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Così fan tutte

Dramma giocoso in zwei Akten von Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791)
Libretto von Lorenzo da Ponte

Musikalische Leitung Cornelius Meister Inszenierung, Bühnenbild und Kostüme Kirill Serebrennikov Umsetzung Inszenierung, Choreographie Evgeny Kulagin Mitarbeit Bühne Nikolay Simonov Mitarbeit Kostüm Tatiana Dolmatovskaya Lichtgestaltung Franck Evin Video-Design Ilya Shagalov Dramaturgie Beate Breidenbach

In italienischer Sprache mit deutscher und englischer Übertitelung. Dauer ca. 3 Std. 30 Min. inkl. Pause nach dem 1. Teil nach ca. 1 Std. 35 Min. Werkeinführung jeweils 45 Min. vor Vorstellungsbeginn.
Einführungsmatinee am 21 Okt 2018.

Vergangene Termine

November 2018

So

04

Nov
19.00

Così fan tutte

Oper von Wolfgang Amadeus Mozart, Premiere, Premieren-Abo A

Do

08

Nov
19.00

Così fan tutte

Oper von Wolfgang Amadeus Mozart, Premieren-Abo B

So

11

Nov
13.00

Così fan tutte

Oper von Wolfgang Amadeus Mozart, Sonntag-Abo A

Di

13

Nov
19.00

Così fan tutte

Oper von Wolfgang Amadeus Mozart, Dienstag-Abo A, Misch-Abo C

Fr

16

Nov
19.00

Così fan tutte

Oper von Wolfgang Amadeus Mozart, Freitag-Abo A

Mi

21

Nov
19.00

Così fan tutte

Oper von Wolfgang Amadeus Mozart, Mittwoch-Abo B

Sa

24

Nov
19.00

Così fan tutte

Oper von Wolfgang Amadeus Mozart, Misch-Abo B, Mozart-Abo

Mi

28

Nov
19.00

Così fan tutte

Oper von Wolfgang Amadeus Mozart, Mittwoch-Abo A

Dezember 2018

Sa

01

Dez
19.00

Così fan tutte

Oper von Wolfgang Amadeus Mozart, Samstag-Abo

Gut zu wissen

Kurzgefasst

Così fan tutte

Kurzgefasst

Così fan tutte

Trailer «Così fan tutte»

Gespräch


Ein grausames Experiment

Für Kirill Serebrennikov ist Mozarts Oper «Così fan tutte» keine frivole Verwechslungskomödie, sondern eine aufregend moderne Geschichte über Geschlechterbeziehungen. Aus seinem Moskauer Hausarrest heraus hat er vor der Premiere 2018 Fragen zur Konzeption seiner Zürcher Regiearbeit beantwortet.

Dieser Artikel erschien im Oktober 2018.

Kirill Serebrennikov, Sie befinden sich nun seit über einem Jahr in Moskau in Hausarrest. Wie geht es Ihnen in dieser Situation? Womit verbringen Sie Ihre Zeit?
Ich arbeite an Mozarts Così fan tutte! Wie es mir mit dieser Situation geht, darüber werde ich dann sprechen können, wenn sie hoffentlich bald vorbei ist. In jedem Fall ist es eine sehr wichtige Erfahrung für mich.

Obwohl Sie unter Hausarrest stehen, laufen hier am Opernhaus Zürich seit 21. September die Proben zu Ihrer Inszenierung von Mozarts Così fan tutte ...
Es ist sehr schmerzhaft, eine Oper sozusagen über meinen Anwalt inszenieren zu müssen. Aber man darf sich den Kräften des Bösen nicht beugen. Heutzutage in Russland – aber auch in vielen anderen Ländern der Welt – Künstler zu sein, bedeutet, ein grosses Risiko einzugehen – als Künstler riskieren wir nicht nur unsere Gesundheit, sondern auch unsere Freiheit. Das Theater ist in Russland zu einer Risikozone geworden, denn es ist gefährlich für die Dogmatiker, wie alles, was den Menschen zum freien Denken und zu einem freien Bewusstsein verhilft.

Sie haben die Inszenierung von Così fan tutte im Detail vorbereitet und gemeinsam mit Evgeny Kulagin ein detailliertes Regiebuch erarbeitet – die Inszenierung ist also in Ihrem Kopf theoretisch so gut wie fertig. Haben Sie eine Möglichkeit, zu überprüfen, wie diese theoretische Inszenierung in der Praxis funktioniert?
Ja, diese Möglichkeit gibt es zum Glück, dank der Technik des 21. Jahrhunderts und dank meinem Freund und Co-Regisseur Evgeny Kulagin, der mit dem Regiebuch, das wir gemeinsam erarbeitet haben, nach Zürich gereist ist und mit den Sängerinnen und Sängern nun dort probt. Über meinen Anwalt, der mich hier in Moskau im Hausarrest besuchen darf, bekomme ich Videomitschnitte von den Proben und kann den Sängerinnen und Sängern – wiederum über meinen Anwalt – anschliessend Feedback geben über das, was ich gesehen habe, oder sogar Szenen ändern.

Sie haben bisher – neben vielen Inszenierungen im Schauspiel und einigen sehr erfolgreichen Filmen, zuletzt Leto (Sommer), der auch am Zurich Filmfestival gezeigt wurde – den Goldenen Hahn am Moskauer Bolschoj Theater, Salome an der Stuttgarter Staatsoper und Il barbiere di Siviglia an der Komischen Oper Berlin inszeniert. Così fan tutte ist Ihre erste Begegnung mit dem Musiktheater Mozarts. Was reizt Sie an diesem Stück?
Mich reizt vor allem die Musik von Mozart! Er ist ein Weiser und ein Zauberer. Die Musik ist fantastisch, sie evoziert eine ganz eigene Welt. Dazu kommt diese unglaublich moderne, aufregende Geschichte. Gerade jetzt im Moment verwendet unsere Gesellschaft sehr viel Energie auf die Klärung der Geschlechterbeziehungen, sowohl auf sexueller als auch auf sozialer Ebene. Und darüber mit der Musik Mozarts nachzudenken, ist sehr aufregend.

Oberflächlich gesehen ist Così fan tutte zunächst vor allem eine leicht frivole Verwechslungskomödie; bei genauerer Betrachtung ist es jedoch ein ziemlich grausames Experiment mit den Gefühlen von vier jungen Leuten, das Don Alfonso veranstaltet.
Ja, es ist in der Tat ein grausames Experiment. Ein Experiment zudem, in dem aus-schliesslich die Männer die Regeln diktieren. Insofern erzählt es auch ganz allgemein etwas über eine männlich dominierte Welt, die unser Leben in vielen Bereichen nach wie vor bestimmt.

Neben aller Grausamkeit ist diesem dramma giocoso jedoch auch die Komödie eingeschrieben. Inwiefern interessiert Sie diese Komödie?
Ich bin grundsätzlich der Meinung, dass man Menschen ohne Humor meiden sollte! Und umgekehrt versuche ich gerade in den ernsten, sogar in den wirklich schrecklichen Momenten, das Lustige zu entdecken. Ich arbeite gern mit schwarzem Humor.

Warum veranstaltet Don Alfonso überhaupt ein solches Experiment? Und warum lassen sich Ferrando und Guglielmo darauf ein?
Bei Alfonso könnte eine sehr schmerzhafte Erfahrung mit einer Frau der Grund da-für sein, dass er zum Zyniker geworden ist und nicht mehr daran glaubt, dass überhaupt irgendeine Frau ihrem Mann treu sein könnte. Ferrando und Guglielmo lassen sich darauf ein, weil sie Alfonso gegenüber nicht feige wirken wollen. Aber mich interessiert nicht nur die persönliche Geschichte dieser Figuren, mich interessiert ganz grundsätzlich die Beziehung zwischen dem männlichen und dem weiblichen Ursprung. Es ist nicht einfach die private Geschichte zweier Paare, um die es hier geht. Mozart selbst verwendet das Wort «tutte» – also «alle Frauen» –, darin steckt schon die Verallgemeinerung.

Behält Alfonso die Kontrolle über das, was er angefangen hat?
Das werden Sie sehen!

Behält irgendeiner oder irgendeine der Beteiligten die Kontrolle über seine Gefühle?
In unserer Inszenierung wird das Experiment, das mit diesen jungen Menschen durchgeführt wird, sogar noch stärker zugespitzt als in der Oper. Die Beziehungen der Menschen interessieren mich über die Grenzen des Lebens hinaus. Unsere Verliebten finden sich auf verschiedenen Seiten der Realität wieder, wie in dem Film Ghost von Jerry Zucker. Sie müssen den Abschied durch den Tod aushalten.

Die Männer ziehen also in Ihrer Inszenierung nicht nur zum Schein in den Krieg, sondern kommen – zumindest in der Vorstellung der beiden Frauen – tatsächlich im Krieg ums Leben. Die Frauen verlieben sich schon bald nach dem Tod ihrer Männer wieder neu. Wie ist das in dem emotionalen Zustand, in dem wir uns die Frauen vorstellen müssen, überhaupt möglich?
Zunächst muss man sagen, dass bei Mozart das Ganze in nur einem Tag abläuft; wir gehen in unserer Version davon aus, dass etwas mehr Zeit vergeht, bis die Frauen sich den anderen Männern hingeben. Dennoch ist Così fan tutte für mich auch eine Geschichte über das Vergessen, darüber, was mit der Erinnerung an einen geliebten Menschen passiert, wenn er nicht mehr da ist – und wie schnell diese Erinnerung verblasst. Denken Sie an Shakespeares Hamlet: Seine Mutter kommt gerade von der Beerdigung und sitzt schon kurz danach an der Tafel ihrer eigenen Hochzeitsfeier.

Die beiden Frauen sind ja bei Mozart sehr unterschiedlich gezeichnet: Während Dorabella relativ schnell dazu bereit ist, sich ein bisschen zu amüsieren, widersetzt sich Fiordiligi viel länger der Verführung.
Fiordiligi kämpft bis zuletzt dagegen an, sich diesem neuen Mann hinzugeben. Gegen die Männer, die mit allen Mitteln kämpfen, haben die Frauen allerdings kaum eine Chance. Es sind sehr aggressive Methoden, die die Männer hier anwenden, es ist, wenn man so will, eine brutale Attacke männlicher Liebe. Das halten die Frauen nicht aus. Diesen Männern ist jedes Mittel recht, um sich die Frauen zu unterwerfen und damit ihre Wette zu gewinnen. Umso grausamer ist es dann, wenn es im Finale heisst: «così fan tutte» – so machen es alle Frauen!

Bei Mozart ziehen die Männer zum Schein in den Krieg und kommen verkleidet zurück, um die Treue ihrer Verlobten auf die Probe zu stellen. Dass ihre Frauen sie bloss wegen eines angeklebten Schnurrbarts nicht erkennen, ist nicht sehr glaubwürdig; jede Inszenierung muss für dieses Problem eine Lösung finden. Wie gehen Sie damit um?
Das ist das Schwierigste in unserer Inszenierung. In unserer Inszenierung schicken die Männer anstelle ihrer selbst sogenannte Avatare, Figuren, die wir «Tiere» nennen, zu ihren Frauen – sie sind für uns die Verkörperung des dunklen, niederträchtigen Teils im Mann, vor dem die Frau vollkommen hilflos ist...

Diese Avatare werden von Doubles verkörpert; Sie spalten die Figuren Ferrando und Guglielmo also in je einen Sänger und einen Schauspieler auf, um das Glaubwürdigkeitsproblem zu lösen. Wie muss man sich die Szenen konkret vorstellen?
Alle Darsteller, Schauspieler ebenso wie Sänger, sind auf der Bühne. Die Männer sind tatsächlich aufgespalten in ihren Körper (die Tiere) und ihren Geist (die Sänger – also die Stimme). Die Sänger beobachten, was mit ihren Frauen passiert, wir sehen ihre Reaktionen, können ihnen sozusagen in den Kopf schauen – viel mehr, als wir das ohne die Doubles könnten. Und mit den Doubles gehen wir in der szenischen Aktion viel weiter, als es mit den Sängern möglich wäre. Dadurch haben wir uns einerseits unsere Aufgabe doppelt schwer gemacht. Andererseits haben wir eine Lösung für das Problem gefunden, das Sie angesprochen haben und das mich immer schon irritiert hat.

