Messa da Requiem
Requiem von Giuseppe Verdi (1813-1901)
Koproduktion der Oper Zürich mit dem Ballett Zürich
Choreografie von Christian Spuck
In italienischer Sprache. Dauer 1 Std. 30 Min. Keine Pause. Werkeinführung jeweils 45 Min. vor Vorstellungsbeginn.
Unterstützt von der Georg und Bertha Schwyzer-Winiker Stiftung
Vergangene Termine
Februar 2024
28
Feb19.00
Messa da Requiem
Requiem von Giuseppe Verdi, Ballett von Christian Spuck, Mittwoch-Abo A
März 2024
02
Mär19.00
Messa da Requiem
Requiem von Giuseppe Verdi, Ballett von Christian Spuck, Ballett-Abo Gross
08
Mär19.00
Messa da Requiem
Requiem von Giuseppe Verdi, Ballett von Christian Spuck, Freitag-Abo B
22
Mär19.00
Messa da Requiem
Requiem von Giuseppe Verdi, Ballett von Christian Spuck, Italienische Oper-Abo
28
Mär19.00
Messa da Requiem
Requiem von Giuseppe Verdi, Ballett von Christian Spuck, Donnerstag-Abo B
April 2024
Gut zu wissen
Messa da Requiem
Kurzgefasst
Messa da Requiem
Giuseppe Verdis Messa da Requiem gehört zu den populärsten Stücken des Konzertrepertoires. In einer aufsehenerregenden Koproduktion von Oper und Ballett Zürich hat Christian Spuck das oratorische Werk 2016 für vier Sängersolisten, grossen Chor und Orchester als Kombination aus Tanz, abstrakter Szene, Raum und Licht auf die Bühne gebracht. Inzwischen hat diese Produktion ihren Weg um die Welt angetreten und ist 2023 auch in Amsterdam, Berlin, Adelaide, Helsinki und Toronto zu sehen.
Obwohl er kein Anhänger der katholischen Kirche war, hat Verdi in seiner 1874 uraufgeführten Totenmesse den lateinischen Text des katholischen Sterbeamts vertont. Sein Requiem zielt nicht auf kirchlich-religiöse Botschaften, sondern auf die letzten Fragen des menschlichen Daseins im Allgemeinen. Dementsprechend hat auch Christian Spuck keine Schreckensbilder des Jüngsten Gerichts – von denen der lateinische Messetext handelt – in Szene gesetzt, sondern sich an einer abstrakten Visualisierung der Musik versucht. Seine Inszenierung nimmt den Menschen im Angesicht des Todes in den Blick und begibt sich auf eine feinfühlige Spurensuche nach dem Woher und dem Wohin des Menschen zwischen furchterregender Todesnähe, Vereinsamung, solidarischer Gemeinschaft und Trauerverarbeitung. Mit einer behutsamen Bewegungsregie setzt Christian Spuck den grossen Chor und das Sängersolisten-Quartett in Beziehung zu den Tänzerinnen und Tänzern des Balletts Zürich, die vom solistisch getanzten Schrecken im Dies Irae bis zum intimen Pas de deux im Agnus Dei die enorme Spannweite der Dramatik von Verdis Musik ausagieren.
Der grosse Verdi-Kenner Marco Armiliato steht bei dieser Wiederaufnahme am Pult der Philharmonia Zürich. Die Besetzung verspricht mit Krassimira Stoyanova, Agnieszka Rehlis, Stephen Costello und Georg Zeppenfeld sängerisches Weltklasse-Niveau.
Gespräch
Die Hoffnung sind wir selbst
Christian Spuck inszenierte Giuseppe Verdis «Messa da Requiem» als szenische Gemeinschaftsproduktion von Oper und Ballett. Ein Gespräch mit dem Regisseur und Choreografen vor der Premiere 2016 über die Chancen und Gefahren, ein grossformatiges Oratorium auf die Opernbühne zu bringen.
Christian, unsere Requiem-Aufführung ist ein Gemeinschaftsprojekt von Oper und Ballett Zürich. Wie kam es dazu?
In einer Umfrage unseres Opernhaus-Magazins zum 200. Geburtstag von Giuseppe Verdi habe ich erzählt, dass das Requiem für mich persönlich zu den berührendsten Werken gehört, die ich kenne, und es mich reizen würde, das einmal choreografisch auf die Bühne zu bringen. Kurze Zeit später stand Andreas Homoki in meinem Büro und sagte: «Das müssen wir unbedingt machen!»
Woher rührt denn deine persönliche Beziehung zu dem Stück?
Ich habe das Verdi-Requiem zum ersten Mal als 17-Jähriger im Radio gehört und fand es sofort so faszinierend, dass ich es mit meinem Kassettenrecorder aufgenommen habe. Es war die legendäre Toscanini-Aufnahme. Ich musste damals ein Referat über Franz Kafka schreiben, sass nächtelang daran und liess im Hintergrund immer diese Requiem-Musik laufen. Ohne sie ging nichts voran. Das war eine sehr subjektive erste Begegnung mit dem Stück in einer hochemotionalen Lebensphase. Auch wenn meine Auseinandersetzung mit dem Werk heute viel tiefer geht, spüre ich immer noch diese ganz persönliche Verbindung.
Welche Relevanz hat der religiöse Hintergrund des Werks für dich?
Es geht im Requiem ganz allgemein um die Auseinandersetzung des Menschen mit dem Tod. Um die grossen Fragen: Wer sind wir? Wo kommen wir her? Wo gehen wir hin? In der Reflexion über die Endlichkeit des Daseins sind wir mit uns selbst konfrontiert. Der Mensch blickt auf sich selbst im Angesicht des Todes, und ich glaube, in diesem Sinne hat der kirchenkritische Verdi sein Requiem auch komponiert. Er verwendet zwar den lateinischen Text aus der katholischen Liturgie, aber seine Totenmesse hat weltlichen Charakter und ist keine heilige Messe im kirchlichen Sinne. Sein Requiem wird ja auch traditionell mehr im Konzertsaal als in der Kirche aufgeführt. Das ist kein Zufall. Es zielt vielmehr auf das allgemein Menschliche als auf die konkrete religiöse Botschaft des Textes.
Was sagt dir dann der Text?
Ich finde ihn sehr problematisch, denn er formuliert im Grunde eine einzige grosse Drohgebärde: Der Mensch wird am Tag des Jüngsten Gerichtes vor den strafenden Gott und Richter geführt, der das Buch der Sünden aufschlägt und ihn entweder in den Himmel aufnimmt oder in die Verdammnis der Hölle schickt. Der Mensch tritt immerzu als angstzitterndes Wesen auf, das um Gnade fleht und sich nach Erlösung sehnt. Das Drohen mit dem Zorn Gottes, dem Dies irae, war ein probates Machtinstrument der katholischen Kirche. Aber darum ging es Verdi überhaupt nicht. Die Musik spiegelt das auch nicht wieder, in ihr geht es nicht in erster Linie um Angst. Sie erzählt von zarten Momenten der Trostsuche, des Loslassens, der menschlichen Gemeinschaft und der Hoffnung im Augenblick grössten Schmerzes. Das Lacrimosa zum Beispiel mit seiner wunderschönen, weit ausgreifenden Melodie ist für mein Empfinden wirkliche Trauerverarbeitung.
Aber das Dies irae besitzt schon alttestamentarische Wucht.
Klar, das ist sehr theatralisch. Da spürt man, dass Verdi Opernkomponist war. Die Musik ist unglaublich effektvoll. Aber ich empfinde sie nicht als angsteinflössend im Sinne des Textes. Für mich ist es eher der Schrecken des Todes selbst, seine Unerbittlichkeit, der in der Musik zum Ausdruck kommt.
Kann man also sagen, dass du in deiner Bühnenversion des Requiems nicht den katholischen Messtext, sondern die Musik interpretierst?
Absolut! Das ist für mich ganz klar. Wenn wir eine neue Szene proben, lese ich immer noch einmal den Text in der Hoffnung, darin etwas zu entdecken, das ich als Motivation in das Geschehen auf der Bühne einbringen kann. Aber das Werk erschliesst sich mir immer wieder rein durch die Musik.
Was prädestiniert das Verdi-Requiem für eine szenische Umsetzung?
Die Musik braucht keine Visualisierung, sie kann vollkommen für sich stehen. Deshalb habe ich mich ständig gefragt: Ist das richtig, was wir hier machen? Woraus kann ich eine Notwendigkeit dafür ableiten? Werden wir der Musik gerecht?
Was ist die grösste Gefahr bei einer Visualisierung?
