen Dirigenten gewohnt war. Harnoncourt hatte etwas von einem Guru, und anfänglich fiel es mir gar nicht so leicht zu verstehen, was er da gerade mit seinen Händen machte. Ich habe also meine Mutter angerufen und ihr von diesem unheimlichen Dirigenten berichtet, der sich so verrückt bewegen würde und bei dem man nie wisse, wo er mit seinen wilden Augen gerade hinschaut. Meine Mutter hat mich dann beruhigt: «Er ist grossartig, und du wirst das verstehen. Du musst dich einfach nur daran gewöhnen.» Sie hatte natürlich Recht, aber im ersten Moment war es für mich ein echter Schock.
In den folgenden Jahren ist Nikolaus Harnoncourt für dich zu einem der wichtigsten Dirigenten und Inspiratoren geworden. Wie hat er dein musikalisches Denken beeinflusst?
Vor allem in unserer Zusammenarbeit mit dem Orchestra La Scintilla, aber auch mit seinem eigenen Orchester, dem Concentus Musicus Wien, hat Harnoncourt mir die Augen für das Musizieren auf historischen Instrumenten geöffnet. Das waren völlig neue Klangdimensionen im Vergleich zu den modernen Orchestern, mit denen ich bis dahin gearbeitet hatte. Plötzlich war da eine neue Art von Freiheit: eine Freiheit der Struktur, des Denkens und des Musizierens! Harnoncourt hat in mir das Interesse für die in Vergessenheit geratenen Opern des 17. und 18. Jahrhunderts geweckt, die in den folgenden Jahren immer wichtiger für mich werden sollten. Auch meine Bekanntschaft mit Joseph Haydn verdanke ich ihm. Während meiner Zeit in Rom hatte ich nie etwas von Haydn gesehen, und noch heute ist er in Italien eher der grosse Unbekannte. Gelegentlich wird mal eine Sinfonie gespielt, aber seine Opern sind nach wie vor eine völlige Terra incognita. Harnoncourt war ein einzigartiger Mentor, der mich in unbekannte Bereiche des Repertoires und neue Klangdimensionen geführt hat. Dafür bin ich unendlich dankbar.
Wie konnte sich deine lange und kontinuierliche Beziehung zum Opernhaus Zürich entwickeln?
Als ich nach Zürich kam, war dort Christoph Groszer Intendant. Ihm folgte wenig später Alexander Pereira, der mich über all die Jahre gefördert hat. Ich hatte damals sofort das Gefühl, in eine grosse Familie aufgenommen zu werden. Obwohl ich selbst in einem Opernhaus aufgewachsen bin – meine Eltern sangen im Chor der Opera di Roma –, fühlte sich das in Zürich völlig anders an. Die Oper schien und scheint das eigentliche Zuhause der Musiker zu sein. Die Menschen, die hier arbeiten, brennen für dieses Haus, identifizieren sich mit ihm bis zur Selbstaufgabe. Das erscheint mir bis heute immer wieder einzigartig.
Was schätzt du an den architektonischen Eigenschaften des Hauses, inwiefern kommen sie deiner Stimme entgegen?
Die für ein Opernhaus geradezu intimen Raumverhältnisse wirken sich direkt auf die kreative Atmosphäre in diesem Theater aus. So beflügelnd wie hier habe ich das nirgendwo sonst erlebt. Die eher kleinen, räumlichen Dimensionen sind ein grosser Vorzug. Zuschauerraum, Orchestergraben und Bühne liegen so dicht beieinander, dass man nicht nur mit der Stimme, sondern sogar mit den Augen kommunizieren kann. Sprechen? Flüstern? Kein Problem. Das sind ideale Bedingungen, um eine Kultur des Pianos zu entwickeln. Um der Musik der grössten Komponisten gerecht zu werden, muss ich wissen, wie ich mit der Stimme Farben entwickeln kann. Wer nur mit einer Farbe, einer Lautstärke singt, zerstört die Musik. Kein Komponist hat nur im Forte komponiert. Dennoch haben viele Sänger die Tendenz zum ständigen Forcieren. Es ist halt am einfachsten! Für ein echtes Piano bedarf es jedoch einer ausgefeilten Technik. Um sie zu schulen, eignet sich das Opernhaus Zürich perfekt.