Am Schluss des Stückes, gerade in dem Moment, in dem die Eheverträge mit den neuen Partnern unterschrieben werden sollen, kehren Ferrando und Guglielmo plötzlich aus dem Krieg zurück, der Schwindel fliegt auf – und alle sind extrem verwirrt und verletzt. Nach einer kurzen Irritation finden sich die ursprünglichen Paare wieder zusammen. Ist das überhaupt möglich, nach allem, was diese vier jungen Menschen erlebt und über sich selbst erfahren haben?
Bei Mozart gibt es kein wirkliches Happy End – das macht ihn gross. Er lügt nicht. Das Ende des Stückes ist mit einer grossen Trauer verbunden. Für mich erzählt die Musik im Finale von grosser Angst und starker Unruhe, und meiner Meinung nach entsteht dadurch der Eindruck, dass die Dinge nie mehr so sein werden, wie sie einmal waren.

Sie haben sich entschieden, im Finale des zweiten Aktes einen grossen Strich zu machen und den Beginn der Don Giovanni-Ouvertüre zu spielen. Woher kam diese Idee?
Unsere Männer kommen für die Frauen ähnlich unerwartet aus der Welt der Toten zurück wie der Komtur im Don Giovanni, und auch das Thema der Rache ist in beiden Momenten vorhanden. Bei uns wird es sogar zwei Komture geben, die aus der anderen Welt zurückkehren und die Frauen über ihren Sündenfall zur Rede stellen. Ein anderes Werk desselben Autors zu zitieren, ist im dramatischen Theater sehr verbreitet, aber in der Oper ist es immer noch ein Schock.

Gibt es irgendeine Verbindung zwischen Ihrem Leben im Hausarrest und dieser Oper? Oder ist Così fan tutte eine völlig andere Welt, in die Sie innerlich entfliehen können?
Mein geistig-seelisches Leben im Moment – das ist Mozart. Der Fieberwahn, dem ich in der physischen Welt ausgesetzt bin, illustriert nur die Tatsache, dass es unmöglich ist, heutzutage in Russland Künstler zu sein und keine Probleme zu haben.


Die Fragen haben wir Kirill Serebrennikov durch seinen Anwalt übermittelt, der uns auch die Antworten zustellte.
Übersetzung aus dem Russischen: Beate Breidenbach.
Dieser Artikel ist erschienen in MAG 63, Oktober 2018.
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Fotogalerie

 

Szenenbilder «Così fan tutte»

Podcast mit Mauro Peter


Die geniale Stelle


Hat Mozart geschlafen?

Vier seltsame Takte aus «Così fan tutte».

Was ist denn das? Was singt Ferrando da bloss? Da stimmt doch etwas nicht! Rekapitulieren wir: Um die Treue ihrer Verlobten auf die Probe zu stellen, gaben zwei junge Männer vor, zum Militärdienst zu müssen, kamen dann verkleidet zurück und warben heftig um ihre beiden Damen, die sich schliesslich wirklich in die «Fremden» verliebten, allerdings jeweils in den Verlobten ihrer Schwester, wobei auch die beiden Herren in ihrer Treue durchaus wankend wurden, bis sie von dem gefährlichen Spiel genug hatten und die Komödie ihrer Rückkehr aufführten. Um die Sache aufzuklären, zeigen sie sich nun mit Teilen ihrer Verkleidung und zitieren jeweils einen Teil ihrer musikalischen Maske, die sie bisher getragen haben. Guglielmo singt ein paar Takte aus dem Duett, bei dem er Dorabella endgültig gewonnen hat, Ferrando … Ja, das eben ist die Frage: Was singt er denn da? Vier Takte, in denen er sich überraschend und anscheinend unmotiviert als Edelmann aus Albanien präsentiert - mit einer Musik, die es vorher gar nicht gegeben hat. Was hat es damit auf sich? Für dieses Rätsel fand die Mozart-Forschung eine einfache Lösung: Es ist das Zitat einer ursprünglich konzipierten, dann aber gestrichenen Passage. Vermutlich waren diese vier Takte im 2. Finale schon niedergeschrieben, als Mozart sich umentschloss, so dass sie nun quasi in der Luft hängen. Das ist eine Antwort, aber eine von denen, die die Frage nicht lösen, sondern lediglich verschieben. Denn nun rätseln wir, warum Mozart dieses falsche Zitat stehen liess und nicht durch eine andere Passage ersetzte, die besser gepasst hätte. Hat er den Fehler etwa übersehen? Das ist gut möglich. Horaz prägte das bekannte Wort, «manchmal schläft selbst der grosse Homer», und bekundete seinen Ärger darüber, dass sich selbst bei den grössten Künstlern Unstimmigkeiten oder Widersprüche finden. Da er selbst zu den grössten gehörte, konnte er sich den Zorn auf seine Kollegen leisten. Wir Normalsterblichen müssen da zurückhaltender sein und andere Möglichkeiten in Betracht ziehen. Zum Beispiel: Vielleicht war für eine Berichtigung einfach die Zeit zu knapp? Schwerlich. Wenn es damals nicht ungewöhnlich war, eine Opernouvertüre in der Nacht vor der Uraufführung zu schreiben, die dann von den Musikern aus den noch tintenfeuchten Stimmen gespielt wurde, hätten sich vier Takte wohl leicht austauschen lassen. Oder: Ist das Absicht? Soll das falsche Zitat Ausdruck von Ferrandos Verwirrung sein - und der aller anderen, die versuchen, aus der verfahrenen Situation einen Ausweg zu finden? Oder: Hat Mozart einfach keine Lust gehabt, der Stelle den letzten Schliff zu geben, weil er selbst an einer sinnvollen Auflösung des Knotens zweifelte? Wirkt es nicht sehr brüchig, wenn auf Ferrandos Phrase die (etwas unmotiviert) in E-Dur endet, übergangslos Guglielmo in F-Dur fortsetzt, was einen heftigen Missklang ergibt? Sieht das nicht aus wie eine verlassene Baustelle, auf der ein paar Teile herumliegen, die nicht mehr miteinander verbunden wurden? Wir können diese Fragen nicht beantworten, und also auch nicht die, ob die Stelle eigentlich eine geniale oder lediglich eine schlampige ist. Und das ist ja durchaus angemessen für ein Stück, das die Fragen, die es aufwirft, nicht löst, sondern den Zuschauern überantwortet: «Der Vorhang zu und alle Fragen offen.» Und so betrachtet: Ist das nicht doch zumindest ein wenig genial?

Text von Werner Hintze.
Dieser Artikel ist erschienen in MAG 72, Oktober 2019.
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Drei Fragen an Andreas Homoki


An der Kunst festhalten

Intendant Andreas Homoki gab vor der Premiere im Oktober 2018 Auskunft über die aussergewöhnlichen Bedingungen unserer Neuproduktion «Così fan tutte» und die Probenarbeit ohne Regisseur vor Ort.

Dieser Artiekl erschien im Oktober 2018.

Herr Homoki, unsere nächste Premiere wird gerade unter aussergewöhnlichen Bedinungen vorbereitet. Der Regisseur Kirill Serebrennikov kann bei den Proben zu Così fan tutte nicht dabei sein, weil er in Moskau unter Hausarrest steht. Sie wollten trotzdem, dass er der Regisseur bleibt. Warum?
Es war natürlich nicht unser Wunsch, die Produktion unter diesen Umständen zu realisieren. Wir wurden dazu gezwungen. Ich habe Kirill Serebrennikov für diese Così engagiert, weil ich ihn als Künstler ausserordentlich schätze. Alles war fest verabredet, als er im August des vergangenen Jahres festgenommen und sich diesen kaum nachvollziehbaren Veruntreuungsvorwürfen ausgesetzt sah. Zunächst hatten wir die Hoffnung, dass er bald wieder frei kommt, aber dann ahnten wir, dass sich diese quälende Situation lange hinziehen wird, womöglich über den geplanten Probenbeginn hinaus. Die Frage stand im Raum, ob wir auf eine andere, bereits existierende Così­-Produktion ausweichen. Aber das wollte und konnte ich nicht. Ich fand die Vorstellung unerträglich, Kirill als Künstler und Regiekollegen in dieser schwierigen Situation im Stich zu lassen. Er sitzt ohne rechtsstaatliches Verfahren vollkommen ab geschnitten von der Welt in seiner Moskauer Wohnung und wird mundtot gemacht. Ein Bühnenkünstler, der nicht öffentlich wirken kann, ist kein Künstler mehr, sondern nur noch eine Privatperson, die Probleme mit dem russischen Staat hat. Genau das ist von politischer Seite beabsichtigt. Dem wollten wir uns nicht beugen und haben deshalb beschlossen, an Kirill festzuhalten.

Was bedeutete das für das Zustandekommen der Inszenierung?
Kirill hat während des Hausarrestes immer weiter an dem Così­-Konzept gearbeitet, er macht ja auch das Bühnenbild und die Kostüme. Wir konnten die Ausstattung nach seinen Entwürfen bauen, auch wenn die Kommunikation nicht einfach war. Kirill unterliegt einer strengen Kontaktsperre, ist ohne Internetanschluss, darf seine Wohnung nur zwei Stunden pro Tag mit einer Fussfessel verlassen und überhaupt nur mit seinem Anwalt und wenigen weiteren Menschen kommunizieren. Was macht ein Künstler in einer solchen Situation? Er arbeitet! Kirill hat die Inszenierung in der Zeit seines Hausarrests minutiös Szene für Szene vorbereitet und alles en detail am Schreibtisch ausgearbeitet. Als Intendant kann man sich nur wünschen, alle Regisseure würden ihre Inszenierung so gut vorbereiten.

Wie funktioniert nun die Probenarbeit ohne den Regisseur?
Regieführen heisst normalerweise vor Ort zu sein und die Inszenierung gemeinsam mit den Sängern zu erarbeiten. Aber ich kenne das Metier gut genug, um zu wissen, dass man ein existierendes Regie­ Konzept zur Not auch mit guten Assistenten umsetzen kann. Das erleben wir ja auch bei Wiederaufnahmen, die in der Regel ohne Anwesenheit des Regisseurs einstudiert werden. Wobei in solchen Fällen die szenischen Vorgänge schon einmal in einem ausführlichen Probenprozess erarbeitet worden sind. Das ist bei unserer Così nicht der Fall, aber Kirill hat mit Evgeny Kulagin einen Assistenten, der ihm sehr nahe steht und das Konzept hier nun einstudiert. Ich war nach einem persönlichen Treffen fest davon überzeugt, dass Evgeny in der Lage ist, auf Augenhöhe mit den Sängern zu arbeiten und eigenständig Entscheidungen im Sinne des Konzepts zu treffen. Das funktioniert erfreulicherweise wirklich gut, dank einer hochmotivierten Sängerbesetzung. Nicht zuletzt auch dank Cornelius Meister, der als ausgesprochen szenisch denkender Dirigent in dieser schwierigen Situation ebenfalls sehr unterstützend ist.


Dieser Artikel ist erschienen in MAG 63, Oktober 2018.
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Kirill Serebrennikov im Visier der Staatsmacht

Chronik der Ereignisse

Chronik der Ereignisse

Diese Ausstellung im Foyer des Opernhauses Zürich wurde von Sergio Morabito und Dmitry Kunyaev in Zusammenarbeit mit der Dramaturgie des Opernhauses Zürich erstellt.


Essay


An ihm wird ein Exempel statuiert

Ein Hintergrundbericht der russischen Journalistin Marina Davydova über Kirill Serebrennikov, der bei der Premiere 2018 aufgrund des Hausarrests in Moskau nicht in Zürich sein konnte, um seine Inszenierung von Mozarts Oper «Così fan tutte» zu realisieren.

Dieser Artikel erschien im Oktober 2018.