Dass man anfängt, Geschichten zu erzählen. Dass man Menschen zeigt, die am Grab stehen oder ähnliches. Jeder Versuch, Gesten mit narrativer Bedeutung aufzuladen, geht in die falsche Richtung. Das macht die Aussage des Werks kleiner und endet ganz schnell beim Kitsch. Der Weg zu einer szenischen Realisierung führt nur über die Abstraktion. Mein Wunsch ist es, sechzehn grosse Tableaux zu entwickeln, die auf die Musik reagieren, ihr etwas Eigenes hinzufügen, szenische Kraft besitzen und den Betrachter die Musik anders hören lassen.
Schliesst die Abstraktion auch Emotionen aus?
Nein, natürlich nicht. Selbstverständlich will ich die starke Emotionalität, die der Musik innewohnt, auf die Bühne bringen. Und die vermittelt sich durch die Akteure – durch die Tänzer, durch die Sängersolisten, durch den Chor, durch die Orchestermusiker. Ganz wichtig dabei ist für mich, dass alle, die auf der Bühne stehen, keine Rolle spielen, sondern Menschen sind und sie selbst. Das ist ein zentrales Thema in allen Proben: Jeder ist er selbst. Die Emotionalität der Musik geht durch jeden Einzelnen hindurch in seiner ganzen künstlerischen Individualität. Das gilt für die Tänzer ebenso wie für die Sänger. Tanz und Gesang sind ja durchaus ähnlich in ihrer Ausdrucksart: Sie bewegen sich jenseits von Text und Bedeutung. Es sind abstrakte Sprachen, die viel mehr erzählen, als sich mit Worten ausdrücken lässt. Das Schöne am Gesang und am Tanz ist die Vieldeutigkeit, und die ist mir bei meiner Requiem-Inszenierung wichtig. Ich will, dass der Zuschauer selbst in den Bildern liest, was er darin lesen möchte.
Ist es nicht insbesondere für die Sänger schwer, «nichts» zu spielen?
Ja, das ist so, denn sie sind es gewohnt, immer in Rollen zu denken und für jede Geste und jeden Gang nach einer schauspielerischen Motivation zu suchen. Mir geht es aber gerade darum, dass sie beispielsweise keine konkreten Trauerszenen darstellen. Darüber haben wir zu Beginn der Probenzeit viel geredet, und inzwischen kommen sie einer emotionalen Authentizität, wie sie mir vorschwebt, schon viel näher. Die Tänzer haben es da einfacher, weil wir das Bewegungsmaterial immer erst abstrakt entwickeln. Erst, wenn es dann darum geht, Figuren zu entwickeln, nutzen wir das Material, um Charaktere zu formen. Deshalb tun sich Tänzer leichter damit, auf der Bühne einfach nur da zu sein und die Emotionen so mitzuteilen, wie sie sie selbst empfinden.
Du versuchst in dieser Produktion eine szenische Kombination aus Sängern, Tänzern und einem grossen Chor. Welche künstlerische Energie lässt sich aus dieser Konstellation gewinnen?
Der Wunsch, Tanz und Gesang zu verschränken, ist eigentlich immer zum Scheitern verurteilt. Man kann es versuchen, aber eine wirkliche Verschmelzung wird es nie geben, denn das würde bedeuten, dass der Sänger tanzt und der Tänzer singt. In meiner Choreografie berühren sich Sänger und Tänzer manchmal oder geben sich gegenseitig gestische Impulse, viel weiter kann ich in meiner abstrakten Lesart kaum gehen. Aber trotzdem passiert in den Proben sehr viel zwischen den sonst immer getrennten Abteilungen. Chor, Sängersolisten und Tänzer inspirieren sich gegenseitig, geben sich Energie, zollen einander Respekt, der sich in szenischer Spannung niederschlägt. Das empfinde ich als etwas sehr Schönes. Als der Chor zum ersten Mal in der Probe im äussersten Pianissimo die Anfangstakte des Requiems zu singen begann, waren die Tänzer völlig ergriffen davon, und umgekehrt übertrug sich die Konzentration in den Bewegungen der Tänzer auf den nur still dastehenden Chor. Dass sich eine gemeinsame künstlerische Energie entwickelt, ein Kontakt, ein Gemeinschaftsgefühl. Man spürt, wie alle füreinander da sind. Mir macht es viel Spass, mit dem Chor zu arbeiten. Er hat eine Zwischenfunktion, weil er singt, aber doch spielerisch aktiver ist als die Solisten. Er kann als anonyme Masse auftreten aber eben auch als eine grosse Gruppe von Individuen. Der Chor hat einen tollen Umgang mit der Abstraktion, nach der ich suche.
Wie hast du die Arbeit an deiner Inszenierung begonnen?
Ich bin in den Ballettsaal gegangen, habe mir einzelne Musikteile herausgesucht und einfach angefangen zu choreografieren. Dann haben wir das Erarbeitete liegen gelassen, wieder hervorgeholt und die Musik zu den Bewegungen gewechselt oder umgekehrt. Den Pas de trois am Anfang des Quid sum miser haben wir oft umgestellt und immer wieder anders gedacht. Es war ein ständiger Prozess des Suchens, der Annäherung und des Verwerfens. Ich habe bei dieser Produktion mehr Zweifel zugelassen als sonst, und ich bewahre mir mit den Tänzern die Freiheit, mich nicht endgültig festzulegen. Jetzt sind die Sängersolisten und der Chor hinzu gekommen, und wir suchen gemeinsam immer noch weiter.
Die gesamte Ballett-Compagnie ist im Requiem besetzt, und viele Tänzer sind mit solistischen Aufgaben betraut. Was hat dich dazu bewogen?
Ich wollte die ganze Compagnie an dieser Produktion beteiligen, weil sie so viele unterschiedliche Persönlichkeiten und Temperamente vereint. Jede Tänzerin und jeder Tänzer ist in der Lage, Verdis Musik auf eine ganz persönliche Weise zum Ausdruck zu bringen, und das wollte ich für die Produktion nutzen.
In welchem Raum ist eine szenische Aufführung des Requiems denkbar?
Christian Schmidt, unser Bühnenbildner, hat einen grossen, geschlossenen, dunklen, leeren Raum entworfen. Über der Decke tut sich kein Himmel auf und unter dem Boden keine Hölle. Die Menschen darin sind auf sich selbst zurückgeworfen. Es gibt schwarzen Schnee, der wie Asche wirkt, und wenig Licht. Irgendetwas Furchtbares scheint passiert zu sein, etwas, das alle gemeinsam betrifft und jeden Einzelnen für sich. Was das genau ist, spielt keine Rolle. Da wir es mit einem Requiem zu tun haben, kann man davon ausgehen, dass ein Verlust zu beklagen ist oder eine Begegnung mit dem Tod stattgefunden hat. Mehr wissen wir nicht.
Hält Verdis Totenmesse Trost für den Menschen bereit?
Nach den Schrecken des Dies irae wird das Stück ja wahrnehmbar ruhiger und schlägt auch berührend lyrische Töne an. Aber das Dies irae kehrt immer wieder zurück und entfaltet im abschliessenden Libera me noch einmal seine volle Wucht. Wir wissen ja, dass dieses Libera me der Urkern des gesamten Requiems ist. Verdi hat es als erstes komponiert und aus ihm dann die anderen Teile entstehen lassen. Insbesondere die Schlussfuge steht merkwürdig quer zu den vorherigen Teilen. In der Tonart und wie sie komponiert wurde, hat sie etwas sehr Lebensbejahendes und Diesseitiges und kennt kein Ausgreifen in religiöse Höhen. Ganz am Schluss aber erklingt noch einmal der Sopran mit einer flehenden Geste. Mit ihm kehrt das Dunkle, Traurige und Einsame wieder zurück.
Am Ende steht also ein Zeichen der Hoffnung?
Ich werde vielleicht kein Hoffnungszeichen inszenieren. Aber die Tatsache, dass da Menschen artikulieren, was sie im Innersten bewegt, ist natürlich ein enormes Hoffnungszeichen. Es gibt keinen anderen Grund für Hoffnung als uns selbst.
Das Gespräch führten Michael Küster und Claus Spahn.
Dieser Artikel ist erschienen in MAG 44, Dezember 2016.
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Zwischenspiel, 16.06.2023
Farewell, Christian Spuck
Zum Ausklang seiner Ballettdirektion blickt Christian Spuck gemeinsam mit Michael Küster zurück auf elf erfolgreiche Jahre mit dem Ballett Zürich. Zum Podcast
«Verdis Requiem getanzt – eine
Sternstunde im Zürcher Opernhaus»
SRF zur Premiere im Dezember 2016
Drei Fragen an Andreas Homoki
Verdis Messa da Requiem ist eine Totenmesse, ursprünglich also Kirchenmusik. Warum soll man sie szenisch auf der Bühne eines Opernhauses aufführen?