Immer wieder ist dein Publikum in den vergangenen 30 Jahren Zeuge geworden, mit wie viel Neugier und Leidenschaft du all deine Projekte beflügelst. Sind das Dinge, die du in Zürich gelernt hast?
Nein. Sie gehören zu meinem Naturell, meinem Charakter. Aber in Zürich hatte ich die einzigartige Möglichkeit, von anderen Musikern und Dirigenten zu lernen. In diesem Theater werden jede Saison an die 250 Vorstellungen gespielt, das ist enorm und unglaublich. Die Möglichkeit zu haben, nicht nur dort zu singen, sondern auch viele Aufführungen mit einigen der grössten Sängerinnen und Sängern der Gegenwart zu erleben, war für mich eine einzigartige Inspirationsquelle. Gruberova, Raimondi … die Namensliste würde jetzt wirklich viel zu lang werden.
Als Säulen deines Zürcher Repertoires dürfen Rossini, Mozart und Händel gelten. Daneben hast du dich immer wieder für Ausgrabungen und Raritäten stark gemacht. Was waren die wichtigsten Rollen in Zürich für dich?
Das lässt sich nur schwer definieren, weil jede Rolle auf ihre Weise wichtig war. An erster Stelle stehen für mich sicher die Rossini-Rollen. Mich durch das Mozart- Repertoire zu singen, habe ich aber genauso genossen. Dorabella und Despina in Così fan tutte hatte ich bereits in meinem Repertoire, bevor ich dann in Zürich endlich auch Fiordiligi sein durfte. In Le nozze di Figaro stand ich als Cherubino und Susanna auf der Bühne, und in Don Giovanni habe ich Zerlina und Donna Elvira gesungen. Dabei war dieser Wechsel der Rollen immer auch ein Spiegel meiner stimmlichen Entwicklung. Bei den Ausgrabungen erinnere mich vor allem an Paisiellos Nina und natürlich an Clari, diese völlig verrückte Oper von Halévy. Aber auch die Geschichte, wie ich zu Händel gekommen bin, ist lustig. Nikolaus Harnoncourt hatte sehr kurzfristig eine Neuproduktion von Haydns Armida abgesagt. Man war also dringend auf der Suche nach einer Alternative, wobei es unbedingt ein Stück ohne Chor sein musste. Ich habe Alexander Pereira dann das Oratorium Il trionfo del tempo e del disinganno vorgeschlagen, das ich zuvor einmal mit Harnoncourt aufgeführt hatte. Ein absolutes Meisterwerk – und mein erster Händel in Zürich. Marc Minkowski hat dirigiert, und diese Aufführung wurde dann zu einem der grössten Erfolge jener Saison. Manchmal entwickeln sich die Dinge wirklich rein zufällig. In der Folge von Il trionfo del tempo kamen dann Giulio Cesare in Egitto, Semele und Alcina, so dass Händel – ähnlich wie Rossini – eine neue Bedeutung im Repertoire des Opernhauses Zürich gewonnen hat.
Dein 30-jähriges Bühnenjubiläum am Opernhaus Zürich feiern wir ebenfalls mit Händel. Warum ausgerechnet Semele?
Ähnlich wie Il trionfo del tempo ist auch Semele ein Lehrstück in Philosophie. Was mich an Semele immer wieder fasziniert, ist die Unbedingtheit, mit der sie sich gegen die von ihrem Vater bestimmte Heirat mit Athamas stellt, und die Bereitschaft, für ihre gleichwohl aussichtslose Liebe zu Jupiter zu kämpfen. Hinter der Maske der Schönheit lauert jedoch der Tod. Semele kennt keine Demut, und so wird ihr der Wunsch, unsterblich und den Göttern gleich zu sein, zum Verhängnis. Was dieses Stück jedoch ganz und gar besonders macht, sind die Chöre. In Händels italienischen Opern gibt es nichts Vergleichbares. Die Solisten haben in Semele wunderbare Musik zu singen, aber in guten Aufführungen ist der Chor der heimliche Star des Abends.