Kirill Serebrennikov ist seit einiger Zeit nicht nur einfach ein Regisseur – er ist zum Symbol eines neuen russischen Theaters geworden. Und sein «Fall» ist wie ein Prisma, durch das man – je nach Wunsch – alle politischen, ökonomischen oder ästhetischen Probleme Russlands betrachten kann.
Kirill Serebrennikov und der «Fall Serebrennikov» sind im Bewusstsein der Öffentlichkeit so sehr miteinander verschmolzen, dass sie kaum mehr zu unterscheiden sind. Versuchen wir, sie voneinander zu trennen.
Der Regisseur Serebrennikov nahm in der Theaterwelt Russlands von Anfang an eine Sonderstellung ein. Er wurde in Rostow am Don geboren und schloss sein Studium an der Fakultät für Mathematik und Physik mit hervorragenden Noten ab. Schon als Student begann er, Dokumentarfilme zu drehen und beim Fernsehen zu arbeiten; als Filmregisseur erwarb er sich seinen ersten Ruhm. Er erhielt sogar den in Russland sehr prestigeträchtigen Preis «Teffi». Aber im Unterschied zur grossen Mehrheit unserer Theaterregisseure studierte Serebrennikov nie an einer der Hochschulen für Theater, die in Russland so zahlreich vorhanden sind. Im westlichen Ausland hätte diese Tatsache vermutlich keine Bedeutung, in Russland jedoch ist das Diplom einer Hochschule für Theater eine Art Fetisch, und ein Regisseur, der es nicht besitzt, wird bis an sein Lebensende als Dilettant gelten.
Dass Serebrennikov dieses berühmt-berüchtigte Diplom nicht besass, hatte für seine Karriere viele negative Folgen, aber auch einen entscheidenden Vorteil. In den Theaterinstituten war damals die Mehrheit der Professoren überzeugt davon, dass sie ihren Studenten erklären kann, wie man eine Aufführung «richtig» inszeniert (das System Stanislawski beispielsweise wurde zu einer Art Religion erhoben), welche Aufführungen man machen soll und welche nicht. Serebrennikov verfügte nicht über dieses «sakrale» Wissen; damit hatte er aber auch viele Ängste nicht, die oft mit diesem Wissen einhergehen.
Eine der am weitesten verbreiteten Ängste in diesem Zusammenhang war die Angst der russischen Theaterszene vor zeitgenössischen Texten. Das Repertoire der grossen Theater in Russland Anfang des 21. Jahrhunderts bestand entweder aus der erprobten Klassik oder aus Komödien nach Broadway-Art. Neue Stücke wurden höchstens in Kellertheatern gezeigt. Alexej Kasanzew, der künstlerische Leiter eines dieser Kellertheater (es nannte sich «Zentrum für Dramaturgie und Regie»), hatte schon lange den Traum, Plastilin des damals noch jungen Autors Wassilij Sigarew auf die Bühne zu bringen, der heute ein sehr bekannter Schriftsteller und Filmregisseur ist. Das Stück erzählt von einem Jugendlichen, der in einer kleinen Provinzstadt lebt, wo Gewalt und Repression längst zur Norm geworden sind und man an jeder Ecke recht deftiges Vokabular zu hören bekommt. Der Autor beschreibt dieses Leben sehr anschaulich und detailreich (viele Szenen spielen auf der Schultoilette), und die russische Theaterszene war damals derart keusch, dass man sich so etwas auf der Bühne nicht mal vorstellen durfte.


Er holte zeitgenössische Dramen aus den Kellertheatern auf die Bühnen der wichtigsten Theater
Auf der Suche nach einem Regisseur für Plastilin wandte sich Kasanzev an viele russische Regisseure. Alle sagten ab. Serebrennikov sagte zu. Es wurde 2001 sein erster grosser Erfolg in Moskau. Er kam nicht nur mit dem Stück von Sigarev bestens zurecht, es gelang ihm auch auf erstaunliche Weise, diese direkt von der Strasse stammende Sprache zu poetisieren und eine gesunde ironische Distanz zum Text zu finden.
Daraufhin war es gerade Serebrennikov, der als erster die «neuen Dramen» (von den Stücken der Brüder Presnjakov bis zu Mark Ravenhills Polaroids) aus den Kellertheatern auf die Bühne der wichtigsten russischen Theater brachte. Er kannte keinen Ekel vor diesem Milieu, für das sich die russischen Theater damals zu fein waren. Er brach alle ungeschriebenen Gesetze unserer Bühnen und wurde einer der bekanntesten Regisseure Russlands. Das provozierte Neid und reizte einen grossen Teil der Traditionsbewahrer unserer Theater, die der Meinung waren, dass der «Dilettant ohne Diplom» nur dadurch Ruhm erlangt hatte, dass er die «Traditionen des russischen Theaters» zerstörte. Doch der Armee der Gegner stand eine immer grösser werdende Armee von begeisterten Fans gegenüber, zu denen viele im ganzen Land beliebte Künstler gehörten. Dass die besten Schauspieler des Landes in Serebrennikovs Inszenierungen Hauptrollen spielten, lenkte die Aufmerksamkeit Oleg Tabakovs auf Serebrennikov. Tabakov war künstlerischer Leiter des Moskauer Künstlertheaters, faktisch des wichtigsten Theaters des Landes. Tabakov, selbst ein grossartiger Schauspieler, beauftragte Serebrennikov damit, diese berühmte Bühne zu erneuern.
In den Jahren um 2000 brachte Serebrennikov im Moskauer Künstlertheater eine aufsehenerregende Inszenierung nach der anderen heraus und entwickelte dabei seinen eigenen Stil: In diesem geht das traditionelle russische psychologische Theater eine erstaunliche Verbindung ein mit greller Groteske und Elementen der Londoner und Pariser Music-Hall. Doch jeder gute Regisseur in Russland träumt von seinem eigenen Theater. Besonders schwierig, ein eigenes Theater zu bekommen, ist es für jemanden, der sich neuen Dramen zuwendet und die «russischen Klassiker verdreht». Umso erstaunlicher war es, dass 2011 unter Serebrennikovs Leitung das Projekt «Platforma» ins Leben gerufen wurde, das jetzt im Zentrum des Finanzskandals steht. Warum ist gerade Serebrennikov zum Opfer des Regimes innerhalb der Theaterwelt auserwählt worden? Und warum steht ausgerechnet «Platforma» nun im Fokus?


Die Präsidentschaft von Dmitri Medwedew steht für eine Modernisierung in der Kultur
Auf diese Fragen gibt es eine einfache Antwort. Einer der wichtigsten Oppositionellen des heutigen Russland, Alexej Navalny, führt schon lange eine Kampagne gegen die Korruption, die in den höchsten Etagen der russischen Macht blüht. Der Fall Serebrennikov ist – unter anderem – eine Antwort auf das, was Navalny aufgedeckt hat. Der Kreml agiert am liebsten spiegelbildlich. Wenn es in Moskau Demonstrationen gibt gegen Wahlfälschungen im Parlament, wird es bald danach Pro-Putin-Demonstrationen geben, die die Macht stützen. Wenn ein Vertreter der Opposition Unregelmässigkeiten aufdeckt, die die Finanzen in den höchsten Etagen der Macht betreffen, kann man sicher sein, dass es auch in den Reihen ebendieser Opposition bzw. der liberalen Intelligenzija entsprechende Enthüllungen geben wird. Diese Enthüllungen müssen natürlich für viel Aufsehen sorgen, und der Name dessen, der im Zentrum der Enthüllungen steht, muss in aller Munde sein.
Für diese Ziele ist die Theaterszene besonderes geeignet. Einerseits ist das Theater diejenige Kunstform, die am stärksten von staatlichen Geldern abhängig ist. Zum anderen ist unsere Gesetzgebung in Bezug auf die Finanzen so, dass man im Theater eigentlich gar nichts machen kann, ohne die Gesetze zu brechen. Wenn ein Intendant sich streng an das Gesetz hält, kann er weder die Kostüme rechtzeitig kaufen noch das Toilettenpapier. Das macht es sehr einfach, innerhalb der Theaterszene Verstösse gegen das Gesetz aufzudecken. Hier lässt sich in nützlicher Frist und in Bezug auf den unerwünschten Künstler immer irgendeine «Veruntreuung» aufdecken.
Doch das ist nur die Spitze des Eisbergs. Der unsichtbare Teil des Eisbergs ist deutlich interessanter. Wenn wir heute zurückschauen, verstehen wir, dass wir 2011, als «Platforma» gegründet wurde, in einer ganz anderen Epoche lebten. Die Krim war noch nicht annektiert worden, Kontakte mit dem Westen wurden noch nicht begrenzt, sondern im Gegenteil erweitert, das Gesetz über die Verletzung der religiösen Gefühle Gläubiger war in der jetzigen Version noch nicht verabschiedet, und die Vertreter moderner Kunst galten noch nicht als nationale Verräter. Darüber hinaus haben die Mächtigen gerade in den 10er Jahren, als Dmitri Medwedew Präsident war, zum ersten Mal in der neueren Geschichte der Russischen Föderation lauthals verkündet, dass sie bereit dazu sind, das, was gemeinhin als moderne Kunst bezeichnet wird, zu unterstützen. Schon bei uns herrscht ein eher oberflächliche Verständnis von der vierjährigen Regierungszeit Medwedews – im Westen jedoch sieht man das noch oberflächlicher, dort ist scheinbar «alles klar»: Medwedew war bloss ein Platzhalter Putins auf dem Thron. Aber letztlich ist es nicht so wichtig, wie gross die Machtbefugnisse Medwedews wirklich waren. Wichtig ist etwas anderes: In die Jahre seiner Präsidentschaft fällt die Aufforderung zur Modernisierung und «Verwestlichung» verschiedenen Bereichen der Gesellschaft: der Industrie, der Wirtschaft, der Wissenschaft... In den Jahren unter Medwedew wurde die Gesetzgebung in Bezug auf die Wirtschaft stark liberalisiert. Die ehemals zwei Jahre Wehrpflicht wurden auf ein Jahr verkürzt. In den Schulen wurde ein Zentralabitur eingeführt, und der Ausbildungsstandard wurde westlichen Standards angenähert. Interessant ist auch, dass in diesen Jahren die Miliz in «Polizei» umbenannt wurde. Das scheint eine rein dekorative Massnahme zu sein, doch im russischen Kontext hat sie eine besondere Bedeutung. Polizei – das ist etwas «Westliches», während der Begriff Miliz aus der Sowjetzeit stammt.
Im Rahmen dieser Modernisierung erinnerte sich das Establishment im zweiten Jahr von Medwedews Präsidentschaft auch an die Kultur. Es wurde klar, dass es sehr schwer ist, grundlegende Reformen im Bereich der Ökonomie durchzuführen, und dass rein dekorative Massnahmen (Polizei statt Miliz) nicht ausreichen würden. Die Reformen innerhalb der Kultur sollten Ersatz sein für die Modernisierung, die in den anderen Bereichen nicht wirklich stattgefunden hatte.
Von dem Treffen Medwedews mit Vertretern verschiedener Künste, das am 24. März 2011 stattfand, existieren Stenogramme, aus denen hervorgeht, dass der Kreml in diesem Moment den neuen Trends nicht nur offen gegenüberstand, sondern sie in gewissem Sinne sogar provozierte. Hier ein Zitat aus der Rede des Präsidenten: «Meiner Ansicht nach sollte die Modernisierung, von der ich so oft spreche und von der auch andere Kollegen sprechen, diese Modernisierung unseres Lebens, der ökonomischen Grundlagen, des politischen Systems von Menschen durchgeführt werden, die offen sind für diese Entwicklung. Menschen, die sich mit moderner Kunst beschäftigen, sind normalerweise offen für Veränderung. Hier gibt es, wenn Sie so wollen, eine direkte Verbindung...»
In der Kultur jedoch gibt es eine nicht ganz einfache Sparte namens Theater. Und die zu modernisieren, ist schwieriger als alles andere, denn eben dieses Theater scheint sich jeglichen Entwicklungen der neuen Zeit zu widersetzen. Seit 1991 wurde alles mögliche erneuert (ob das gute oder schlechte Erneuerungen waren, ist eine andere Frage), aber die sperrigen, unbeweglichen Repertoiretheater und die ebenso unbeweglichen und konservativen Hochschulen für Theater haben sich seit 1975 oder sogar seit 1955, also seit der Stalinzeit, nicht verändert. Die Strukturen der Macht brauchten plötzlich jemanden, auf den sie in ihrem Bestreben nach Modernisierung (sowohl auf organisatorischer als auch auf ästhetischer Ebene) setzen konnten. Kirill Serebrennikov erwies sich als einer dieser Menschen, die, ich wiederhole es, in unseren Theatern so rar sind.
Eine weitverbreitete Version besagt, dass der bekannte Regisseur mit ausgestreckten Händen zum Kreml gegangen sei und um Geld für irgendwelche Projekte gebeten habe. Diese Version ist nichts als ein Mythos. Es war genau andersherum. Im Rahmen der Modernisierung schauten die Mächtigen sich um und stellten sich die Frage: Auf wen können wir im Theater zählen? Wer ist diese symbolische Figur? Da fiel ihnen Serebrennikov ein.
So entstand 2011 das von den Mächtigen initiierte Projekt «Platforma», das vier Sparten miteinander verband – modernen Tanz, zeitgenössische Musik, modernes Theater und Multimedia. Schwer zu sagen, wie viele Choreografen, Komponisten, Künstler, Musiker, Schauspieler, Performer an den vielgestaltigen Veranstaltungen des Projekts «Platforma» teilnahmen. Und schwer zu zählen, wie viele Veranstaltungen es gab. Als die Beteiligten eine Dokumentation der damaligen Zeit erstellen wollten, kamen mehr als 80 (!) Theaterplakate zusammen. Es lohnt sich, zu erwähnen, dass für die Mehrheit der Künstler, Komponisten, Regisseure, die Serebrennikov engagierte, die Türen eines Repertoiretheaters für immer verschlossen bleiben würden. Es war der Versuch, ein paralleles Kulturleben aufzubauen, mit einem Schwerpunkt auf neuen Ideen und einem europäischen Entwicklungsmodell. Der Erfolg von «Platforma» hat das Gogol-Zentrum hervorgebracht. 2012 ernannte der damalige progressive Leiter des Moskauer Kulturdepartements Sergej Kapkov Serebrennikov zum künstlerischen Leiter des trostlosen Moskauer Gogol-Theaters, in das die Theaterkritiker schon lange keinen Fuss mehr gesetzt hatten. Dieses Theater verwandelte Serebrennikov in einen Vorposten avantgardistischen Theaters – ins Gogol-Zentrum. Er gründete in Moskau ein Theater neuen Typs, dessen Türen den Zuschauern fast 24 Stunden offen stehen, in dem neben Vorstellungen und Premieren auch Gesprächsrunden stattfinden, politische Diskussionen, Vorträge, Filmvorführungen, und wo sich ständig liberal und oppositionell gesinnte Menschen versammeln. All das passierte in der kurzen Medwedew-Epoche. Diese neue Institution rief eine Welle von Protesten und Skandalen hervor, und zwar besonders von Seiten der Theaterleute: Die Schauspieler aus dem ehemaligen Ensemble des Gogol-Theaters, die jede Modernisierung kategorisch ablehnten, gingen in Moskau auf die Strasse und riefen mit patriotischen Losungen die Macht dazu auf, die «Zerstörung der nationalen Werte» zu stoppen. Sie schrieben an alle Instanzen – von der Duma bis zur Staatsanwaltschaft – Anzeigen, in denen sie die Aufführungen des neuen künstlerischen Leiters aller möglichen Sünden bezichtigten: der Verwendung verbotenen Vokabulars, der Verletzung religiöser Gefühle, der Propagierung von Homosexualität und Pädophilie und nebenbei auch noch der Veruntreuung von Subventionsgeldern.