Als oratorisches Werk eines Komponisten, der sich sein Leben lang mit der Bühne auseinandergesetzt und fast nur Opern geschrieben hat, ist auch Verdis Totenmesse durch und durch theatralisch: Das Requiem hat alles, was ein aufregender Opernabend braucht – ausser einer Handlung im herkömmlichen Sinn. Verdi nimmt den liturgischen Text und verteilt ihn auf den Chor und vier Solostimmen. Damit hat er all das, was wir so an ihm schätzen und was ihn als Musikdramatiker ausmacht, in eine ganz freie Form gegossen, die den Vorteil hat, nicht den Bühnenkonventionen seiner Zeit folgen zu müssen. Man bekommt sozusagen Verdi pur. Einen Regisseur, der ein offenes Ohr für musikdramatische Wirkungen hat, wird dieses Werk immer zur Auseinandersetzung herausfordern. So habe ich selbst das Requiem vor 15 Jahren schon einmal inszeniert und wusste um das theatralische Potenzial dieses Stücks, als Christian Spuck vorschlug, es auf die Bühne zu bringen.
Warum wird das Requiem als Koproduktion von Oper und Ballett auf die Bühne kommen, und warum ist Ballettdirektor Christian Spuck der Regisseur und Choreograf dieser Aufführung?
Weil es eine tolle Möglichkeit ist, zwei tragende Säulen des Opernhauses – den Chor und das Ballett – zusammenzubringen, die sonst wenig Berührungspunkte haben. Ich bin sehr glücklich darüber, dass ich in Christian Spuck einen künstlerischen Partner gefunden habe, für den auch das Ballett in erster Linie Musiktheater ist. Als einer der wenigen zeitgenössischen Choreografen ist er in der Lage, die grossformatigen Stoffe mit ganz starken Emotionen auf die Bühne zu bringen. Deshalb war er für mich von Anfang an auch mein Wunschpartner als Direktor des Ballett Zürich. Dass er darüber hinaus seit einiger Zeit auch erfolgreich Opern inszeniert, prädestiniert ihn noch mehr für ein solches Projekt. Obwohl wir nicht die ersten sind, die Verdis Requiem auf die Opernbühne bringen, hat es eine szenische Realisierung in einer so engen Zusammenarbeit von Tänzern und Sängern meines Wissens noch nicht gegeben.
Wie wichtig sind solche spartenübergreifenden Projekte auch für das Opernhaus intern?
Sänger und Tänzer arbeiten aufgrund ihrer unterschiedlichen Ausdrucks mittel auch in ganz verschiedenen Probenstrukturen und begegnen sich in ihrem Arbeitsalltag praktisch nie. Durch diese für uns alle ganz neue spartenübergreifende Zusammenarbeit erleben wir, wie beglückend das für die Beteiligten ist; alle kommen mit leuchtenden Augen von der Probe, weil sie die Kollegen der jeweils anderen Sparte einmal wirklich bei der Arbeit erleben und grossen Respekt füreinander erfahren. Alle spüren vor allem das Verbindende und weniger die Unterschiede. Eine grossartige Erfahrung, die unseren täglichen Betrieb unglaublich bereichert und den Kern dessen betont, was Musiktheater ist: eine Kunstform, die über Gemeinschaft funktioniert, über das Zusammenwirken verschiedener künstlerischer Metiers, angefangen von den Musikern im Orchestergraben über die singenden und tanzenden Menschen auf der Bühne hin zu den Künstlern, die sich als Bühnen oder Kostümbildner die Bilder ausdenken, und schliesslich den Menschen, die diese Entwürfe dann in den Werkstätten Wirklichkeit werden lassen. In dem gelungenen Zusammenwirken all dieser Menschen liegt die Kraft guten Musiktheaters.
Dieser Artikel ist erschienen in MAG 44, Dezember 2016.
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Zwischenspiel, 06.03.24
Singen als Mission
Die Opernbühnen von Wien, Salzburg und Mailand sind das musikalische Zuhause von Krassimira Stoyanova. Jetzt singt sie die gefürchtete Sopran-Partie in Christian Spucks Inszenierung von Verdis «Messa da Requiem». Im Podcast spricht die bulgarische Sopranistin über Singen als Mission und erklärt, warum Oper für sie auch immer eine Art Gottesdienst ist. Zum Podcast
Auf dem Pult
Es gibt Stellen, von denen träumt man als Paukerin oder Schlagzeuger, sie eines Tages spielen zu dürfen. So stehen wir besonders bei Bruckner-Sinfonien, in Schostakowitschs 10. und 11. Sinfonie oder in Strawinskys Le Sacre du printemps im Vordergrund, aber eben auch im «Dies irae» in Verdis Requiem: Dreimal erklingt eine sehr prägnante Stelle zwischen Pauke und grosser Trommel. Wir spielen hier Seite an Seite, was eine Art Vertrauen und Zugehörigkeit erzeugt – ein Aufgehobensein in der Gruppe, ähnlich dem Teamsport. Auch wenn wir die Kolleginnen und Kollegen im Orchester nicht zum Ohrenarzt schicken wollen: Um diese Stelle zu spielen, braucht man Kraft. Hart und mit Akzent, durchaus auch brachial und gleichzeitig ausgewogen soll sie klingen. Es ist ein extrem körperlicher Moment. Man muss ausholen und platzieren und eine riesige Energie entladen. Unsere Instrumente stehen auf dem Boden des Orchestergrabens. Wir spüren die Schwingungen, die unsere Instrumente auf den Boden abgeben, direkt wieder in unseren Körpern. Wenn es funktioniert, ist man vollkommen beflügelt, voller Adrenalin, Dopamin, Oxytocin und Serotonin. Gleichzeitig geht es einem an die Substanz. Denn diese Musik vermittelt die Unbarmherzigkeit und Brutalität des Todes: «Der Tag des Zorns, jener Tag / der die Welt in Asche legt, / wie bezeugt von David und Sibylla», singt der Chor. Dieser Abschnitt ist der einzig wirklich laute Moment im Requiem. Das Werk erhebt sich aus der Stille und endet in der Stille. Am Schluss werden in unserer Inszenierung alle eins – Chor, Orchester, Tänzerinnen und Tänzer und das Publikum. Das ist pure Magie.
— Renata Walczyna (Pauke) und Dominic Herrmann (Grosse Trommel)
Essay
Mit dem Tod können wir nicht leben. Wir sind Kinder der Moderne, und über diese heisst es zu Recht, dass sie ihre Sterblichkeit verdrängen, verleugnen und vergessen müssen. Der Tod ist ihnen so fremd, wie ihnen nur etwas fremd sein kann. Sie tun alles, um ihm ein Schnippchen zu schlagen. Sie laufen vor ihm davon und machen sich aus dem Staub. Früheden religiösen Weltbildern, besass der Tod noch einen unverrückbaren symbolischen Ort. Er war Teil des Absoluten – der Tod war bedeutsam, er war grösser als der Mensch.
Im Denken und Fühlen der Moderne ist für diese Vorstellung kein Platz mehr. Das nachreligiöse Bewusstsein ist mit sich und seiner Endlichkeit allein, es gibt darin kein metaphysisches Drittes, keine göttliche Ewigkeit, die Leben und Tod sinnstiftend überwölbt. Der aufgeklärte Tod ist nur noch der eigene, radikal subjektive – ein natürliches Übel und nichts sonst. Mit anderen Worten: In der Moderne hat der Tod keine Verbindung zu einem kosmischen Absoluten, er ist nicht mehr «draussen», er ist nun «drinnen», ein Vorkommnis im banalen Lauf der Welt. In dem Stück Sieben Türen. Bagatellen von Botho Strauss grüsst eine Figur den verdrängten Tod wie einen alten Bekannten und ist doch tödlich enttäuscht. Der Tod ist nicht mehr der «grosse Tod» der abendländischen Metaphysik; er ist ein moderner Zeitgenosse, ein unscheinbares «Männlein» und «unendlich durchschnittlich», so zeigt ihn Strauss in Sieben Türen. Wer in der Moderne stirbt, der ist wirklich tot.
Die grossen Aufklärer, zum Beispiel Gotthold Ephraim Lessing oder das philosophische Genie Immanuel Kant, machten sich keine Illusionen darüber, dass ihre Religionskritik das Problem des Todes nicht zum Verschwinden bringt, sondern vielmehr noch verschärft. Wenn der Tod seinen metaphysischen Ort in einem Grossen und Ganzen verliert und nicht länger durch eine religiöse Erzählung gebannt wird, dann vagabundiert die Angstdurch unser Bewusstsein und tritt die Herrschaft über die Gedanken an. Der aufgeklärte Tod wird zum Dämon der Lebendigen, und uns bleibt nichts anderes übrig, als ihn in säkularer Einsamkeit stoisch zu ertragen. «Die Faktizitäten von Krankheit und Tod», so schreibt der Philosoph Jürgen Habermas ernüchtert, können nicht «hinweginterpretiert», sie können nur ins Bewusstsein gehoben und «prinzipiell trostlos» ausgehalten werden. Dasselbe, so müsste man ergänzen, gilt für das unerträgliche Dazwischen, für die Zeit zwischen Nicht-Mehr-Leben und Noch-Nicht-Sterben-Können. Es gilt für das langsame Schwinden des Bewusstseins, für Verdämmern und Siechtum, überhaupt für den Verlust von Selbstbestimmung und Autonomie.