Du hast von Demut gesprochen. In welchen Situationen bist du selbst demütig?
Ganz sicher in der täglichen Auseinandersetzung mit den Werken der grossen Komponisten. Was wären wir Instrumentalisten – und als eine solche sehe ich mich – ohne die Komposition, ohne die Partitur? Sie ist die Basis für alles, was wir als Musiker machen. Musik kann uns trösten, wenn wir allein sind. Sie begleitet uns in den schönen und traurigen Momenten unseres Daseins. Bei diesem Gedanken empfinde ich Demut.
Seit 2012 bist du Künstlerische Leiterin der Salzburger Pfingstfestspiele. Welche Wechselwirkungen und Synergieeffekte gibt es da mit dem Opernhaus Zürich?
In Salzburg kann ich auf viele Erfahrungen aus Zürich zurückgreifen. Händels Giulio Cesare in Egitto haben wir zum Beispiel in einer neuen Produktion herausgebracht, in der ich mich noch einmal sehr intensiv mit der Rolle der Cleopatra auseinandergesetzt habe. Im kommenden Juni gibt es eine neue Inszenierung von Alcina. Unsere Salzburger Norma war in Zürich zu sehen, und ich hoffe sehr, dass sich auch in Zukunft derartige Kooperationen verwirklichen lassen. Besonders freue ich mich aber auf ein gemeinsames Projekt mit Andreas Homoki. Es wird, so viel darf ich hier verraten, die Oper eines Komponisten sein, von dem ich bisher noch nichts in Zürich gesungen habe.
Neben der Gala-Vorstellung von Händels Semele feiern wir dein Jubiläum auch mit einem Benefizkonzert am 10. Januar 2019, dessen Erlös dem Internationalen Opernstudio zugutekommt. Aber das ist nur ein Beispiel deines Engagements für junge Sängerinnen und Sänger.
Gemeinsam mit meiner Stiftung und der DECCA haben wir gerade ein Projekt initiiert, das jungen Künstlern Starthilfe leisten soll. Unter dem Titel «Mentored by Bartoli» wollen wir nicht nur Musiker am Anfang ihrer Karriere fördern, sondern auch solche, die bereits weiter oben auf der Karriere leiter stehen, aber bisher nicht die Möglichkeiten für eine Studioaufnahme hatten. Die erste Veröffentlichung in dieser Reihe geht auch auf eine «Zurich Connection» zurück. Mit Javier Camarena gilt sie einem Sänger, der aus dem Internationalen Opernstudio hervorgegangen ist. Er ist ein grossartiger Bühnenpartner und wird heute zu Recht bereits weltweit gefeiert. Mit den «Musiciens du Prince» hat er Arien von Manuel Garcia, einem der grössten Tenöre des 19. Jahrhunderts, aufgenommen. Bei meinem Konzert für das Internationale Opernstudio werde ich, begleitet vom Orchestra La Scintilla, mit einigen der jungen Sängerinnen und Sänger des IOS auftreten. Das ist die neue Sängergeneration, und wir haben geradezu die Verpflichtung, ihr Auftrittsmöglichkeiten zu verschaffen. Gemeinsam unternehmen wir einen Streifzug durch die Opern, die ich während der letzten dreissig Jahren am Opernhaus Zürich gesungen habe. Nach einer äusserst vielversprechenden Audition vor ein paar Wochen freue ich mich riesig auf diesen spannenden Abend.
Das Gespräch führte Michael Küster.
Foto von Uli Weber.
Dieser Artikel ist erschienen in MAG 64, November 2018.
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Fotogalerie
Cecilia Bartoli
Drei Fragen an Andreas Homoki
Cecilia Bartoli feiert in dieser Spielzeit ihr dreissigjähriges Bühnenjubiläum. Wie wichtig ist diese Künstlerin für das Opernhaus Zürich?