Der oberste Herrscher Putin wählt die Ideologien ganz nach seinem Bedarf aus
Diese Anzeigen belegen, dass der Gegensatz von russischer Gesellschaft und russischer Macht, mit dem westliche Journalisten so häufig operieren, die Situation nicht ganz zutreffend beschreibt. In allen Segmenten der russischen Gesellschaft, angefangen von der Spitze der Machtpyramide bis hin zur Theatergemeinde, gibt es Verfechter der Modernisierung und Verfechter des Alten, Liberale ebenso wie Staatstreue. Es genügt zu sagen, dass man im Theater in Rostow am Don, der Stadt, in der Serebrennikov geboren wurde und aufgewachsen ist, bis heute die in der Tradition des «sozialistischen Realismus» stehende Aufführung Stalin, der Uhrmacher über Stalin als effektiven Manager sehen kann; der Regisseur ist Alexander Pudin. Es wäre naiv, anzunehmen, dass Pudin von irgendwelchen hohen Beamten dazu gezwungen wurde, diese Vorstellung auf die Bühne zu bringen. Er tat das aus freien Stücken. Solche Pudins gibt es in Russland viele. Und jeder von ihnen ist bereit, Anzeige zu erstatten gegen den «falschen», nicht traditionell arbeitenden Regisseur.
In den Jahren von Medwedews Herrschaft war die Erzählung der konservativen Theatermacher darüber, wie schrecklich der Zerstörer der russischen Tradition und Moral ist, vor allem für sie selbst interessant. In den Jahren darauf veränderte sich die Atmosphäre im Land radikal. 2012 wurde Wladimir Putin zum dritten Mal gewählt. Genauer gesagt, er bestieg wieder den Thron, den er vorübergehend Medwedew überlassen hatte, und überliess diesem gnädig den Posten des Ministerpräsidenten. In seiner Wahlkampagne legte Putin den Schwerpunkt nicht auf Modernisierung, sondern auf die Bewahrung der alten Werte. Er verliess sich offenbar darauf, dass er in Zeiten ökonomischer Schwierigkeiten (der Ölpreis hatte bereits zu fallen begonnen) seine Macht nur erhalten konnte, indem er sich auf archaische Dinge stützte, die aus den tiefsten Tiefen des Volkes kommen, auf die Idee eines Imperiums, in der sich auf paradoxe Weise orthodoxe Traditionen mit der Verherrlichung der sowjetischen Vergangenheit vermischen.
Die Epoche von Putins Herrschaft dauert nun schon 18 Jahre. In Wirklichkeit sind es jedoch mehrere, verschiedene Epochen. Stellen Sie sich vor, dass Sie im Theater sitzen. Der Vorhang ist geschlossen, darauf steht PUTIN. Aber was für eine Aufführung gezeigt wird, wenn der Vorhang aufgeht, wissen Sie nicht. Ungefähr so sieht die Geschichte des «Putinismus» aus. Der oberste Herrscher hat, im Grunde genommen, keine Ideologie. Sie wird nach Bedarf für den Machterhalt ausgewählt. 2012 brauchte Putin die Idee des grossen Russland, das seine Traditionen pflegt und sich dem verfaulenden, amoralischen und sich Russland überlegen fühlenden Westen mutig entgegenstellt. Da die Ideologien nach Bedarf ausgewählt werden, kommt man nicht darum herum, sich auf Menschen zu stützen, für die die jeweilige Ideologie geradezu den Sinn des Lebens ausmacht.
Die Aufgabe des Kulturministers fiel Wladimir Medinski zu, einem eingefleischten Anti-Westler und Hurra-Patrioten, der sowohl mit den obskursten Kreisen der russisch-orthodoxen Kirche als auch mit dem Geheimdienst FSB eng verbunden ist. Zur Zeit Medwedews war jedes dritte Wort in den Dokumenten, die vom Kulturminister kamen, «Innovation». Nach 2012 wurden diese Dokumente umgeschrieben, und das Wort «Innovation» wurde sorgfältig durch «Tradition» ersetzt.
Die Beziehung des neuen Ministers zum Premierminister Medwedew war von Anfang an konfliktreich. Seinen unmittelbaren Chef nahm der Kulturminister nicht ernst; zurecht ging er davon aus, dass der Schutz der hohen Beamten im Geheimdienst seine Position quasi unangreifbar machen würde.
Das Amt Medinskis wurde faktisch zum Zentrum der konservativen Revolution in Russland. Von ihm stammt die Idee der heute wirksamen finanziellen Zensur, die sich als sehr viel schlimmer erwiesen hat als die ideologische Zensur sowjetischer Prägung. Was riskierte ein Regisseur oder Intendant, wenn er zu sowjetischen Zeiten eine politisch nicht opportune Inszenierung auf die Bühne brachte? Er riskierte, dass die Kontrollorgane die Aufführung verbieten oder Änderungen erzwingen. Jetzt ist das Risiko viel höher. Offiziell gibt es keine Zensur, aber praktisch passiert Folgendes: Wenn du etwas nicht so inszenierst, wie es den inoffiziellen Zensoren gefällt, kann jedes beliebige Vergehen gegen die absurden Finanzgesetze gegen dich verwendet werden. Auf diese Art und Weise riskiert jeder Regisseur, der sich entscheidet, eine radikale Inszenierung auf die Bühne zu bringen, nicht nur die Aufführung, sondern uch die Freiheit des Intendanten, der alle finanziellen Dokumente unterschrieben hat, und sogar, wie sich herausgestellt hat, seine persönliche Freiheit. Die Selbstzensur ist unter den Theaterschaffenden in Russland inzwischen so stark geworden, dass es keine tatsächliche Zensur mehr braucht.


Die Kunst rückt ins Zentrum einer konservativen Revolution
Es gibt gute Gründe anzunehmen, dass Medinski und seine Gefolgsleute aus dem FSB und der russisch-orthodoxen Kirche die Initianten des «Falls Serebrennikov» waren. Dieser Fall ist nicht nur ein Krieg der neuen Beamtengeneration gegen die Theaterschaffenden. Es ist auch ein Krieg gegen die Beamten, die während der Regierungszeit Medwedews für die Politik der Modernisierung verantwortlich waren. Die Kommunikation mit ihnen verläuft so: Wir haben uns jetzt Ihren Protegé vorgenommen. Aber früher oder später nehmen wir uns Sie selbst vor, denn Sie hatten vor, das grosse, unabhängige Russland in einen Teil der verfaulenden westlichen Welt zu verwandeln. Wladimir Putin hat den Dschinn des Konservatismus aus der Flasche gelassen, aber dieser Dschinn hat schon bald angefangen, selbständig zu wirken. Und es ist noch nicht ausgemacht, wer sich wem unterwerfen wird.
Für all das, was ich hier beschreibe, gibt es das schöne englische Wort Backlash. Das ist eine Reaktion auf den Modernisierungstrend der vergangenen Zeit, auf einen Ruck der Gesellschaft nach vorne. Vielleicht nicht mal ein Ruck, sondern lediglich der Versuch eines solchen Rucks. In Russland waren solche Bewegungen immer von kurzer Dauer.
Es genügt schon, sich an den Abgrund zu erinnern, der sich zwischen der gross-artigen russischen Avantgarde der 1920er-Jahre und dem stalinistischen Totalitarismus aufgetan hat. Stalins Wunsch nach Alleinherrschaft hatte die gnadenlose Vernichtung aller Konkurrenten zur Folge. Neben den persönlichen Ambitionen Stalins ging es damals noch um etwas anderes: Um die archaischen Bedürfnisse eines grossen Teils der Bevölkerung, für die die antiwestlichen Ideen, die Erschaffung eines neuen (sowjetischen) Reiches mit einem neuen Zaren bedeutend vielversprechender waren als alle revolutionären Vorhaben der Jahre davor. Man könnte lange davon erzählen, wie in der Stalinzeit ein Modernisierungsprojekt der 20er-Jahre nach dem anderen zurückgedreht wurde (angefangen von der sexuellen Revolution bis zu den neuen Errungenschaften in der Pädagogik). Und man könnte viele avantgardistische Trends im Theater, in der Literatur, in der bildenden Kunst aufzählen, die in der Stalinzeit vernichtet wurden. Nicht sofort, nach und nach. Aber gegen Ende der Stalin-Epoche, also Ende der 50er-Jahre, gibt es im Land weder das Theater Mejerhold, noch das Theater Alexander Tairow, noch das Jüdische Theater von Solomon Michoels, noch die grossartigen russischen «Oberiuten» von Daniil Charms und anderen. NICHTS von dem, was wenigstens teilweise an die künstlerisch so aufregenden 20er-Jahre erinnern würde. Das revolutionäre Projekt, das bis dahin auf die ein oder andere Weise im Land umgesetzt worden war, wurde in den Jahren des Stalinismus durch Restauration ersetzt, obwohl an die Fassade der Sowjetunion formal nach wie vor linke Losungen gepinselt wurden.
Natürlich kann man den kurzen Versuch der Modernisierung während der Präsidentschaft Medwedews nicht mit der Epoche der russischen Avantgarde vergleichen, und der derzeitige Backlash läuft, Gott sei Dank, weniger blutig ab als vor 70 Jahren. Doch im Kern ist es dasselbe.
Es ist nur folgerichtig, dass auch jetzt – ebenso wie Ende der 20er-Jahre – die Kunst wieder im Zentrum der konservativen Revolution steht. In einem Land, in dem es seit der Stalinzeit als Verrat an der Heimat gilt, sich mit avantgardistischen Entwicklungen oder westlichen Trends zu beschäftigen und in dem die Klassiker in Ikonen verwandelt wurden, die nach strengen Regeln angebetet werden müssen, werden politische Fragen schon lange mit dem Massstab der Ästhetik gemessen.
Die Logik der neuen Traditionalisten ist einfach: Wenn Menschen, die moderne Kunst verstehen, bereit sind zur Modernisierung, dann bedeutet das, dass alle, die sich mit moderner Kunst beschäftigen, schon allein dadurch verdächtig sind. Kirill Serebrennikov ist zu einer emblematischen Figur des Modernisierungstrends geworden, und gerade er wird nun im Namen der konservativen Revolution geopfert. Sein «Fall» ist nur der sichtbarste Teil im Kampf der zwei Kräfte, die man vereinfacht die archaische und die modernisierende Kraft nennen könnte. Der Ausgang dieses Kampfes wird davon abhängen, welche Vorstellung wir in der nächsten Zeit sehen werden, wenn der Vorhang aufgeht, auf dem steht: PUTIN.