Und doch wäre es hilflos und ungerecht, allein die (historisch unvermeidliche) Religionskritik für die Angst vor dem Tod verantwortlich zu machen. Es ist nämlich die Logik der modernen Gesellschaft selbst, die Sterben und Tod zum Skandal macht. Die moderne Gesellschaft ist eine einzige Vorwärtsbewegung, sie ist vernarrt in ihre Rationalität, sie rast nach vorn und lebt von der progressiven Entfesselung ihrer kinetischen Energien. Nichts also ist ihr unheimlicher als der Einbruch der Endlichkeit in die Unendlichkeit ihrer göttlichen Vernunft, nichts provoziert die Moderne mehr als die absolute Negativität am hellen Morgen der Zukunft.
Die Nützlichkeitsmoderne kann den Tod nicht gebrauchen, er wirkt auf sie wie ein Angriff der Natur auf ihr edelstes Geschöpf. Schon Goethe hatte erkannt, wie schwer es dem modernen Vernunftglauben fällt, dem Tod ins Gesicht zu sehen und ihm in Würde standzuhalten. In einer berühmten Szene in seinem Roman Wilhelm Meisters Lehrjahre (1795) beschreibt er, wie herzlos die Turmgesellschaft mit dem Tod von Mignon und dem Harfner verfährt. Diese beiden Gestalten ragten wie Widergänger einer längst versunkenen Vergangenheit in die Gegenwart des Romans, und mit ihren «unvernünftigen» romantischen Leidenschaften konnte die kühl kalkulierende Turmgesellschaft nichts mehr anfangen. Im «Saal der Vergangenheit» werden die Toten abgelegt und die Erinnerung an sie mumifiziert. Gedächtnis ist hier aktives Vergessen; die Modernen befreien sich nicht nur vom Andenken an zwei Menschen. Sie befreien sich von einem Ärgernis des Lebens: Sie befreien sich vom Tod.
Inzwischen mehren sich allerdings die Stimmen, die lebhaft der Behauptung widersprechen, die Moderne sei eine Meisterin der Verdrängung. Die Verdrängungsthese entspringe dem typischen Selbsthass der Moderne, deren Insassen nur dann glücklich seien, wenn sie sich selbst verachteten. Den Einwand muss man ernst nehmen. In der Tat gibt es auf dem Feld der Kunst eine «neue Sichtbarkeit des Todes» (so die Kulturwissenschaftler Kristin Marek und Thomas Macho), es gibt hochreflektierte Versuche von Künstlern, das existentiell Verdrängte in den öffentlichen Raum zurückzuholen.
Und noch stärker ins Auge fällt die «neue Sichtbarkeit des Todes» in den Bildwelten des Internets. Selbstgestaltete Webseiten versammeln Zeugnisse und Erinnerungen an die Verstorbenen, und auf digitalen Grabstätten «leben» sie mit Hilfe von Fotos und Videos im Gedächtnis der Angehörigen weiter. Mit rührender Trauer werden sie in die Gegenwart zurückgeholt, als seien sie nie gestorben und noch immer mitten unter uns.
Es stimmt schon, dass die neue Sichtbarkeit des Todes auf einen Bewusstseinswandel in der Gesellschaft verweist und eine positive Veränderung der öffentlichen Wahrnehmung dokumentiert. Und doch gibt dieser Bewusstseinswandel, der sich vor allem im Internet zeigt, keine Auskunft darüber, ob er die Kraft hat, der säkularen Verdrängung ein Ende zu bereiten und gleichsam als Religionsersatz die Angst vor dem Tod zu mildern. Wer vermöchte schon zu sagen, ob die neuen Trauerrituale, also die virtuelle Anwesenheit der Verstorbenen auf den Bildschirmen der Angehörigen, deren realen Verlust nicht noch schmerzhafter macht?
Wer die Trauerbekundungen auf digitalen Erinnerungsseiten liest oder jene Rituale betrachtet, mit denen die Toten auf dezidiert nichtkirchlichen Beerdigungen zur letzten Ruhe geleitet werden, der stösst immer wieder auf eine gleichlautende tröstende Formel: Der Tod, so heisst es, sei ein natürlicher Bestandteil der Evolution, er sei die unhintergehbare Konsequenz physikalisch vergehender Zeit. Der Verstorbene verlässt die Erde und taucht wieder ein in den Fluss der natürlichen Zeit.
Nicht zufällig erinnert die Anrufung von «Natur» und «Zeit» an die vorchristliche Antike. Der römische Dichter Lukrez zum Beispiel beruhigte sich mit dem Gedanken, dass niemand Anstoss daran nehme, vor seiner Geburt nicht auf der Welt gewesen zu sein; kein Mensch beklage sich über die lange Periode seiner vorgeburtlichen Nicht-Existenz. Lukrez folgerte daraus: Wenn niemand die Zeit vermisst, die er früher nicht gelebt hat, dann müsse man auch vor dem natürlichen Tod keine Angst haben – die Zeit, die nach dem Leben kommt, ist nichts anderes als das Spiegelbild jener Unendlichkeit, die unserem Leben voraus liegt. Wir kommen aus der Zeit, und wir gehen in sie zurück. Im Übrigen spüre man im Augenblick des Todes den Verlust des Lebens gar nicht mehr. Im Tod stirbt naturgemäss auch das empfindsame Subjekt, das grundlos vor ihm Angst hatte.
Es fragt sich, ob die Versicherung, der Tod sei nur eine übliche Erscheinungsart der Natur, die Untröstlichen wirklich tröstet. Erleichtert die naturalistische Auskunft, unser Leben sei ein blosses Intermezzo im kosmischen Spiel der Evolution – erleichtert sie tatsächlich den Abschied von der Welt? Mildert sie die Trauer beim Tod eines nahestehenden Menschen? Der amerikanische Philosoph Thomas Nagel glaubt das nicht. Zwar könne kein vernünftiger Mensch bestreiten, dass Sterben und Tod Teil der Evolution seien, doch der Verweis auf die objektive Macht der Natur erfasse bloss die biologische Aussenperspektive, die mit dem inneren Selbsterleben der Menschen nicht verwechselt werden dürfe. Menschen, so Nagel, erleben sich nicht als Teil der Evolution, sie fürchten sich auch nicht vor dem Zustand des Totseins, sie fürchten sich vor dem Verlust des Lebens und dem Ende der Erfahrung. «Der Tod nimmt uns etwas Wünschenswertes», und über diesen Verlust könne uns kein Naturalismus hinweghelfen. Der Trost, dass der Mensch sterblich und der Tod ein Bestandteil der Evolution ist – dieser Trost ist trübe. Verlust und Trauer lassen sich nicht naturalisieren.
Thomas Nagels Unterscheidungen sind hilfreich. Wenn es stimmt, dass der Verweis auf die Natürlichkeit des Todes («alle Menschen müssen sterben») uns nicht zu trösten vermag, weil er unserem inneren Selbsterleben widerspricht, dann muss man sagen: Der Tod ist ein Doppelwesen. Er ist Teil der Natur – und gleichzeitig Teil der Gesellschaft, ein Teil ihrer Kultur.
Das muss man erklären. Der Umstand, dass Sterben und Tod natürlich sind, ist eine unsterbliche Trivialität. Aber warum ist das Verstehen des Todes zugleich gesellschaftlich? Die Antwort klingt paradox: Weil der Tod vollkommen unverständlich ist und jeder Versuch, ihn in Worte zu fassen, scheitern muss. Der Tod bleibt unvorstellbar, er entzieht sich jeder Beschreibung und jeder Repräsentation; niemand vermag über ihn zu sprechen, denn in dem Moment, in dem man es könnte, ist man ja schon tot. Anders gesagt: Das Unausdenkbare des Todes lässt sich nur in einer sprachlosen Sprache umkreisen, in den Klang und Bilderwelten von Musik und Literatur, von Kunst und Religion, kurz: in den Vorstellungswelten, die wir im kulturell Imaginären der Gesellschaft immer schon vorfinden. Entscheidend ist darum weniger, dass der Tod in der Gesellschaft sichtbar ist; entscheidend ist, wie er sichtbar ist: Je reicher der kulturelle Bilderschatz, desto artikulierter ist unsere Auseinandersetzung mit dem Unausdenkbaren. Gewiss können kulturelle Bilder eine existenzielle Angst nicht beseitigen. Aber sie alphabetisieren den Schmerz, sie machen ihn «namhaft» und identifizieren ihn.