Sehr wichtig – sie ist fast so etwas wie eine Botschafterin unseres Hauses. Seit Beginn ihrer Karriere ist Cecilia dem Zürcher Opernhaus sehr eng verbunden. Mir fällt keine andere Sängerpersönlichkeit in der Geschichte unseres Hauses ein, die mit einer vergleichbaren internationalen Ausstrahlung und gleichzeitig mit einer so grossen Beständigkeit hier immer wieder aufgetreten ist. Das ist etwas ganz Besonderes. Darüber freuen wir uns, und das wollen wir – gemeinsam mit ihr – auch feiern mit einer Wiederaufnahme von Händels Semele zum Jahreswechsel, in der sie die Hauptrolle singt, sowie mit einem grossen Benefizkonzert am 10. Januar zugunsten unseres Internationalen Opernstudios, in dem Cecilia ebenfalls im Mittelpunkt steht.
Wo liegen Cecilia Bartolis Qualitäten aus Ihrer Sicht?
Sie ist auf der einen Seite immer auf der Suche nach neuen Opern und Partien, die für sie gut geeignet sind und geht andererseits sehr bewusst mit dem Repertoire um, für das sie sich entschieden hat. Sie ist wahnsinnig selbstkritisch, beobachtet sich genau und ist alles andere als leichtsinnig im Ausprobieren neuer Rollen. Dazu passt, dass sie gerne und viel probt und überhaupt immer sehr, sehr hart an sich arbeitet. Cecilia weiss eben, dass an ihren Namen überall grosse Erwartungen geknüpft werden – und stellt sich dieser Verantwortung. Sie ist ein totaler Teamplayer, weiss, dass im Rahmen einer szenischen Opernproduktion für einen Erfolg alle Rädchen ineineinander greifen müssen und die beteiligten Künstler nur gemeinsam etwas erreichen können. Trotzdem ist sie sich immer im Klaren darüber, dass sie in den Aufführungen meist im Zentrum stehen wird. Das ist ein grosser Druck, der belastend sein kann und mit dem man zurecht kommen muss. Die wirklich grossen Künstler konkurrieren ja vor allem mit sich selbst, mit dem Nimbus, der mit ihnen verbunden ist, und weniger mit anderen Künstlern. Dass Cecilia diesen hohen Selbstanspruch über Jahrzehnte hinweg einlöst, finde ich bewundernswert. Sie hängt sich immer wieder wieder voll rein in ihre Projekte – und ist dann aber auch der unangefochtene Star. Zu Recht! Denn eines ist völlig klar: Cecilia Bartoli ist als Sängerin eine absolut singuläre Erscheinung am Opernhimmel. Figuren von solchem Format kann man weltweit an einer Hand abzählen – wenn es überhaupt eine Hand wird.
Man nimmt es in Zürich gerne für selbstverständlich, dass Cecilia Bartoli hier singt. Ist es das auch?
Cecilia hat ganz klare Präferenzen, was ihre Arbeit angeht. Ganz wichtig für sie ist die Arbeit rund um ihre grossen, regelmässigen CD-Projekte, die von der Stückrecherche über die Aufnahme bis hin zu weltweiten Tourneen viel Zeit in Anspruch nehmen. Dann ist sie seit einigen Jahren Künstlerische Leiterin der Salzburger Pfingstfestspiele, wo sie auch selbst jedes Jahr singt. Für die Auftritte an den anderen Opernhäusern dieser Welt, die sie natürlich alle präsentieren wollen, bleibt da nicht mehr viel Zeit. Deshalb bin ich glücklich, dass Cecilia die vielen vertrauensvollen Verbindungen in unser Haus schätzt – nicht zuletzt mit den Musikern unseres La Scintilla-Ensembles – und regelmässig bei uns auftritt. Dieses Privileg gilt es natürlich, künstlerisch so ertragreich wie möglich zu nutzen – auch mit Neuproduktionen. Ich will da im Moment noch nicht zu viel verraten, aber doch so viel, dass wir hier in Zürich auch über das dreissigjährige Bühnenjubiläum von Cecilia Bartoli hinaus spannende gemeinsame künstlerische Pläne haben.
Dieser Artikel ist erschienen in MAG 64, November 2018.
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