Text von Marina Davydova, Theaterkritikerin, Historikerin, Produzentin, Autorin, Herausgeberin und künstlerische Leiterin des Festivals NET in Moskau.
Übersetzt aus dem Russischen von Beate Breidenbach.
Dieser Artikel ist erschienen in MAG 63, Oktober 2018.
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SRF Kulturplatz widmete dem Fall Kirill Serebrennikov und unserer Produktion Così fan tutte eine ganze Sendung.

Die NZZ berichtete zweimal über die ungewöhnliche Neuproduktion:
«Wir können Serebrennikow jetzt nicht hängenlassen»
«Unsere Barrikade ist die Bühne»

Hinter dem Vorhang von «Così fan tutte»

Dirigent Cornelius Meister über das Terzettino Nr. 10 «Soave sia il vento»


Gespräch


Alle Figuren wollen ein Abenteuer erleben

Der Dirigent von «Così fan tutte» ist der Deutsche Cornelius Meister, der seine dritte Neuproduktion am Opernhaus Zürich leitet. Ein Gespräch über die geniale Vieldeutigkeit in Mozarts Oper und die Kunst in Zeiten schwieriger Politik.

Herr Meister, der Blick auf Così fan tutte hat sich seit der Uraufführung immer wieder geändert. Mal wurde die Oper als moralisch ungehörig empfunden, mal als unglaubwürdige Komödie abgelehnt. Heute schätzen wir sie als ein Werk, das nah dran ist an an den komplizierten Liebespaarbeziehungen der Moderne. Was überwiegt für Sie: der komödiantische Witz oder der bittere Beziehungsernst?
Vielschichtigkeit und Mehrdeutigkeit halte ich für wesentliche Kennzeichen von Mozarts Stil. Daher bin ich als Musiker froh, dass ich nicht mit Worten beschreiben muss, was Mozart in Così fan tutte musiktheatralisch zum Ausdruck bringt. Denn der Versuch, eine Eindeutigkeit zu behaupten, ins­besondere eine verbale, würde Mozarts Kunst verkleinern. Wirklich grosse Kunstwerke lassen sich vermutlich immer unter sehr unterschiedlichen Aspekten interpretieren. Was bei Mozart immer überzeugt, ist, wie er auf einzigartige Weise die Architektur eines Werks gestaltet, den dramatischen Ablauf und vor allem etwas, das sich vielleicht mit «emotionaler Gesamtanlage» benennen lässt. Dabei ist er präzise, lässt aber gleichzeitig der Kreativität und Fantasie der Interpreten viel Raum. So notiert er eine Vielzahl an Fermaten, die wir zum Improvisieren nutzen. Dabei ist die jeweilige Stimmung stets Ausgangspunkt. Wie wir etwas ausführen, steht an zweiter Stelle. In den Fermaten ruft Mozart uns Interpreten zu: Hier dürft ihr! Macht was daraus! Diese Aufforderung nehmen wir liebend gern an.

Gilt diese Offenheit auch für die inhaltlichen Aussagen des Stücks?
Nehmen wir nur den Schluss der Oper: Nachdem sich Da Ponte und Mozart nicht nur zum Beginn des Abends viel Zeit nehmen, die Handlung zu entfalten (man denke an die einleitenden drei Terzette in der genau gleichen Sänger­-Besetzung), sondern auch im weiteren Verlauf vielen Details Raum geben, endet die Oper recht knapp, sodass viele Fragen offen bleiben. Wir erleben die ausführlich dargestellten Liebesverwirrungen zweier Paare, und am Ende werden wir uns fragen: Wie leben die denn zukünftig zusammen nach alldem, was passiert ist? Ist jetzt alles wieder Friede, Freude, Eierkuchen, oder liegen die Beziehungen in Scherben? Mozart und Da Ponte hätten diese Fragen in einem eigenen Ensemble eindeutig beantworten können. Aber genau das tun sie nicht. Die Zukunft der Beziehungen wird auf der Bühne nicht dargestellt. So viel wir im Verlauf des Abends über die einzelnen Charaktere gelernt haben, so wenig Eindeutiges erfahren wir über die Zukunft. Nicht nur einem Regisseur, sondern vor allem dem Publikum eröffnet das mannigfache Möglichkeiten, sich den weiteren Verlauf auszumalen und mit einer eigenen Interpretation nach Hause zu gehen.

Ein ewiges Problem in Così besteht ja darin, dass die Männer, um ihre Frauen der Untreue zu überführen, verkleidet erscheinen und von den Frauen nicht erkannt werden dürfen, weil sonst das ganze Spiel nicht funktioniert – was meist zu einem fragwürdigen Witz der angeklebten Bärte führt. Mozart hat diese Situation der Verwechslung geschaffen, weil er das Vexierspiel um Schein und Sein, um Wahrheit und Verstellung so liebt. Ist für Sie immer klar, welche Emotionen nun echt und welche gespielt sein sollen?
Auch hier gilt für mich, dass Eindeutigkeit Mozarts Kunst verkleinern würde. Ob eine Szene noch harmlos lustig oder schon schräg skurril oder gar sarkastisch böse zu deuten ist: Mozart ist zwar präzise darin, wann er erwartbare Wirkungen setzt und wann er aus dramatischen Gründen völlig Unerwartbares aufbietet. Aber als Dirigent bin ich zurückhaltend mit jeder verbalen Festlegung bei der Interpretation auf ein: «Nur so kann es gemeint sein!». Wer aber mir mit offenen Ohren zuhört, wird musiktheatralische Antworten erhalten.

Wenn Ferrando und Guglielmo in ihrer Verkleidung jeweils Liebesarien an die falschen Frauen richten, sind diese szenisch als ein «Als ob» angelegt. Aber musikalisch erklingen sie tief empfunden.
Es gab innerhalb der Aufführungsgeschichte unterschiedlichste Meinungen darüber, ob und wie sehr die beiden Männer, Guglielmo und Ferrando, in ihren Arien ehrliche Zuneigung zum Ausdruck bringen. Aber gibt es zwischen Wahrhaftigkeit und Verstellung, zwischen «Ich liebe dich» und «Ich tue nur so, als ob ich dich liebe» nicht unendlich viele Zwischenstufen? Denken wir an das Gefühl: Ich spüre eine Zuneigung, lasse sie für einen Augenblick zu und blende dabei aus, dass ich eigentlich einen anderen liebe. Es gibt auch das Verliebt sein in die verliebte Zuneigung, egal an wen sie sich richtet. Liessen sich in Così fan tutte nicht alle Beteiligten vom Spiel mit dem Feuer jucken, gäbe es die ganze Opern­Handlung nicht. Offenbar wollen alle Figuren Abenteuer erleben, in unterschiedlichster Weise, das gilt auch für Despina und Don Alfonso. Dieses fluktuierende Schwanken zwischen Unbekümmertheit und Befangenheit des Herzens, von dem die Oper handelt, lässt sich nur unzureichend mit den Kategorien von Wahrheit und Verstellung fassen. In diesem Zusammenhang kommt mir das markante Così fan tutte­ Motiv in den Sinn, das zum ersten Mal prominent am Ende des Andante­ Teils in der Ouvertüre erklingt. Dieses «So machen es alle» ist harmonisch mit einer einfachen Kadenz unterlegt und rhythmisch total simpel. Sechs Akkorde: Eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs. So ist es! Wäre die ganze Oper in ihrer Botschaft so klar wie die Präsentation dieses Mottos, wäre sie wohl nicht geschrieben worden, da uns das Drama weniger ansprechen würde. Dieses musikalische Motiv taucht dann aber noch einmal gegen Ende der Oper auf, in einer kurzen Nummer vor dem Finale des zweiten Aktes. An dieser Stelle werden viele Hörer zusammenzucken: Moment mal, das hatten wir doch schon! Zwischen der Ouvertüre und dem zweiten Finale liegen mehrere Stunden, in denen sich Bewegendes ereignet hat. Und doch ist das musikalische Motiv, zumindest äusserlich, gleich geblieben.

Wie fängt man dieses Schwanken der Herzen ein?
Für mich ist ein Opernabend dann erfüllend, wenn ich den Willen aller Beteiligten spüre, etwas Gemeinsames zu schaffen. Daher mag ich es auch gar nicht, wenn man mich als denjenigen versteht, der nur für die Musik zuständig wäre oder sogar ausschliesslich fürs Orchester. Bei jeder einzelnen Aufführung erneut lasse ich mich inspirieren von der Dramatik des Abends, vom Licht, von der Szene. Alles soll eins werden. Und da ich – anders als etwa der Regisseur oder der Bühnenbildner – an jeder Aufführung aktiv beteiligt bin, spüre ich eine besondere Verantwortung eben nicht nur für den musikalischen Teil der Vorstellung. Im Idealfall lieben Regisseur und Dirigent ein Werk auf die gleiche Weise und gestalten zwar mit unterschiedlichen Mitteln, aber doch im gleichen Geist den Abend.

Genau diese Zusammenarbeit zwischen Dirigent und Regisseur, die Sie sich wünschen, ist im Moment in Zürich aber sehr schwierig, weil Kirill Serebrennikov in Hausarrest sitzt und vor Ort von seinem Co­-Regisseur Evgeny Kulagin vertreten wird.
Das ist eine Situation, mit der ich in meinem Theaterleben noch nicht konfrontiert war. Allerdings ist mir die Abwesenheit von entscheidenden künstlerischen Arbeitspartnern durchaus geläufig: Wie oft möchte ich als Dirigent der Komponistin oder dem Komponisten tausend Fragen stellen und kann es nicht, weil er oder sie schon lange tot ist. Als Operndirigent bin ich es zu­dem gewohnt, dass bei Wiederaufnahmen hervorragende Spielleiter anstelle des Regisseurs die Proben leiten und sich dabei streng an das Ursprungskonzept halten, gleichzeitig aber frei sind, die Aufführenden in ihren Persönlichkeiten optimal über die Rampe zu bringen. Ähnlich ist es jetzt auch in der Zusammenarbeit mit Evgeny Kulagin, der höchst vertraut ist mit Kirill Serebrennikovs Theaterverständnis.

Hatten Sie die Möglichkeit, direkt mit Kirill Serebrennikov in Kontakt zu treten?
Ja, selbstverständlich. Heutzutage ist es dank des Internets ein Leichtes, gleichzeitig physisch abwesend, aber doch irgendwie da zu sein. Er und ich sind mit dem Umweg über seinen Rechtsbeistand in engem E­-Mail­-Austausch. Sicherlich wäre es für viele interessant, wenn wir unsere Korrespondenz einst der Öffentlichkeit zugänglich machen könnten. Über unser allgemeines Theaterverständnis tauschen wir uns aus, aber auch ganz konkret über einzelne Takte in der Così­-Partitur. Über allem aber schweben, manchmal ausgesprochen, manchmal unausgesprochen, die Gedanken an seinen Hausarrest. Die Zürcher Aufführungsfassung würde nicht auf die Bühne gelangen, hätten wir nicht die Möglichkeit gehabt, uns intensiv austauschen. Denn aus meinem tiefen Theaterverständnis interpretieren Regisseur und Dirigent im Idealfall gemeinsam ein Kunstwerk – in Verehrung vor dem ursprünglichen Schöpfer des Werks. Es ist stets mein Ziel, dass Mozart mit der Ernsthaftigkeit, mit der wir an sein Werk herangehen, glücklich wäre.

Wie sehr beschäftigt Sie persönlich der politische Fall Serebrennikov?
In diesem Herbst arbeite ich mit gleich zwei Regisseuren zusammen, die sich beide politisch stark engagieren und dafür massive persönliche Schwierigkeiten in Kauf nehmen. Im September habe ich als Eröffnungspremiere meiner gerade beginnenden Stuttgarter Zeit Wagners Lohengrin dirigiert. Der Regisseur war Árpád Schilling. Er gehört zu den stärksten Stimmen, die sich in Ungarn vehement für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit einsetzen. Vor kurzem sah er sich gezwungen, nach Frankreich zu emigrieren. Ich mag mir nicht ausmalen, was ihm passiert wäre, wenn er in Ungarn geblieben wäre. Kirill Serebrennikov und Árpád Schilling sind kämpferische Persönlichkeiten. Ich bin dankbar, dass ich mich mit bei­den nicht nur über Kunst, sondern auch über das, was unsere Welt beschäftigt, austauschen kann. Ich gehöre nicht zu denen, die sagen: Ich bin Musiker und habe keine Ahnung von Politik.