Damit soll nicht behauptet werden, die Wahrnehmung des Todes geschehe einzig und allein in der kulturellen Wahrnehmung, im Ätherreich von Metaphern, Weltbildern und Vorstellungen. Nein, sie entsteht zugleich in der harten Realität einer arbeitsteiligen Gesellschaft, denn sie ist es, die unser praktisches Verhältnis zur Zeit und zur Vergänglichkeit organisiert. Heute, so lautet der weithin unstrittige Befund, leben wir in einer Optionsgesellschaft, in der sich zwischen Gegenwart und Zukunft nicht mehr scharf trennen lässt. Immer stärker fliessen die «Zeitzonen» ineinander, die Gegenwart ist nicht mehr nur Gegenwart, sie ist zugleich der Optionsraum der Zukunft, und das heisst: Die Zukunft ist immer schon anwesend und muss in ihren Chancen und Gefahren ständig antizipiert, sondiert, kalkuliert und stabilisiert werden. Was muss ich heute tun, damit meine Gegenwart in der Zukunft noch dieselbe ist wie in der Vergangenheit?
Das klingt harmlos, aber es verändert unser Zeitempfinden gegenüber früheren Generationen tiefgreifend. Goethe hatte der heraufziehenden Nützlichkeitsmoderne die Rechnung aufgemacht und nannte sie «Zeit der Einseitigkeit»; gleichwohl aber waren für ihn die Grenzen zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft klar gezogen. Das lässt sich von der Digitalmoderne nicht mehr behaupten. Wir empfinden die Gegenwart nicht als ein abgeschlossenes Hier und Jetzt; wir empfinden sie als Möglichkeitsraum, als zeitlosen Konjunktiv und Vor-Fall des Künftigen in die «Fülle des Augenblicks». Es ist wie an der Börse: Die Gegenwart verwandelt sich in das spekulative Noch-Nicht der Zukunft. Das Präsens des Lebens wird flüssig – im schlimmsten Fall wird das Da-Sein als existenzielle Intensität gar nicht mehr empfunden, geschweige denn gelebt.
Es liegt auf der Hand, dass sich damit unser Verhältnis zu Zeit und Frist noch einmal verändert: Wer das Gefühl hat, die Gegenwart sei nichts anderes als eine Übergangspassage in die Zukunft, für den radikalisiert sich die Frage nach Tod und Endlichkeit. Und je abstrakter und körperloser unsere Arbeit, desto stärker wird das Gefühl, gar nicht richtig gelebt zu haben, und der biblische Satz, man sterbe «alt und lebenssatt», klingt dann seltsam anachronistisch. Der Tod ist nicht mehr der Endpunkt eines erfüllten Lebens. Er ist ein Optionenkiller, der jäh und ungerecht in den Möglichkeitsraum der Gegenwart einfällt.
Ist es Zufall, dass das Evangelium des Transhumanismus so erstaunlich viel Anklang findet? Jene Erlösungsbotschaft, die von den Utopiemanufakturen des Silicon Valley unters Volk gebracht wird und verspricht, das Leiden an der Zeit zu beenden? Der Transhumanismus arbeitet an der Unsterblichkeit und predigt den Sterblichen: Vergesst Euren analogen Körper, er ist eine Fehlkonstruktion der Schöpfung. Was vom Menschen bleibt, sei allein sein unvergänglicher Geist. In naher Zukunft schon werde man den Geist aus unseren Hirnen per Upload in einen Roboter hochladen, so dass wir in einer menschlichen Maschine alterslos weiterleben bis in alle Ewigkeit, glücklich wie am ersten Schöpfungstag. Die Science-Fiction-Science der Transhumanisten organisiert die Flucht aus der Endlichkeit und beweist damit nur, dass der Tod in der Moderne genau die Gewalt ist, die er immer schon war. Wenn nicht alles täuscht, dann besteht der einzige Trost nun darin, diese Trostlosigkeit immer wieder neu und immer wieder anders ins Bewusstsein zu heben – mit Hilfe jener Bilder, Metaphern und Melodien, die Künstler, Schriftsteller und Musiker in Einsamkeit und Freiheit der menschlichen Endlichkeit abgerungen haben.
Ein Text von Thomas Assheuer.
Dieser Artikel ist erschienen in MAG 44, Dezember 2016.
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Biografien
Marco Armiliato, Musikalische Leitung
Marco Armiliato
Marco Armiliato, in Genua geboren, zählt zu den gefragtesten Operndirigenten der Gegenwart. Seitdem er 1995 mit Il barbiere di Siviglia am Teatro La Fenice in Venedig und anschliessend mit Andrea Chénier an der Wiener Staatsoper debütierte, führte ihn seine Karriere an die renommiertesten Opernhäuser der Welt, darunter die Bayerische Staatsoper, die Deutsche Oper Berlin, das Royal Opera House, Covent Garden, die Pariser Opéra, das Teatro Real in Madrid, das Teatre del Liceu in Barcelona und die Mailänder Scala. Bei den Salzburger Festspielen dirigierte er 2016 Manon Lescaut und 2019 Adriana Lecouvreur jeweils mit Anna Netrebko in der Hauptrolle sowie 2023 I Capuleti e i Montecchi. 2022 war er Musikalischer Leiter des Festivals Arena di Verona. Eine enge Zusammenarbeit verbindet ihn mit der Metropolitan Opera in New York, wo er seit seinem Debüt 1998 fast 500 Aufführungen geleitet hat, darunter Il trovatore, La bohème, Stiffelio, Madama Butterfly, Sly, Aida, Turandot, Rigoletto, Cyrano de Bergerac, La fille du régiment, La rondine und Lucia di Lammermoor. In San Francisco dirigierte er La bohème, Madama Butterfly, Turandot, La traviata, Tosca, Aida, La favorita, Il trovatore und Cavalleria rusticana. Das von ihm dirigierte Album Verismo (2009) mit Renée Fleming wurde mit einem Grammy Award und die CD Romantic Arias (2008) mit Jonas Kaufmann mit einem Diapason d’Or ausgezeichnet. Am Opernhaus Zürich dirigierte er in jüngerer Zeit Tosca, La fanciulla del West, La traviata, Otello, La bohème, Manon, Simon Boccanegra, La rondine und Messa da Requiem.
Christian Spuck, Choreografie und Inszenierung
Christian Spuck
Christian Spuck stammt aus Marburg und wurde an der John Cranko Schule in Stuttgart ausgebildet. Seine tänzerische Laufbahn begann er in Jan Lauwers’ Needcompany und Anne Teresa de Keersmaekers Ensemble «Rosas». 1995 wurde er Mitglied des Stuttgarter Balletts und war von 2001 bis 2012 Hauschoreograf der Compagnie. In Stuttgart kreierte er fünfzehn Uraufführungen, darunter die Handlungsballette Lulu. Eine Monstretragödie nach Frank Wedekind, Der Sandmann und Das Fräulein von S. nach E.T.A. Hoffmann. Darüber hinaus hat Christian Spuck mit zahlreichen namhaften Ballettcompagnien in Europa und den USA gearbeitet. Für das Königliche Ballett Flandern entstand 2006 The Return of Ulysses, beim Norwegischen Nationalballett Oslo wurde Woyzeck nach Georg Büchner uraufgeführt. Das Ballett Die Kinder beim Aalto Ballett Essen wurde für den «Prix Benois de la Danse» nominiert, das ebenfalls in Essen uraufgeführte Ballett Leonce und Lena nach Georg Büchner wurde von den Grands Ballets Canadiens de Montréal, dem Charlotte Ballet, USA, dem Tschechischen Nationalballett Prag und vom Stuttgarter Ballett übernommen. Die Uraufführung von Poppea//Poppea für Gauthier Dance am Theaterhaus Stuttgart wurde 2010 von der Zeitschrift «Dance Europe» zu den zehn erfolgreichsten Tanzproduktionen weltweit gewählt sowie mit dem deutschen Theaterpreis Der Faust 2011 und dem italienischen «Danza/Danza-Award» ausgezeichnet. Christian Spuck hat auch Opern inszeniert: Auf Glucks Orphée et Euridice an der Staatsoper Stuttgart folgten Verdis Falstaff am Staatstheater Wiesbaden sowie Berlioz’ La Damnation de Faust und Wagners Fliegender Holländer an der Deutschen Oper Berlin. Von 2012 bis 2023 war Christian Spuck Direktor des Balletts Zürich. Hier waren seine Choreografien Romeo und Julia, Leonce und Lena, Woyzeck, Der Sandmann, Messa da Requiem, Nussknacker und Mausekönig, Dornröschen und Monteverdi zu sehen. Das 2014 in Zürich uraufgeführte Ballett Anna Karenina nach Lew Tolstoi wurde in Oslo, am Moskauer Stanislawski-Theater, vom Koreanischen Nationalballett und vom Bayerischen Staatsballett ins Repertoire übernommen. 2018 hatte in Zürich Spucks Ballett Winterreise Premiere, für das er mit dem «Prix Benois de la Danse 2019» ausgezeichnet wurde. 2019 folgte beim Ballett Zürich Helmut Lachenmanns Das Mädchen mit den Schwefelhölzern (Auszeichnung als «Produktion des Jahres und Kompanie des Jahres für das Ballett Zürich durch die Zeitschrift tanz). Für das Moskauer Bolschoitheater kreierte er 2021 sein Ballett Orlando nach Virginia Woolf. Spucks Messa da Requiem wurde nicht nur zum Adelaide Festival nach Australien eingeladen, sondern auch vom Het Nationale Oper & Ballet Amsterdam und vom Finnischen Nationalballett übernommen. Seit Beginn der Saison 2023/24 ist Christian Spuck Intendant des Staatsballetts Berlin.
