Zum Tod von
Hans Neuenfels

* 31. Mai 1941 in Krefeld; † 6. Februar 2022 in Berlin

 

Hans Neuenfels (links) bei Proben zu «Orest» am Opernhaus Zürich

Er hat Massstäbe gesetzt

Das Opernhaus Zürich trauert um Hans Neuenfels, der am 6. Februar im Alter von 80 Jahren gestorben ist. Der deutsche Regisseur, Theaterautor, Schriftsteller und Intellektuelle war einer der bedeutendsten Opernmacher der vergangenen fünfzig Jahre. Mit seinen Regiearbeiten hat er Inszenierungsmaßstäbe gesetzt, Skandale ausgelöst und Theatergeschichte geschrieben. Seine legendäre, von Buhstürmen und Bombendrohungen begleitete «Aida», die Anfang der 1980er-Jahre in Frankfurt herauskam, war die Stunde Null eines neuen Blicks auf die etablierten Werke des Opernrepertoires: Neuenfels löste die Stücke aus ihren Ausstattungskonventionen und überführte sie in die gesellschaftliche Gegenwart, legte Widersprüche in der Werkgestalt polemisch offen, suchte nach den Trieb-Tiefenschichten in den Figuren, konfrontierte die Opern mit ihrer Aufführungsgeschichte und formte sie immer wieder mit seiner surrealen Bildfantasie und überraschenden Assoziationsräumen zu sinnlich spektakulären Theaterereignissen.

Kaum einer vermochte das Publikum so sehr in Begeisterte und Empörte zu spalten wie der in Krefeld geborene und in seinem Lebensort Berlin verstorbene Opernmacher.

Am Opernhaus Zürich hat Hans Neuenfels im Jahr 2013 im Rahmen der Festspiele Zürich die selbstgeschriebene Richard-Wagner-Fantasie «Wie ich Welt wurde» auf die Bühne gebracht und vier Jahre später die Oper «Orest» von Manfred Trojahn. Mit dem Intendanten Andreas Homoki pflegte er eine enge künstlerische Partnerschaft: Neuenfels war auch ein spielplanprägender Regisseur an Homokis früherem Wirkungsort, der Komischen Oper in Berlin.

«Mit Hans Neuenfels verlässt ein wahrer Berserker des Theaters die Bühne des Lebens. Ein wirklicher Künstler, der sich bis in seine letzten Schaffensjahre eine kindliche Freude am Spiel hat bewahren können. Obwohl er oft und gern den bösen Buben spielte, war er doch ein Gentleman alter Schule, der die Fähigkeit hatte, uns alle immer wieder zu überraschen. Ich werde seine überbordende Fantasie und seine Selbstironie sehr vermissen.»

Andreas Homoki, Intendant Opernhaus Zürich