Haben Sie die Sorge, dass der politische Diskurs die eigentliche künstlerische Arbeit überlagert?
Solange ich mich mit Mozarts einzig­artigem Werk beschäftigen darf, plagen mich solche Sorgen nicht. Ich hoffe, dass der Abend als eine Produktion wahrgenommen wird, die hoffentlich viele Jahre im Repertoire bleiben wird, und dass wir Beteiligten nicht unangemessenerweise wichtiger werden als die Oper selbst. Das wäre sicherlich auch nicht in Kirill Serebrennikovs Interesse, denn seine Così-­Inszenierung thematisiert seine persönliche Situation in keiner Weise. Ich bin glücklich, mit welchem Feuereifer die SolistInnen, der Chor und die wunderbaren MusikerInnen der Philharmonia für die gemeinsame Sache brennen. Dass sie alle sich bestmöglich präsentieren: das liegt mir am Herzen.


Das Gespräch führte Claus Spahn.
Foto von Marco Borggreve.
Dieser Artikel ist erschienen in MAG 63, Oktober 2018.
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Fragebogen


Michael Nagy

Michael Nagy, Bariton mit ungarischen Wurzeln, singt wie bereits in der Premiere 2018 den Don Alfonso in «Così fan tutte».

Dieser Artiekl erschien im Oktober 2018.

Aus welcher Welt kommen Sie gerade?
So merkwürdig alltäglich es klingt: aus einer Welt voller Fragen. Wir proben Così fan tutte und versuchen musikalische und szenische Ansätze auf immanente Fragen zu finden. Auch nach einer Probe schicken mich die offenen Fragen oftmals auf Gedankenreisen. Vor der Probenzeit hier in Zürich sass ich erstmals in der Jury des ARD-Wettbewerbs, habe viele wunderbare junge Stimmen gehört und dabei festgestellt, wie ungebrochen meine Faszination für Musik und insbesondere die Gestaltung mit stimmlichen Mitteln ist. Daneben war ich glücklich, ein paar freie Tage selbst fliegend verbringen zu können. Das ist meine Art der Meditation – die absolute Konzentration auf die vielfältig geteilte Aufmerksamkeit.

Auf was freuen Sie sich in der Così-Produktion am meisten?
Es geht ja in diesem Stück nur vordergründig um eine geschmacklich grenzwertige Wette. Das leichtfertige Spiel um Treue gerät schmerzhaft ausser Kontrolle und sprengt den Erfahrungsschatz der beiden jungen Paare. Nur wenige Opern liefern die Offenheit, sich aus einem zutiefst persönlichen und momentanen Blickwinkel befragen zu lassen. Diese Zeitlosigkeit empfinde ich als eine wunderbare Einladung. Nachdem ich in vielen Così-Produktionen Guglielmo, einen unmittelbar «Betroffenen» in dieser kruden Geschichte, gesungen habe, geniesse ich es jetzt, in die Rolle des Don Alfonso zu schlüpfen. Er kommt daher wie einer, der über einen grossen, möglicherweise leidvollen Erfahrungsvorsprung verfügt und sich mit voyeuristischem Interesse als Drahtzieher der Geschichte geriert. Dabei wird er selbst, entgegen all seiner Erfahrung, von existenziellen Fragen erschüttert.

Welches Bildungserlebnis hat Sie besonders geprägt?
Bildungserlebnisse würden ja eine herausragende Bildung nach sich gezogen haben. Was ich erlebe, sind aber die immer grösser erscheinenden Lücken in besagter Bildung. Vielleicht ist das also mein prägendstes Bildungserlebnis – diese drängende Neugierde zu spüren, immer wieder hinzuzulernen.

Welche CD hören Sie immer wieder?
Ich suche im Häuslichen meist die Ruhe, es ergeben sich viel zu selten Gelegenheiten, ungeteilt aufmerksam eine Platte zu hören. Aber eine Aufnahme begleitet mich seit einiger Zeit: Nina Simone’s Silk and Soul und insbesondere I wish I knew how it would feel to be free. Was für eine Künstlerin!

Welchen überflüssigen Gegenstand in Ihrer Wohnung lieben Sie am meisten?
Ein Gegenstand, der geliebt wird, ist schon nicht mehr überflüssig, oder? Wenn ich auf Reisen bin, vermisse ich zwei Dinge, die naturgemäss nicht mitkommen können – meinen Flügel und meine Kaffeemaschine. Das zehnjährige Dasein meiner Kaffeemaschine habe ich unlängst durch eigenhändige Reparatur nachhaltig verlängert – hoffentlich. Das schweisst zusammen.

Nennen Sie drei Gründe, warum das Leben schön ist!
1. Musik. Der musikalische Kosmos scheint unendlich und unendlich reich. Er umfasst Ordnung, Schönheit, Zweifel, Fragen, Überwältigung, Entgrenzung – einfach alles für das Leben. 2. Wie hat es die NZZ unlängst werbend formuliert? «Die wunderbare Zumutung, selbst denken dürfen zu müssen.» 3. Herbst: Pflaumen.


Foto von David Maurer.
Dieser Artikel ist erschienen in MAG 63, Oktober 2018.
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Kirill Serebrennikov nicht in Zürich


Inszenierung trotz Hausarrest

Der russische Regisseur Kirill Serebrennikov wird aufgrund der Verlängerung seines Hausarrests die Proben zu «Così fan tutte» nicht persönlich leiten können. Sein Konzept wird jedoch in enger Absprache mit ihm durch seine Mitarbeiter umgesetzt.

Für die Premiere von Mozarts «Così fan tutte» am 4. November hat das Opernhaus Zürich den russischen Regisseur Kirill Serebrennikov engagiert. Seit August 2017 steht Serebrennikov in Moskau unter Hausarrest. Grund dafür ist laut russischer Justiz eine Untersuchung wegen Veruntreuung öffentlicher Gelder. Der Hausarrest wurde durch ein russisches Gericht abermals verlängert und bis 19. Oktober 2018 ausgedehnt.

Das vermutlich politisch motivierte Verfahren wird trotzdem nicht verhindern, dass die künstlerische Vision des Film-, Theater- und Opernregisseurs auf die Zürcher Bühne gebracht wird. Zwar muss das Opernhaus Zürich mit Bedauern bekannt geben, dass Kirill Serebennikov aufgrund dieser erneuten Verlängerung des Hausarrests, die am 20. September beginnenden Proben nicht persönlich leiten wird, seine Konzeption wird jedoch in enger Absprache mit ihm durch seine Mitarbeiter umgesetzt.

Serebrennikov hat einen detaillierten Ablauf der Inszenierung erarbeitet. Sein Mitarbeiter Evgeny Kulagin wird diese Anweisungen vor Ort in Zürich selbstständig umsetzen. Die Kommunikation mit Kirill Serebrennikov wird eingeschränkt über seinen Anwalt möglich sein.  Dem Regisseur werden Aufzeichnungen von Proben übermittelt. Nach der Sichtung wird das Feedback des Regisseurs an das Ensemble zurückgespielt. Auch die Kostüme und das Bühnenbild wurden bereits nach den Ideen und Anweisungen Serebrennikovs in den Werkstätten des Opernhauses hergestellt. Das Opernhaus Zürich und das gesamte Ensemble der Produktion sind fest entschlossen, am 4. November die Premiere einer Kirill Serebrennikov-Inszenierung zu feiern.  


Audio-Einführung zu «Così fan tutte»

Programmbuch

Così fan tutte

Così fan tutte

Synopsis

Così fan tutte

Synopsis

Così fan tutte

Biografien


Cornelius Meister, Musikalische Leitung

Cornelius Meister

Cornelius Meister, geboren in Hannover, war ab 2010 Chefdirigent und Künstlerischer Leiter des ORF Radio-Symphonieorchesters Wien, mit dem er zahlreiche Rundfunk-, Fernseh- und CD-Aufnahmen realisierte und regelmässig im Wiener Musikverein und Konzerthaus gastierte. 2018 wechselte er als Generalmusikdirektor an die Staatsoper Stuttgart. In Konzerten dirigiert er u.a. das Concertgebouworchestra Amsterdam, City of Birmingham Symphony Orchestra, Orchestre de Paris, Orchestre de l’Opéra National de Paris, Danish National Symphony Orchestra, Tonhalle-Orchester Zürich und Orchestre de la Suisse Romande, das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks und viele weitere. 2001 debütierte er an der Hamburgischen Staatsoper, seither dirigiert er an der Wiener und der Bayerischen Staatsoper, dem Theater an der Wien, der Semperoper Dresden, der Deutschen Oper Berlin, am Covent Garden London, der Mailänder Scala und in Tokio, San Francisco, Kopenhagen und Riga (Wagners Ring). Cornelius Meister studierte Klavier bei seinem Vater Konrad Meister und Dirigieren in Hannover sowie am Mozarteum Salzburg. Von 2005 bis 2012 war er Heidelberger Generalmusikdirektor. 2007 wurde er für das «Beste deutsche Konzertprogramm» ausgezeichnet. Auch als Pianist und Dirigent erhielt er zahlreiche Preise. Seit seinem Debüt mit Richard Strauss’ Salome am Opernhaus Zürich im Herbst 2012 leitete er neben der Zauberflöte, Carmen und Werther auch Mahlers Lied von der Erde mit der Philharmonia Zürich.



Kirill Serebrennikov, Inszenierung, Bühnenbild und Kostüme

Kirill Serebrennikov

Kirill Serebrennikov ist Theater-, Opern-, Film- und Fernsehregisseur. 2012-2020 leitete er das Gogol-Center in Moskau. Der studierte Physiker führt seit 1994 Regie; Salome an der Oper Stuttgart im Herbst 2015 sowie Il barbiere di Siviglia an der Komischen Oper Berlin 2016 waren erste Arbeiten ausserhalb Russlands. Zu seinen Auszeichnungen zählen der East of West Award beim Karlovy Vary Filmfestival (2005) sowie der russische Theaterpreis Goldene Maske (2012). Sein Film Ismena (Untreue) wurde 2012 mit dem Grand Prix des Filmfestivals in Rom ausgezeichnet und für den Goldenen Löwen beim Filmfestival in Venedig nominiert. Seine Theaterinszenierungen wurden zu den Wiener Festwochen, an die Schaubühne Berlin, ans Deutsche Theater Berlin und zum Theaterfestival in Avignon eingeladen. Sere­bren­nikov wurde im August 2017 während der Dreharbeiten zu seinem Film Leto festgenommen und stand bis April 2019 in Moskau unter Hausarrest. Die in dieser Zeit entstandenen Inszenierungen von Così fan tutte in Zürich und Nabucco in Hamburg hat er durch Videobotschaften geleitet. 2021 inszenierte er so auch Parsifal an der Wiener Staatsoper und Die Nase an der Staatsoper München; sein Spielfilm Petrov’s Flu wurde zum Filmfestival in Cannes eingeladen. Im Januar 2022 durfte er aus Russland ausreisen und konnte Tschechows Der schwarze Mönch am Thalia Theater Hamburg selbst zur Premiere bringen. Er lebt nun in Berlin und ist «Artist in Residence» am Hamburger Thalia Theater. Im Juni 2022 wurde das Gogol-Center von der russischen Regierung geschlossen. In der Oper inszenierte er zuletzt u.a. den Freischütz in Amsterdam, Lohengrin in Paris und Don Carlo in Wien.

Leben mit einem Idioten03, 08, 10, 14, 16, 22, 29 Nov; 01 Dez 2024


Evgeny Kulagin, Umsetzung Inszenierung, Choreographie

Evgeny Kulagin

Evgeny Kulagin, geboren 1981, schloss die Akademie für Kunst und Kultur in seiner Heimatstadt Tscheljabinsk ab. 2002 gründete er gemeinsam mit Ivan Estegneyev in Kostrom die zeitgenössische Tanzkompanie «Dialogue Dance», die sich bald nach ihrer Gründung zu einem wichtigen Zentrum für zeitgenössischen russischen Tanz entwickelte. Die Aufführungen der Kompanie wurden dreimal mit der renommierten «Goldenen Maske» ausgezeichnet. Kulagin und seine Kompanie arbeiteten mit den wichtigsten Kompanien und Choreograf:innen Russlands, der Niederlande, Belgiens, Frankreichs und Österreichs zusammen. Evgeny Kulagin ist auch im Sprechtheater und für den Film als Choreograf und Regisseur tätig. Ab 2014 war er als Regisseur und Choreograf im Moskauer Gogol Center unter der Leitung von Kirill Serebrennikov engagiert. Dort inszenierte und choreografierte er Shakespeare (2017) und Zwei Zimmer (2018). Mit Kirill Serebrennikov erarbeitete er bereits zahlreiche Inszenierungen sowohl im Sprechtheater als auch in der Oper. 2018 realisierten sie gemeinsam den Film Leto (Sommer), der im selben Jahr bei den Filmfestspielen in Cannes und auch am Zurich Film Festival zu sehen war. Kulagin brachte die Inszenierungen von Kirill Serebrennikov in Zürich (Così fan tutte), an der Bayerischen Staatsoper (Die Nase) und an der Wiener Staatsoper (Parsifal) auf die Bühne, während Serebrennikov in Moskau unter Hausarrest stand. Zuletzt erarbeitete er mit Serebrennikov u.a. Der Freischütz (Amsterdam), Le nozze di Figaro (Komische Oper Berlin) und Don Carlo (Wien). Am Hamburger Thalia Theater inszenierte Kulagin den Abend Apocalypse Tomorrow.