Christian Schmidt, Bühnenbild
Christian Schmidt
Christian Schmidt studierte Bühnenbild bei Erich Wonder an der Wiener Akademie der Bildenden Künste. 1992 arbeitete er zum ersten Mal mit Claus Guth zusammen, woraus sich eine intensive künstlerische Partnerschaft entwickelte. Zahlreiche Inszenierungen Guths hat er mittlerweile als Bühnen- und Kostümbildner ausgestattet, darunter Iphigénie en Tauride und Le nozze di Figaro (Salzburger Festspiele), Der fliegende Holländer (Bayreuther Festspiele), Fierrabras, Radamisto, Ariane et Barbe-Bleue, Tristan und Isolde und Parsifal für das Opernhaus Zürich sowie Mozarts Lucio Silla (Wiener Festwochen). Auch durch Uraufführungen hat sich das Team einen Namen gemacht, darunter Czernowins Pnima und Stauds Berenice für die Münchener Biennale, Ruzickas Celan in Dresden, Oehrings Unsichtbar Land in Basel und Czernowins Heart Chamber an der Deutschen Oper Berlin. Für Hans Neuenfels’ Inszenierungen von Zemlinskys Der König Kandaules an der Wiener Volksoper (1997) und Die Entführung aus dem Serail in Stuttgart (1998) entwarf Schmidt die Ausstattung (Auszeichnung «Inszenierung des Jahres» durch die «Opernwelt»). 2003 kürte ihn die «Opernwelt» zum «Bühnenbildner des Jahres», 2005 zum «Kostümbildner des Jahres». Für das Bühnenbild zu Simon Boccanegra in Hamburg erhielt er 2006 den Rolf-Mares-Preis. 2010 arbeitete er erstmals mit Christof Loy zusammen (Die lustige Witwe in Genf). Für Christian Spuck schuf er in Stuttgart das Bühnenbild zu Glucks Orphée et Eurydice sowie zu Romeo und Julia und Messa da Requiem in Zürich. Seit 2011 arbeitet er auch mit Andreas Homoki zusammen (Das schlaue Füchslein, Komische Oper Berlin und Juliette, Opernhaus Zürich) und verantwortet mit ihm den neuen Zürcher Ring.
Emma Ryott, Kostüme
Emma Ryott
Emma Ryott stammt aus England und ist international als Kostüm- und Bühnenbildnerin tätig. Bereits seit 2003 arbeitet sie mit Christian Spuck in den Bereichen Ballett und Oper zusammen. Gemeinsame Ballettprojekte waren Das Mädchen mit den Schwefelhölzern, Winterreise, Messa da Requiem, Anna Karenina und Romeo und Julia in Zürich, Lulu. Eine Monstretragödie und Das Fräulein von S. in Stuttgart, Woyzeck in Oslo und Zürich, Leonce und Lena in Montréal, Stuttgart, Zürich und Prag, Der Sandmann in Stuttgart und Zürich sowie The Return of Ulysses in Antwerpen. In der Oper arbeiteten sie bei Der fliegende Holländer und La Damnation de Faust an der Deutschen Oper Berlin, Falstaff in Wiesbaden und Orfeo ed Euridice in Stuttgart zusammen. Weitere Opernproduktionen waren Mathis der Maler am Theater an der Wien, Manon Lescaut an der English National Opera, Otello bei den Salzburger Festspielen, La Damnation de Faust und The Great Gatsby an der Semperoper Dresden, Marco Polo an der Oper Guanghzou, Das Rheingold und Die Walküre beim Longborough Festival sowie La bohème beim Copenhagen Opera Festival. Im Schauspiel entwarf Emma Ryott die Kostüme für The Heart of Robin Hood bei der Royal Shakespeare Company und Toronto (Auszeichnung mit dem Elliot Norton Award), für Tom Stoppards Rock’n Roll im Londoner West End und am Broadway sowie eine Tschechow-Trilogie (Regie: Jonathan Kent) am National Theatre in London. Für das weltweit vom ORF übertragene Neujahrskonzert 2020 der Wiener Philharmoniker gestaltete Emma Ryott die Kostüme für das Ballett. Weitere Ballettprojekte waren Cinderella beim Finnish National Ballet sowie Christian Spucks Orlando und Yuri Possokhovs Die Möwe am Moskauer Bolschoitheater.
Martin Gebhardt, Lichtgestaltung
Martin Gebhardt
Martin Gebhardt war Lichtgestalter und Beleuchtungsmeister bei John Neumeiers Hamburg Ballett. Ab 2002 arbeitete er mit Heinz Spoerli und dem Ballett Zürich zusammen. Ballettproduktionen der beiden Compagnien führten ihn an renommierte Theater in Europa, Asien und Amerika. Am Opernhaus Zürich schuf er das Lichtdesign für Inszenierungen von Jürgen Flimm, Grischa Asagaroff, Matthias Hartmann, David Pountney, Moshe Leiser/Patrice Caurier, Damiano Michieletto und Achim Freyer. Bei den Salzburger Festspielen kreierte er die Lichtgestaltung für La bohème und eine Neufassung von Spoerlis Der Tod und das Mädchen. Seit der Spielzeit 2012/13 ist Martin Gebhardt Leiter der Beleuchtung am Opernhaus Zürich. Eine enge Zusammenarbeit verbindet ihn heute mit dem Choreografen Christian Spuck (u. a. Winterreise, Nussknacker und Mausekönig, Messa da Requiem, Anna Karenina, Woyzeck, Der Sandmann, Leonce und Lena, Das Mädchen mit den Schwefelhölzern, Dornröschen). Er war ausserdem Lichtdesigner für die Choreografen Edward Clug (u.a. Strings, Le Sacre du printemps und Faust in Zürich; Petruschka am Moskauer Bolschoitheater), Alexei Ratmansky, Wayne McGregor, Marco Goecke und Douglas Lee. Mit Christoph Marthaler und Anna Viebrock arbeitete er beim Händel-Abend Sale, Rossinis Il viaggio a Reims und Glucks Orfeo ed Euridice in Zürich sowie bei Lulu an der Hamburgischen Staatsoper. 2020 gestaltete er das Licht an der Oper Genf für Les Huguenots in der Regie von Jossi Wieler und Sergio Morabito. 2021 folgte Christian Spucks Orlando am Moskauer Bolschoitheater und 2022 Don Giovanni am New National Theatre Toyko.
Ernst Raffelsberger, Choreinstudierung
Ernst Raffelsberger
Ernst Raffelsberger stammt aus Gmunden, Oberösterreich. Er studierte Musikpädagogik und Kirchenmusik an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Wien (Chorleitung bei Prof. Erwin Ortner) und anschliessend Chordirigieren am Salzburger Mozarteum bei Prof. Walter Hagen-Groll. Von 1983 bis 1986 war er Kapellmeister der Wiener Sängerknaben. In dieser Zeit leitete er das Ensemble in Wien und auf Tourneen durch Europa, Südafrika, Kanada und die USA. Ab 1986 war Ernst Raffelsberger Chordirektor und Kapellmeister am Landestheater Salzburg (Mitwirkung bei der Salzburger Mozartwoche und den Salzburger Festspielen). 1989 wurde er von Donald Runnicles als Chordirektor und Kapellmeister an das Theater in Freiburg/Breisgau berufen. Seit Herbst 1993 ist Ernst Raffelsberger am Opernhaus Zürich als Chordirektor engagiert. Hier hat er inzwischen über 100 Premieren betreut und mit vielen namhaften Dirigenten wie Riccardo Chailly, Christoph von Dohnányi, Vladimir Fedoseyev, Sir John Eliot Gardiner, Daniele Gatti, Bernard Haitink, Nikolaus Harnoncourt, Zubin Mehta und Franz Welser-Möst zusammengearbeitet. Gastspiele mit dem Opernhaus Zürich führten ihn nach Wien, London, Paris und Tokio. Zahlreiche CD- und DVD-Aufnahmen dokumentieren diese Arbeit. Im Sommer 2012 begann zusätzlich seine Tätigkeit als Chordirektor der Salzburger Festspiele. Er ist dort für die Produktionen der Konzertvereinigung Wiener Staatsopernchor verantwortlich. In seiner ersten Festspielsaison kam es u. a. zu einer erfolgreichen Zusammenarbeit mit Riccardo Muti und Sir Simon Rattle.
Michael Küster, Dramaturgie
Michael Küster
Michael Küster stammt aus Wernigerode (Harz). Nach dem Studium der Germanistik, Kunst- und Sprechwissenschaft an der Universität Halle war er Moderator, Autor und Sprecher bei verschiedenen Rundfunkanstalten in Deutschland. Dort präsentierte er eine Vielzahl von Klassik-Programmen und Live-Übertragungen wichtiger Konzertereignisse, u. a. aus der Metropolitan Opera New York, der Semperoper Dresden und dem Leipziger Gewandhaus. Seit 2002 ist er Dramaturg am Opernhaus Zürich, u. a. für Regisseure wie Matthias Hartmann, David Alden, Robert Carsen, Moshe Leiser/ Patrice Caurier, Damiano Michieletto, David Pountney, Johannes Schaaf und Graham Vick. Als Dramaturg des Balletts Zürich arbeitete Michael Küster seit 2012 u. a. mit Cathy Marston, Marco Goecke, Marcos Morau, Edward Clug, Alexei Ratmansky, William Forsythe, Jiří Kylián und Hans van Manen, vor allem aber mit Christian Spuck zusammen (u. a. Romeo und Julia, Messa da Requiem, Winterreise, Dornröschen). An der Mailänder Scala war er Dramaturg für Matthias Hartmanns Operninszenierungen von Der Freischütz, Idomeneo und Pique Dame.
Claus Spahn, Dramaturgie
Claus Spahn
Claus Spahn ist seit 2012 Chefdramaturg am Opernhaus Zürich. In dieser Funktion ist er massgeblich an der Spielplangestaltung des Hauses beteiligt. Er ist als Produktionsdramaturg tätig und verantwortet die zentralen Publikationen des Opernhauses wie Programmbücher, das monatliche Magazin MAG, Podcasts und Werkeinführungen. Sein Interesse gilt vor allem der modernen und zeitgenössischen Musik, dem Opernrepertoire des Barock und der Entwicklung neuer musiktheatralischer Konzepte. Er hat am Opernhaus Zürich Musiktheaterprojekte von Wolfgang Rihm, Helmut Lachenmann, George Benjamin, Roman Haubenstock-Ramati und Uraufführungen von Heinz Holliger, Christian Jost und Stefan Wirth betreut Als Produktionsdramaturg hat er für die Regisseure Sebastian Baumgarten, Herbert Fritsch, Jan Philipp Gloger, Tatjana Gürbaca, Andreas Homoki, Barrie Kosky, Nadja Loschky, David Marton und Evgeni Titov gearbeitet. Eine enge künstlerische Partnerschaft verbindet ihn ausserdem mit dem Choreografen und ehemaligen Direktor des Balletts Zürich, Christian Spuck. Für Christian Spuck war er in Zürich stückentwickelnd an den Produktionen Anna Karenina, Nussknacker und Mausekönig und Monteverdi beteiligt und hat Libretti für die Ballette Orlando nach Virginia Woolf (Uraufführung 2021 am Moskauer Bolshoi-Ballett) und Bovary nach Gustave Flaubert (Uraufführung 2023 am Berliner Staatsballett) geschrieben. Ausserdem ist er Librettist der Kammeroper Der Traum von Dir des Schweizer Komponisten Xavier Dayer, die 2017 am Opernhaus Zürich uraufgeführt wurde.
Bevor er ans Opernhaus Zürich wechselte, war Claus Spahn 14 Jahre lang Feuilletonredakteur bei der deutschen Wochenzeitung DIE ZEIT und dort verantwortlich für das Fachressort Musik. Von 1990-1997 war er als freier Musikjournalist vor allem für die Süddeutsche Zeitung und den Bayerischen Rundfunk tätig. In seiner Funktion als Journalist hat er die Entwicklungen des internationalen Kultur-, Musik- und Opernbetriebs über Jahrzehnte hinweg beobachtet und kommentiert, war Radio-Moderator, Juror bei Internationalen Musikwettbewerben und Workshopleiter für kulturjournalistisches Schreiben. Claus Spahn ist in Deutschland geboren, hat in Freiburg im Breisgau klassische Gitarre studiert und eine Ausbildung an der Deutschen Journalistenschule in München absolviert.
Krassimira Stoyanova, Sopran
Krassimira Stoyanova
Krassimira Stoyanova zählt heute zu den führenden Sängerinnen ihres Fachs. Die gebürtige Bulgarin studierte Gesang und Violine am Konservatorium Plovdiv. 1995 debütierte sie an der Nationaloper Sofia, wo sie sich ein umfangreiches Repertoire erarbeitete, und begann schliesslich ihre internationale Karriere an der Wiener Staatsoper. Bis heute ist sie regelmässig zu Gast im Haus am Ring; 2009 wurde ihr dort der Titel «Kammersängerin» verliehen. Krassimira Stoyanova tritt an den führenden Opernhäusern auf, wie der Metropolitan Opera in New York, der Opéra Bastille in Paris, dem Royal Opera House, Covent Garden, der Mailänder Scala, dem Opernhaus Zürich sowie den Staatsopern in München, Hamburg, Dresden und Berlin. Dabei arbeitete sie mit den renommiertesten Dirigenten zusammen, darunter Daniel Barenboim, Riccardo Chailly, Myung-Whun Chung, Vladimir Fedoseyev, Daniele Gatti, Bernard Haitink, Manfred Honeck, Mariss Jansons, Fabio Luisi, James Levine, Zubin Mehta, Riccardo Muti, Seiji Ozawa, Georges Prêtre, Yuri Temirkanov, Christian Thielemann und Franz Welser-Möst. Das Opernrepertoire der Sopranistin spannt den Bogen von Belcanto-Partien über die grossen Verdi- und Puccini-Rollen bis hin zu Richard Strauss und zum slawischen Repertoire. 2003 debütierte sie bei den Salzburger Festspielen als Antonia (Les Contes d’Hoffmann). Als Marschallin (Der Rosenkavalier) und Danae (Die Liebe der Danae) konnte sie ebenfalls grosse Erfolge in Salzburg feiern. Auch auf dem Konzertpodium ist Krassimira Stoyanova eine der gefragtesten Sängerinnen. Zu den Engagements der jüngsten Zeit gehören Ariadne auf Naxos an der Wiener Staatsoper und in Florenz, Tosca in Wien und Tokio, Aida in Rom, Madrid und Dresden und Der Rosenkavalier in Wien. Die Marschallin wird sie 2024 auch an der Mailänder Scala singen. Auf CD sind slawische, Verdi- und Verismo-Arien sowie Lieder von Giacomo Puccini erschienen.
Federica Lombardi, Sopran
Federica Lombardi
Federica Lombardi gehört zu den gefragtesten Sopranistinnen ihrer Generation, vor allem für die grossen Mozart-Partien. Sie studierte am Liceo Musicale Angelo Massini in Forlì. 2015/16 war sie Mitglied der Accademia di Perfezionamento per Cantanti Lirici der Mailänder Scala und nahm am Young Singers Project der Salzburger Festspiele 2015 teil. Sie ist u.a. zweifache Gewinnerin des internationalen Wettbewerbes AsLiCo in Como. 2017 gab sie ihr umjubeltes Debüt in der Titelparte von Anna Bolena an der Mailänder Scala und kehrte als Musetta (La bohème) an das Haus zurück. 2019 gab sie in Mailand ihr Partiedebüt als Elettra in Idomeneo und es folgte ihr Debüt als Donna Elvira (Don Giovanni) auf einer Tournee mit Stationen u.a. in Luzern und Wien. Sie sang die Partie auch an der Hamburgischen Staatsoper und später u.a. am Teatro Real in Madrid und bei den Salzburger Festspielen. Donna Anna (Don Giovanni) sang sie in Stuttgart und am Teatro Comunale di Bologna, Gräfin Almaviva (Le nozze di Figaro) u.a. an der Staatsoper Berlin, in München und in Rom sowie Fiordiligi (Così fan tutte) in Valencia, Berlin, an der Bayerischen Staatsoper, am Teatro Regio di Torino und an der Oper in Rom. An der New Yorker Metropolitan Opera sang sie Donna Elvira, Musetta, Contessa und Elettra, am Royal Opera House Covent Garden debütierte sie 2022 als Contessa. Ihre erste Mimì (La bohème) sang sie 2022 in einer eine Verfilmung in Rom. Ihre Einspielung der Desdemona (Otello) für Sony erschien im März 2020. 2023 gab sie ihr Debüt an der Amsterdamer Oper in Christian Spucks Ballettproduktion von Verdis Messa da Requiem.