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Nikolay Simonov, Mitarbeit Bühne

Nikolay Simonov

Nikolay Simonov wurde in Rostow am Don (Russland) geboren und studierte an der dortigen Kunsthochschule. Nach seinem Abschluss schuf er die Bühnenbilder für über hundert Opern- und Schauspielproduktionen. Dabei arbeitete er u.a. mit Regisseuren wie Kirill Serebrennikov, Yuri Butusov, Michail Bychkov, Sergei Golomazov, Marina Brus­ni­kina und Igor Golyak. Seine Arbeit führte ihn in verschiedene Städte in Russland, Estland, Lettland und den USA. Er ist Preisträger des Jugendpreises «Triumph», der «Möwe», des «Crystal Turandot», des Oleg Tabakov Charitable Fund, der Boston Theatre Critics Association «Elliott Norton» für herausragende Bühnenbilder im Theater. Er ist zudem im Ausstellungsdesign tätig und konzipierte die Räume für Ausstellungen am Kunstmuseum Woronesch und erarbeitete das Konzept für die Rekonstruktion des Venivitinov-Museums in Woronesch. Zuletzt war er Ausstattungsleiter im Moskauer Tschechow-Theater.



Tatiana Dolmatovskaya, Mitarbeit Kostüm

Tatiana Dolmatovskaya

Tatyana Dolmatovskaya studierte Literatur in Moskau und Kostümdesign am Wimbledon College of Art. Sie war zunächst Chefredakteurin der russischen Vogue. Seit 2007 entwirft sie Kostüme für Film und Theater. Als Kostümassistentin arbeitete sie mit den Filmregisseuren Kenneth Branagh (Jack Ryan, Shadow Recruit) und Joe Wright (Anna Karenina) zusammen und war zudem als Assistentin bei der Serie The Americans engagiert. Für zahlreiche russische Filmproduktionen entwarf sie die Kostüme. Für das Theater entwarf sie u.a. Kostüme am Moscow Art Theater und am Stanislawski-und-Nemirowitsch-Dantschenko-Musiktheater. Mit Kirill Serebrennikov arbeitete sie bereits bei dessen Filmen Leto und The Student zusammen und übernahm u.a. die Kostümmitarbeit für seine Inszenierungen von Così fan tutte am Opernhaus Zürich, Nabucco an der Staatsoper Hamburg, Die Nase an der Bayerischen Staatsoper, Parsifal an der Wiener Staatsoper, Lohengrin an der Pariser Opéra und Le nozze di Figaro an der Komischen Oper Berlin.

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Franck Evin, Lichtgestaltung

Franck Evin

Franck Evin, geboren in Nantes, ging mit 19 Jahren nach Paris, um Klavier zu studieren. Nachts begleitete er Sänger im Café Théâtre Le Connetable und begann sich auch für Beleuchtung zu interessieren. Schliesslich entschied er sich für die Kombination aus Musik und Technik. Dank eines Stipendiums des französischen Kulturministeriums wurde er 1983 Assistent des Beleuchtungschefs an der Opéra de Lyon. Hier arbeitete er u. a. mit Ken Russel und Robert Wilson zusammen. Am Düsseldorfer Schauspielhaus begann er 1986 als selbstständiger Lichtdesigner zu arbeiten und legte 1993 die Beleuchtungsmeisterprüfung ab. Besonders eng war in dieser Zeit die Zusammenarbeit mit Werner Schröter und mit dem Dirigenten Eberhard Kloke. Es folgten Produktionen u. a. in Nantes, Strassburg, Paris, Lyon, Wien, Bonn, Brüssel und Los Angeles. Von 1995 bis 2012 war er Künstlerischer Leiter der Beleuchtungsabteilung der Komischen Oper Berlin und dort verantwortlich für alle Neuproduktionen. Hier wurden besonders Andreas Homoki, Barrie Kosky, Calixto Bieito und Hans Neuenfels wichtige Partner für ihn. Im März 2006 wurde Franck Evin mit dem «OPUS» in der Kategorie Lichtdesign ausgezeichnet. Seit Sommer 2012 arbeitet er als künstlerischer Leiter der Beleuchtungsabteilung an der Oper Zürich. Franck Evin wirkt neben seiner Tätigkeit in Zürich weiterhin als Gast in internationalen Produktionen mit, etwa an den Opernhäusern von Oslo, Stockholm, Tokio, Amsterdam, München, Graz sowie der Opéra Bastille, der Mailänder Scala, dem Teatro La Fenice, der Vlaamse Opera und bei den Bayreuther Festspielen.

Don Pasquale18, 22, 24, 31 Mai; 03 Jun 2025 Ariadne auf Naxos22, 25, 28 Sep; 03, 06, 10, 13, 18, 22 Okt 2024 Simon Boccanegra27 Sep; 04, 13, 19, 25 Okt 2024 Leben mit einem Idioten03, 08, 10, 14, 16, 22, 29 Nov; 01 Dez 2024 In 80 Tagen um die Welt17, 22, 24 Nov; 01, 07, 13, 14, 21, 26, 29 Dez 2024; 02, 05, 12, 14 Jan 2025 Der fliegende Holländer21, 24, 30 Nov; 06, 10 Dez 2024 Un ballo in maschera08, 11, 14, 17, 21, 28 Dez 2024; 05, 10, 15, 19 Jan 2025 Madama Butterfly22, 26, 29 Dez 2024; 01, 04 Jan 2025 Roméo et Juliette31 Dez 2024; 03, 08, 11, 17, 26 Jan 2025 Fidelio21, 25 Jan; 02, 08, 15 Feb 2025 Manon Lescaut09, 13, 16, 19, 23 Feb; 01, 06, 13, 16, 22 Mär 2025 Lohengrin13, 16, 24, 27 Apr; 04 Mai 2025 Salome29 Mai; 01, 07, 12, 15 Jun 2025 Elias09, 13, 17, 19, 21, 24, 26, 29 Jun; 02, 06 Jul 2025 Les Contes d’Hoffmann28 Jun; 01, 04, 09, 12 Jul 2025


Ilya Shagalov, Video-Design

Ilya Shagalov

Ilya Shagalov wurde in Krasnodar, Russland, geboren und studierte zunächst Schauspiel an der Staatlichen Hochschule für Kunst und Kultur seiner Heimatstadt. Anschliessend studierte er Theaterregie bei Kirill Serebrennikov an der Theaterschule des Moskauer Tschechow-Künstlertheaters. Neben seiner Tätigkeit als Regisseur arbeitet er als Videokünstler, Bühnenbildner und Komponist. Er führte Regie bei verschiedenen Theaterprojekten in Russland und im Ausland, u.a. inszenierte er Träume vom Minotaurus am Theater der Nationen Moskau, Nahe Null von Natan Dubowizki an der Schaubühne Berlin, Mein Moskau am Moskauer Gogol Zentrum, Evgeny Zamyatins We am Theater in Rouen, Frankreich, sowie Venus im Pelz von Sacher-Masoch am Russischen Theater in Tallin. Ab 2013 war Ilya Shagalov am Gogol Zentrum fest engagiert. Mit Kirill Serebrennikov verbindet ihn seit seinem Studium eine enge Zusammenarbeit und er produzierte die Videos für eine Vielzahl seiner Produktionen, u.a. für Woyzeck am Nationaltheater Lettland, Salome und Hänsel und Gretel an der Oper Stuttgart, Il barbiere di Siviglia an der Komischen Oper Berlin, Nabucco an der Staatsoper Hamburg sowie Parsifal und Don Carlo an der Wiener Staatsoper.

Leben mit einem Idioten03, 08, 10, 14, 16, 22, 29 Nov; 01 Dez 2024


Beate Breidenbach, Dramaturgie

Beate Breidenbach

Beate Breidenbach studierte zuerst Violine, dann Musikwissenschaft und Slawistik in Nowosibirsk, Berlin und St. Petersburg. Nach Assistenzen an der Staatsoper Stuttgart und der Staatsoper Unter den Linden Berlin wurde sie als Musikdramaturgin ans Theater St. Gallen engagiert, drei Jahre später wechselte sie als Dramaturgin für Oper und Tanz ans Theater Basel. Anschliessend ging sie als Operndramaturgin ans Opernhaus Zürich, wo sie bisher mit Regisseurinnen und Regisseuren wie Calixto Bieito, Dmitri Tcherniakov, Andreas Homoki, Herbert Fritsch, Nadja Loschky, Kirill Serebrennikov und anderen arbeitete und die Entstehung neuer Opern von Pierangelo Valtinoni, Michael Pelzel, Samuel Penderbayne und Jonathan Dove betreute. Gastdramaturgien führten sie u.a. an die Potsdamer Winteroper (Le nozze di Figaro, Regie: Andreas Dresen), zum Schweizer Fernsehen (La bohème im Hochhaus) und 2021 an die Opéra de Génève (Krieg und Frieden, Regie: Calixto Bieito). Mit Beginn der Spielzeit 2026/27 wird sie als Chefdramaturgin an die Deutsche Oper Berlin wechseln.

Lucia di Lammermoor20, 24, 29 Sep; 06, 16, 26 Okt 2024 Die tote Stadt21, 25 Apr; 02, 06, 09, 17, 21, 29 Mai; 01 Jun 2025 Wir pfeifen auf den Gurkenkönig15, 21, 22, 25, 28, 29 Sep; 02 Okt 2024; 18, 19, 22, 23, 25, 28, 29, 31 Jan; 02, 05 Feb 2025 Leben mit einem Idioten03, 08, 10, 14, 16, 22, 29 Nov; 01 Dez 2024 Les Contes d’Hoffmann28 Jun; 01, 04, 09, 12 Jul 2025


Ruzan Mantashyan, Fiordiligi

Ruzan Mantashyan

Ruzan Mantashyan stammt aus Armenien und wurde am Staatlichen Konservatorium Jerewan, an der Accademia di Belcanto von Mirella Freni in Modena sowie in der Klasse von Hedwig Fassbender in Frankfurt ausgebildet. 2013 gewann sie den Concorso Toti Dal Monte in Treviso als Musetta (La bohème). Diese Partie sang sie anschliessend in Treviso, Bolzano, Fermo und Ferrara. Von 2014 bis 2016 war sie Mitglied des Atelier Lyrique an der Pariser Oper. Sie sang u.a. Susanna (Le nozze di Figaro) in Modena, Servilia (La clemenza di Tito) in Reggio Emilia, Echo (Ariadne auf Naxos) an der Opéra de Paris und beim Glyndebourne Festival, Fiordiligi (Così fan tutte) in Paris-Créteil, Lille, an der Bayerischen Staatsoper München, in Seoul, Zürich und Hamburg, Micaëla (Carmen) in Montpellier und Hamburg, Xenia (Boris Godunow) an der Opéra de Paris, Mimì (La bohème) am Grand Théâtre de Genève sowie an der Komischen Oper Berlin, in München und Zürich, Cleofide (Händels Poro) an der Komischen Oper Berlin, die Gräfin (Le nozze di Figaro) in Amsterdam, Marguerite (Faust) und Natascha Rostowa (Krieg und Frieden) in Genf sowie Tatjana (Eugen Onegin) in Hamburg und Lausanne. Zuletzt sang sie u.a. Rachel (La juive) in Genf, Alice Ford (Falstaff) an der Komischen Oper Berlin und Donna Elvira beim Glyndebourne Festival. In der Spielzeit 2023/24 umfassen ihre Engagements Tatjana an der Komischen Oper Berlin und an der Wiener Staatsoper, Mimì am Royal Opera House London, Massenets Cendrillon in Lausanne und die Gräfin an der Hamburgischen Staatsoper.