Agnieszka Rehlis, Mezzosopran
Agnieszka Rehlis
Agnieszka Rehlis stammt aus Polen. Sie studierte Gesang an der Karol-Lipiński-Musikakademie in Breslau. Von 1996 bis 2007 gehörte sie zum Ensemble der Oper Breslau und sang dort u.a. Fenena (Nabucco), Maddalena (Rigoletto), Siébel (Faust), Cherubino (Le nozze di Figaro) und Dorabella (Così fan tutte). 2003 debütierte sie am Teatr Wielki in Warschau als Fenena, später verkörperte sie dort auch Azucena (Il trovatore), den Komponisten in Ariadne auf Naxos, Orsini (Lucrezia Borgia), Adalgisa (Norma) und Lisa in Die Passagierin von Weinberg. 2014 übernahm die Sängerin bei der Neuproduktion von Die Passagierin bei den Bregenzer Festspielen die Partie der Hannah, eine Rolle, die sie in Folge auch am Lincoln Center New York, in Houston und Chicago interpretierte. Besondere Aufmerksamkeit widmet Agnieszka Rehlis dem Schaffen Krzysztof Pendereckis, unter dessen Leitung sie in vielen seiner Kompositionen mitwirkte, so etwa im Te Deum, Credo, Polnischen Requiem sowie in seiner Siebten und Achten Sinfonie. In jüngster Zeit sang sie Amneris (Aida) in Warschau und Frankfurt/Main sowie Brangäne (Tristan und Isolde) in Sevilla. Geplant sind Ulrica (Un ballo in maschera) in Valencia sowie La Cieca (La Gioconda) bei den Salzburger Osterfestspielen.
Yulia Matochkina, Mezzosopran
Yulia Matochkina
Yulia Matochkina gewann 2015 den Tschaikowski-Wettbewerb in Moskau. Sie ist eine der führenden Solistinnen des Mariinski-Theaters in St. Petersburg und hat sich als eine der eindrucksvollsten Mezzosopranistinnen Russlands einen Namen gemacht. Am Mariinski-Theater war sie u.a. als Amneris (Aida), Eboli (Don Carlo), Principessa di Bouillon (Adriana Lecouvreur), Didon (Les Troyens), Dalila (Samson et Dalila), Venus (Tannhäuser) und Kundry (Parsifal) zu erleben. 2019 gab sie ihr Debüt bei den Salzburger Festspielen mit der Rolle der Federica in einer konzertanten Aufführung von Verdis Luisa Miller. Vergangene Engagements umfassen ausserdem Roméo et Juliette beim Berlioz-Festival in La Côte-Saint-André sowie Carmen und Polina (Pique Dame) am Moskauer Bolschoitheater. Sie sang Marguerite (La Damnation de Faust) beim Berlioz Festival, Venus (Tannhäuser) in Los Angeles, Carmen am Bolschoitheater, Eboli (Don Carlo) an der Deutschen Oper Berlin und am Royal Opera House Covent Garden, Maddalena (Rigoletto) an der Met in New York, Marfa (Chowanschtschina) an der Opéra de Paris, Ulrica (Un ballo in maschera) an der Mailänder Scala und Ortrud (Lohengrin) an der Deutschen Oper Berlin. Geplant sind Azucena (Il trovatore) und Venus (Tannhäuser) in München sowie Amneris (Aida) in Tokio.
Stephen Costello, Tenor
Stephen Costello
Stephen Costello stammt aus Philadelphia und studierte an der Academy of Vocal Arts in seiner Heimatstadt. 2007 debütierte er mit gerade 26 Jahren bei der Saisoneröffnung der Metropolitan Opera. 2009 gewann er den Richard Tucker Award. 2010 sang er die Rolle des Greenhorn in der Uraufführung von Jake Heggies Oper Moby Dick. Seither ist er an bedeutenden Opernhäusern und Festivals aufgetreten. Er sang u.a Alfredo (La traviata) in Hamburg, an der Metropolitan Opera, am Royal Opera House Covent Garden, an der Wiener Staatsoper sowie am Bolschoitheater, in der Arena di Verona und an den Münchner Opernfestspielen, Fernand (La Favorite) am Liceu Barcelona, Don José (Carmen) in Dallas, Rodolfo (La bohème) in Dresden, Hamburg, Madrid und Los Angeles, Pinkerton (Madama Butterfly) am New National Theatre in Tokio, Duca di Mantua (Rigoletto) an der Dresdner Semperoper, in Hannover, Bregenz, an der Met, an der Deutschen Oper Berlin und bei der Canadian Opera Company, Lord Percy (Anna Bolena) an der Met, Cassio (Otello) in Salzburg, Prinz (Rusalka) in Strasbourg und Des Grieux (Manon) an der Opéra de Paris. Weitere Engagements der jüngeren Zeit waren Rodolfo (La bohème) an der Metropolitan Opera und in Tokio, José (Carmen) an der Bayerischen Staatsoper und die Titelrolle in Roberto Devereux in Zürich.
Georg Zeppenfeld, Bass
Georg Zeppenfeld
Georg Zeppenfeld stammt aus dem westfälischen Attendorn und absolvierte zunächst ein Lehramtsstudium mit den Fächern Musik und Germanistik. An den Musikhochschulen in Detmold und Köln erhielt er parallel dazu seine Ausbildung in Konzert- und Operngesang, abschliessend bei Hans Sotin. Nach ersten Festengagements in Münster und Bonn wurde er 2001 von der Sächsischen Staatsoper Dresden verpflichtet, die bis heute seine künstlerische Heimat ist. Darüber hinaus gastiert er an nahezu allen grossen Opernhäusern Europas und der Vereinigten Staaten sowie an den weltweit wichtigsten Konzertorten. Sein Repertoire umfasst u. a. die grossen Verdi- und Wagnerpartien seines Fachs; eine Schlüsselrolle ist Sarastro, den er unter Claudio Abbado in Baden-Baden, an der Dresdner Semperoper, San Francisco Opera, New Yorker Met, Wiener Staatsoper, Salzburger Festspiele (unter Harnoncourt), Royal Opera House Covent Garden in London, Opernhaus Zürich und der Bayerischen Staatsoper sang. Seit 2010 ist er regelmässig Gast bei den Bayreuther Festspielen. 2019 debütierte er als Hans Sachs in Die Meistersinger von Nürnberg bei den Salzburger Osterfestspielen unter Christian Thielemann. Im Konzert arbeitete er mit Dirigenten wie Pierre Boulez, Riccardo Chailly, Sir Colin Davis, Gustavo Dudamel, Daniele Gatti, Daniel Harding, Nikolaus Harnoncourt, Thomas Hengelbrock, Marek Janowski, Fabio Luisi, Lorin Maazel, Andris Nelsons, Marc Minkowski, Andris Nelsons, Antonio Pappano, Kirill Petrenko, Christian Thielemann und Franz Welser-Möst. Sein umfangreiches Schaffen ist auf zahlreichen CD- und DVD-Veröffentlichungen dokumentiert. 2015 wurde er zum «Kammersänger der Sächsischen Staatsoper Dresden» ernannt. 2024 singt er u. a. Hunding (Die Walküre) und Gurnemanz (Parsifal) bei den Bayreuther Festspielen, Hans Sachs (Meistersinger) und Heinrich (Lohengrin) an der Wiener Staatsoper sowie Gurnemanz an der Bayerischen Staatsoper.
Alexander Vinogradov, Bass
Alexander Vinogradov
Alexander Vinogradov gab noch als Student des Moskauer Konservatoriums sein Debüt am Bolschoitheater in der Rolle des Oroveso (Norma). Seitdem ist er regelmässig auf den wichtigsten Bühnen der Welt zu Gast, u. a. an der Staatsoper Berlin, der Opéra National de Paris, dem Teatro alla Scala, der Metropolitan Opera, dem Teatro Real Madrid, dem Royal Opera House Covent Garden, der Staatsoper Hamburg, der Bayerischen Staatsoper, dem Opernhaus Zürich, der Wiener Staatsoper und bei internationalen Musikfestivals. Auf dem Konzertpodium trat er u. a. mit der Staatskapelle Berlin, dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, dem Deutschen Symphonie Orchester, dem LA Symphony, dem Chicago Symphony und dem Radio Philharmonic Orchestra in Amsterdam auf. Zu seinem Repertoire gehören Escamillo (Carmen), Filippo II (Don Carlo), Procida (I vespri siciliani), Silva (Ernani), Zaccaria (Nabucco), Pimen (Boris Godunow), Sarastro (Die Zauberflöte), Raimondo (Lucia di Lammermoor), Don Basilio (Il barbiere di Siviglia), Daland (Der fliegende Holländer), Banquo (Macbeth), Leporello (Don Giovanni), Timur (Turandot), Mephistopheles (Faustund La Damnation de Faust), Enrico VIII (Anna Bolena) und Titelrollen in Le nozze di Figaro, Attila und Aleko.