Anna Goryachova, Dorabella

Anna Goryachova

Anna Goryachova stammt aus St. Petersburg und studierte am Konservatorium in St. Petersburg sowie an der der Accademia di Santa Cecilia in Rom. Ihre Karriere begann sie als Solistin der St. Petersburger Kammeroper, worauf bald schon Gastauftritte folgten, u.a. als Melibea in Il viaggio a Reims unter Alberto Zedda in Antwerpen und Gent. Von 2012-2017 gehörte Anna Goryachova zum Ensemble des Opernhauses Zürich, wo sie u.a. in Rinaldo (Eustazio), Drei Schwestern (Mascha), Don Giovanni (Zerlina), Pique Dame (Polina), Il barbiere di Siviglia (Rosina), Die Meistersinger von Nürnberg (Magdalena), Rote Laterne (Yen-Er), Il viaggio a Reims (Melibea), Orlando Paladino (Alcina), La verità in cimento (Zelim) und Norma (Adalgisa) zu hören war. Wichtige Stationen der jüngeren Vergangenheit waren Sesto in La Clemenza di Tito und Angelina in La Cenerentola in Genf, Olga in Jewgeni Onegin in Wien, Dulcinée in Don Quichote bei den Bregenzer Festspielen, Rosina am Bolschoi-Theater in Moskau und beim Festival d’Opéra Baroque in Beaune, Dido in Moskau, Adalgisa in Triest und in Neapel, ihre Debüts in der Arena di Verona, am ROH London und am Teatro Real in Madrid in der Titelpartie von Carmen, Melibea in Rom, Kopenhagen, Amsterdam und Antwerpen, Polina in Amsterdam und London, Ruggero (Alcina) im Pariser Palais Garnier, Isabella (L’italiana in Algeri) in Pesaro und Alcina (Orlando Paladino) am Théâtre du Châtelet in Paris. Ausserdem debütierte sie 2022 als Angelina am Mariinsky Theater in St. Petersburg. Die Spielzeit 2022/23 führte sie bisher als Carmen an die Deutsche Oper Berlin und als Solistin in Strawinskys Les Noces an die Accademia di Santa Cecilia in Rom.



Frédéric Antoun, Ferrando

Frédéric Antoun

Frédéric Antoun stammt aus Québec und studierte Gesang am Curtis Institute of Music in Philadelphia. 2008 erregte er Aufsehen als Belmonte (Die Entführung aus dem Serail) in einer Produktion des Opera Atelier Toronto; seither ist er regelmässig Gast auf den grossen Opernbühnen in Amerika und Europa. So sang er an der Bayerischen Staatsoper München, an der Opéra National de Paris, am Théâtre de la Monnaie in Brüssel und am Théâtre du Capitole in Toulouse. Er gastiert regelmässig am Royal Opera House in London, wo er bisher als Cassio (Otello), Tonio (La Fille du régiment), Fenton (Falstaff) und Alfredo Germont (La traviata) zu erleben war. 2016 sang er in der Uraufführung von Adès’ The Exterminating Angel (Raúl) bei den Salzburger Festspielen, eine Rolle, welche er später in London sowie an der Met in New York verkörperte. Sein Konzertrepertoire umfasst Werke wie Mozarts Requiem, Händels Messiah, Schumanns Das Paradies und die Peri, Berlioz’ L’Enfance du Christ, Beethovens Neunte Sinfonie, Orffs Carmina burana sowie Bachs Magnificat, die Johannes- und die Matthäuspassion. Zu den Dirigent:innen, mit denen er zusammengearbeitet hat, zählen u.a. Marc Minkowski, Emmanuelle Haïm, Michel Plasson, Alain Altinoglu und Ivor Bolton. 2021/22 sang er u.a. Fenton an der Wiener Staatsoper, Alfredo Germont am ROH London und in Wien, Nadir (Les Pêcheurs de perles) in Graz und am Grand-Théâtre de Genève, François (A Quiet Place) an der Opéra National de Paris sowie Gérald (Lakmé) in Washington und an der Opéra-Comique Paris. In Zürich war er bisher als Nadir, Gonzalve (L’Heure espagnole), Ferrando (Così fan tutte) und Jupiter / Apollo (Semele) zu erleben.



Rebeca Olvera, Despina

Rebeca Olvera

Rebeca Olvera stammt aus Mexiko. Sie studierte am Conservatorio Nacional de Musica in Mexiko City und war von 2005 bis 2007 Mitglied des IOS am Opernhaus Zürich. Anschliessend wurde sie hier festes Ensemblemitglied und sang u.a. Adina (L’elisir d’amore), Norina (Don Pasquale), Berenice (L’occasione fa il ladro), Giulia (La scala di seta), Rosina (Paisiellos Il barbiere di Siviglia), Blonde (Die Entführung aus dem Serail), Madame Herz (Der Schauspieldirektor), Dorinda (Orlando), Isolier (Le comte Ory), Adalgisa (Norma) und Zaida (Il turco in Italia). Dabei arbeitete sie mit Dirigent:innen wie Ralf Weikert, Vladimir Fedoseyev, William Christie, Marc Minkowski, Nello Santi, Adam Fischer, Fabio Luisi, Diego Fasolis, Franz Welser-Möst, Emmanuelle Haïm und Alessandro De Marchi. Mit José Carreras gab sie Konzerte in Südamerika und Europa (Carreras-Gala 2007 in der ARD) und mit Plácido Domingo in Mexiko. 2016 sang sie Adalgisa in Norma neben Cecilia Bartoli im Théâtre des Champs-Élysées, beim Edinburgh Festival und im Festspielhaus Baden-Baden. In Zürich war sie als Despina, Musetta, Frasquita in Carmen, Mi in Das Land des Lächelns, Zaida in Il turco in Italia, Komtesse Stasi in Die Csárdásfürstin, Waldvöglein in Siegfried und Contessa di Folleville in Il viaggio a Reims zu hören – letztere Rolle sang sie auch an der Royal Danish Opera. Sie sang Isolier an der Opéra de Monte-Carlo und Clorinda (La Cenerentola) an der Wiener Staatsoper. Ausserdem trat sie als Berta (Il barbiere di Siviglia) und im Galakonzert Carmencita & Friends bei den Salzburger Festspielen auf.

Die tote Stadt21, 25 Apr; 02, 06, 09, 17, 21, 29 Mai; 01 Jun 2025 Ariadne auf Naxos22, 25, 28 Sep; 13, 18, 22 Okt 2024 In 80 Tagen um die Welt17, 24 Nov; 07, 13, 21, 26, 29 Dez 2024; 05 Jan 2025 Wir pfeifen auf den Gurkenkönig18, 19, 22, 23, 25, 28, 29, 31 Jan; 02, 05 Feb 2025


Michael Nagy, Don Alfonso

Michael Nagy

Michael Nagy, Bariton mit ungarischen Wurzeln, war zunächst Ensemblemitglied der Ko­mi­schen Oper Berlin, wechselte dann an die Oper Frankfurt, wo er sich mit Papageno, Guglielmo (Così fan tutte), Graf Almaviva (Le nozze di Figaro), Hans Scholl (Die weisse Ro­se), Wolfram (Tannhäuser), Valentin (Faust), Jeletzki (Pique Dame), Marcello (La bohème), Albert (Werther), Frank/Fritz (Die tote Stadt), Owen Wingrave, Jason (Medea) und Dr. Falke (Die Fledermaus) wichtige Partien seines Repertoires erarbeiten konnte. Gast­engagements führten ihn u.a. als Wolfram (Tannhäuser) an das Opernhaus Oslo, als Ford (Falstaff) an die Deutsche Oper Berlin, als Graf Luna (Palestrina) an die Bayerische Staatsoper München und als Nardo (La finta giardiniera) ans Theater an der Wien. Unter Simon Rattle sang er bei den Pfingstfestspielen Baden-Baden Papageno mit den Berliner Philharmonikern. Konzert-Engagements führten ihn zum Kon­zert­hausorchester Berlin, Museumsorchester Frankfurt, Gewandhausorchester Leipzig sowie dem Schleswig-Holstein Musik Festival. Philippe Herreweghe, Helmuth Rilling, Adam Fischer, Paavo Järvi, Christoph Eschenbach und Riccardo Chailly zählen zu den prominenten musikalischen Partnern für sein breit gefächertes Konzertrepertoire. In jüngerer Zeit sang er u.a. Eugen Onegin, Stolzius (Die Soldaten), Papageno, Dr. Falke (Die Fledermaus), Guglielmo, Albert (Werther) und Le Grand-Prêtre d’Apollon / Hercule (Alceste) in München, Graf Almaviva (Le nozze di Figaro) in Zürich und Köln, Kurwenal (Tristan und Isolde) im Festspielhaus Baden-Baden sowie Don Alfonso und Wolfram von Eschenbach (Tannhäuser) in Zürich. Im Sommer 2019 war er beim Edinburgh International Festival in der Titelrolle von Eugen Onegin zu hören.



Francesco Guglielmino, Sempronio

Francesco Guglielmino

Francesco Guglielmino wurde in Solothurn geboren. Mit 21 Jahren zog er nach Zürich, wo er sich seiner Tanzausbildung widmete und in den Musicals Fame und Hair auftrat. Von Zürich ging er nach New York, vertiefte dort seine Schauspieltätigkeit und nahm an der Alvin Ailey American Theater School und am Broadway Dance Center Tanzunterricht. Er arbeitete zudem als Model für Modenschauen und für die Werbung. An der Acting Studio and Stella Adler Acting School besuchte er Schauspielklassen und war als Schauspieler in verschiedenen Produktionen der Metropolitan Opera zu sehen, wie etwa in Turandot, Madama Butterfly, La bohème und Aida. Nach seinem Umzug nach Los Angeles war er in zahlreichen Fernsehproduktionen und TV-Shows zu erleben, u.a. in CSI: Miami, CSI: New York, Law and Order, The View und The Ellen Show. Zudem spielte er diverse Rollen in Filmen und Serien wie The Pink Panter, Sex and the City, Edgar, Death in Love und Till Death. Seit 2018 lebt Francesco Guglielmino wieder in Solothurn. Am Opernhaus Zürich war er in Così fan tutte, Il trovatore, Dialogues des Carmélites und Roberto Devereux zu sehen.



David Schwindling, Sempronio / Tizio

David Schwindling

David Schwindling wurde 1983 in Merzig Saar (D) geboren und studierte klassischen und zeitgenössischen Tanz an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Frankfurt am Main. Darauf folgten dreizehn Jahre in festen Engagements in den Tanzkompanien der Theater Darmstadt, Würzburg, Hildesheim, Osnabrück und zuletzt St. Gallen. David Schwindling ist Mitbegründer der Tanzkompanie “House of Pain” und des Kollektivs für Kinderprojekte “Zimmerfrei Production“. 2017 war er schon einmal als Gast in der Oper Parsifal am Opernhaus Zürich zu sehen. Ebenfalls im November 2017 erhielt er bereits zum zweiten Mal den Kulturförderpreis der Stadt St. Gallen für seine Produktion Mother is the be(a)st. Seit Januar 2018 ist er regelmässig als Gastdozent für für Contemporary Dance bei der Tanzkompanie des Theaters St. Gallen tätig.



Mentor Bajrami, Tizio

Mentor Bajrami

Mentor Bajrami stammt aus der Schweiz und studierte bis 2018 an der Schauspielschule European Film Actor School EFAS in Zürich. Er war in verschiedenen Produktionen der EFAS zu erleben, etwa als Trigorin und Srebrejkow in Die Möwe von Anton Tschechow, als Boris in Bella Figura von Yasmina Reza und als Jean in Fräulein Julie von August Strindberg. Zudem war er am Opernhaus Zürich in Così fan tutte und 2017 im Bernhard-Theater in der Stand Up! Comedy Show zu sehen. Seit 2018 arbeitet er freischaffend als Schauspieler in der Schweiz.



Christine Theus, Continuo Solo-Cello

Christine Theus

Christine Theus studierte in Basel, Freiburg i.Br. und Berlin. Sie entfaltet eine intensive kammermusikalische Tätigkeit, insbesondere im Bereich zeitgenössischer Musik. An zahlreichen Ur- und Erstaufführungen wirkte sie mit. Auftritte als Solistin hatte sie u.a an der Biennale Venedig, am Festival d’Automne de Paris und am Festival Wien Modern. 1994 gründete sie das Ensemble opera nova. Seit 1985 ist Christine Theus stellvertretende Solocellistin im Orchester der Oper Zürich.